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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.

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den Bitte zulief, "Ihro Gnaden sollten es nicht
ungnädig vermerken, daß er in der Angst sein
Korn für Ihro Gnaden Ihres ausgegeben hätte."
Nun war der Knoten auseinder: mein Prinzipal
hatte bisher bloß seine glücklich über die Gränze
spedirte Konterbande mit der ertappten fremden ver¬
mengt. Dem Pachter hielt er als gesunder Mora¬
list die Bosheit vor, auf einmal ihn, das Land
und den Fürsten zu betrügen "und er wünschte, er
bräche jetzt das Bestallungsschreiben auf, er wür¬
de ihn heute ausliefern." Zu meinem Gustav eilt'
er hinein und warf ihm mit der Hitze der verkannten
Unschuld so viel Grobheiten entgegen als man von ei¬
nem beleidigten Millionär erwarten kann, da Besi¬
tzer des Goldes, wie Saiten von Gold am aller¬
gröbsten
klingen. Mich dauerte mein lieber Gu¬
stav mit seiner Tugend-Plethora; ihn dauerte das
Unglück des armen Pachters; und Beaten dauerte
unsere allseitige Beschämung. Mit reissenden Gefüh¬
len floh Gustav aus einem stummen Zimmer, wo er
vom weichsten Herzen, das noch unter einem schö¬
nen Gesicht gezittert, von Beatens ihrem die Blu¬
men kindlicher Freude weggebrochen und herunter
geschlagen hatte.

den Bitte zulief, „Ihro Gnaden ſollten es nicht
ungnaͤdig vermerken, daß er in der Angſt ſein
Korn fuͤr Ihro Gnaden Ihres ausgegeben haͤtte.“
Nun war der Knoten auseinder: mein Prinzipal
hatte bisher bloß ſeine gluͤcklich uͤber die Graͤnze
ſpedirte Konterbande mit der ertappten fremden ver¬
mengt. Dem Pachter hielt er als geſunder Mora¬
liſt die Bosheit vor, auf einmal ihn, das Land
und den Fuͤrſten zu betruͤgen „und er wuͤnſchte, er
braͤche jetzt das Beſtallungsſchreiben auf, er wuͤr¬
de ihn heute ausliefern.“ Zu meinem Guſtav eilt'
er hinein und warf ihm mit der Hitze der verkannten
Unſchuld ſo viel Grobheiten entgegen als man von ei¬
nem beleidigten Millionaͤr erwarten kann, da Beſi¬
tzer des Goldes, wie Saiten von Gold am aller¬
groͤbſten
klingen. Mich dauerte mein lieber Gu¬
ſtav mit ſeiner Tugend-Plethora; ihn dauerte das
Ungluͤck des armen Pachters; und Beaten dauerte
unſere allſeitige Beſchaͤmung. Mit reiſſenden Gefuͤh¬
len floh Guſtav aus einem ſtummen Zimmer, wo er
vom weichſten Herzen, das noch unter einem ſchoͤ¬
nen Geſicht gezittert, von Beatens ihrem die Blu¬
men kindlicher Freude weggebrochen und herunter
geſchlagen hatte.

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[313/0349] den Bitte zulief, „Ihro Gnaden ſollten es nicht ungnaͤdig vermerken, daß er in der Angſt ſein Korn fuͤr Ihro Gnaden Ihres ausgegeben haͤtte.“ Nun war der Knoten auseinder: mein Prinzipal hatte bisher bloß ſeine gluͤcklich uͤber die Graͤnze ſpedirte Konterbande mit der ertappten fremden ver¬ mengt. Dem Pachter hielt er als geſunder Mora¬ liſt die Bosheit vor, auf einmal ihn, das Land und den Fuͤrſten zu betruͤgen „und er wuͤnſchte, er braͤche jetzt das Beſtallungsſchreiben auf, er wuͤr¬ de ihn heute ausliefern.“ Zu meinem Guſtav eilt' er hinein und warf ihm mit der Hitze der verkannten Unſchuld ſo viel Grobheiten entgegen als man von ei¬ nem beleidigten Millionaͤr erwarten kann, da Beſi¬ tzer des Goldes, wie Saiten von Gold am aller¬ groͤbſten klingen. Mich dauerte mein lieber Gu¬ ſtav mit ſeiner Tugend-Plethora; ihn dauerte das Ungluͤck des armen Pachters; und Beaten dauerte unſere allſeitige Beſchaͤmung. Mit reiſſenden Gefuͤh¬ len floh Guſtav aus einem ſtummen Zimmer, wo er vom weichſten Herzen, das noch unter einem ſchoͤ¬ nen Geſicht gezittert, von Beatens ihrem die Blu¬ men kindlicher Freude weggebrochen und herunter geſchlagen hatte.

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/349>, abgerufen am 22.11.2024.