Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.nachten mehr spielenden als ernsthaften Gebrauch An der großen Tafel gieng -- andere Tafeln B b 2
nachten mehr ſpielenden als ernſthaften Gebrauch An der großen Tafel gieng — andere Tafeln B b 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0423" n="387"/> nachten mehr ſpielenden als ernſthaften Gebrauch<lb/> gemacht hatten. Die Kleinen waren außer ſich, ihr<lb/> Fleiſch auf Oblaten von Tellern und mit Haarſaͤ¬<lb/> gen von Meſſern zu trenchieren — Spiel und Ernſt<lb/> floſſen hier wie bei eſſenden Akteurs in einander<lb/> und am Ende ſah' ich, daß es bei mir auch ſo<lb/> war und daß mein Vergnuͤgen von erkuͤnſtelter<lb/> Kleinheit und Armſeligkeit kaͤmen.</p><lb/> <p>An der großen Tafel gieng — andere Tafeln<lb/> kehren es um — das individuelle Geſpraͤch bald ins<lb/> allgemeine uͤber; ich und der Kantor ſagten jeden<lb/> Augenblick, der Preuße, der Ruſſe, der Tuͤrk<lb/> und verſtanden (gleich dem Premierminiſter) unter<lb/> der Nation den Regenten derſelben. — Ich hatte<lb/> heute eine ſolche beſondre Freude an erbaͤrmlichen<lb/> Sitten, daß ich mir jeden Biſſen hinein predigen<lb/> ließ und daß ich uͤber zwanzig Geſundheiten trank.<lb/> Frauenzimmer von Stande koͤnnen ſonſt nicht ſo<lb/> leicht wie Maͤnner, ſich zu unfriſierten Leuten her¬<lb/> unterbuͤcken, am wenigſten zu denen von weibli¬<lb/> chen Geſchlecht; aber meine Schweſter verdienet,<lb/> daß ihr Bruder ihr in ſeinem Buche das Lob der<lb/> ſchoͤnſten liebreichſten Herablaſſung ertheilt. Je<lb/> weiblicher eine Frau iſt, deſto uneigennuͤtziger und<lb/> <fw place="bottom" type="sig">B b 2<lb/></fw> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [387/0423]
nachten mehr ſpielenden als ernſthaften Gebrauch
gemacht hatten. Die Kleinen waren außer ſich, ihr
Fleiſch auf Oblaten von Tellern und mit Haarſaͤ¬
gen von Meſſern zu trenchieren — Spiel und Ernſt
floſſen hier wie bei eſſenden Akteurs in einander
und am Ende ſah' ich, daß es bei mir auch ſo
war und daß mein Vergnuͤgen von erkuͤnſtelter
Kleinheit und Armſeligkeit kaͤmen.
An der großen Tafel gieng — andere Tafeln
kehren es um — das individuelle Geſpraͤch bald ins
allgemeine uͤber; ich und der Kantor ſagten jeden
Augenblick, der Preuße, der Ruſſe, der Tuͤrk
und verſtanden (gleich dem Premierminiſter) unter
der Nation den Regenten derſelben. — Ich hatte
heute eine ſolche beſondre Freude an erbaͤrmlichen
Sitten, daß ich mir jeden Biſſen hinein predigen
ließ und daß ich uͤber zwanzig Geſundheiten trank.
Frauenzimmer von Stande koͤnnen ſonſt nicht ſo
leicht wie Maͤnner, ſich zu unfriſierten Leuten her¬
unterbuͤcken, am wenigſten zu denen von weibli¬
chen Geſchlecht; aber meine Schweſter verdienet,
daß ihr Bruder ihr in ſeinem Buche das Lob der
ſchoͤnſten liebreichſten Herablaſſung ertheilt. Je
weiblicher eine Frau iſt, deſto uneigennuͤtziger und
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