Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.menschenfreundlicher ist sie; und die Mädgen be¬ menſchenfreundlicher iſt ſie; und die Maͤdgen be¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0424" n="388"/> menſchenfreundlicher iſt ſie; und <hi rendition="#g">die</hi> Maͤdgen be¬<lb/> ſonders, die das <hi rendition="#g">halbe</hi> menſchliche Geſchlecht lie¬<lb/> ben, lieben das <hi rendition="#g">ganze</hi> von Herzen. Z. B. von<lb/> der Reſidentin von Bouſe weiß man nicht, ſchenkt<lb/> ſie Armen oder Maͤnnern mehr. Alte Jungfern<lb/> ſind geizig und hart. — Mein Doktor und eine<lb/> Bouteille Wein kamen als Deſert. Da er im ge¬<lb/> genwaͤrtigen Buche alle Wochen lieſet: ſo will ich<lb/> ihn darin lieber ſchelten als preiſen. Am beſten iſts,<lb/> ich webe hier ein Zwitterding, was ihn bei man¬<lb/> chen weder lobt noch tadelt, ein — ſeine herzliche<lb/> Zuneigung gegen das weibliche Geſchlecht, die zwi¬<lb/> ſchen gefuͤhlloſer Galanterie und Feuer-Liebe mit¬<lb/> ten innen ſteht. Dieſe naͤmliche Zuneigung ſtehet<lb/> unſerem Geſchlechte gut, aber dem weiblichen nicht<lb/> und meine Schweſter iſt doch von dieſem. Die Sa¬<lb/> che kam bloß von ihrem linken Ohre her. Das<lb/> Ohrgehenk hatte ſich durch das Ohrlaͤpgen durchge¬<lb/> riſſen; ſie haͤtte aber fuͤglich bis auf den Montag<lb/> warten koͤnnen, wo ihr Bruder es ihr wie einem<lb/> juͤdiſchen Knecht auf die geſchickteſte Weiſe wuͤrde<lb/> durchloͤchert haben. Allein heute muſt' es ſeyn und<lb/> ſein Doktorhut war der Betſchirm ihrer Abſicht.<lb/> Es haͤtte gemahlet werden ſollen, wie der arme<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [388/0424]
menſchenfreundlicher iſt ſie; und die Maͤdgen be¬
ſonders, die das halbe menſchliche Geſchlecht lie¬
ben, lieben das ganze von Herzen. Z. B. von
der Reſidentin von Bouſe weiß man nicht, ſchenkt
ſie Armen oder Maͤnnern mehr. Alte Jungfern
ſind geizig und hart. — Mein Doktor und eine
Bouteille Wein kamen als Deſert. Da er im ge¬
genwaͤrtigen Buche alle Wochen lieſet: ſo will ich
ihn darin lieber ſchelten als preiſen. Am beſten iſts,
ich webe hier ein Zwitterding, was ihn bei man¬
chen weder lobt noch tadelt, ein — ſeine herzliche
Zuneigung gegen das weibliche Geſchlecht, die zwi¬
ſchen gefuͤhlloſer Galanterie und Feuer-Liebe mit¬
ten innen ſteht. Dieſe naͤmliche Zuneigung ſtehet
unſerem Geſchlechte gut, aber dem weiblichen nicht
und meine Schweſter iſt doch von dieſem. Die Sa¬
che kam bloß von ihrem linken Ohre her. Das
Ohrgehenk hatte ſich durch das Ohrlaͤpgen durchge¬
riſſen; ſie haͤtte aber fuͤglich bis auf den Montag
warten koͤnnen, wo ihr Bruder es ihr wie einem
juͤdiſchen Knecht auf die geſchickteſte Weiſe wuͤrde
durchloͤchert haben. Allein heute muſt' es ſeyn und
ſein Doktorhut war der Betſchirm ihrer Abſicht.
Es haͤtte gemahlet werden ſollen, wie der arme
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |