Beata, Beata, an keiner Menschenbrust wirst du stärkere Liebe finden als meine war, wiewohl stärke¬ re Tugend leicht -- aber wenn du einmal diese Tu¬ gend gefunden hast, so erinnere dich meiner nicht, mei¬ nes Falles nicht, bereue unsre kurze Liebe nicht und thue dem, der einmal unter dem Sternnen-Himmel an deiner edlen Seele lag, nicht unrecht. . . . . O du meine, meine Beata! in der jezigen Minute gehörest du ja noch mir zu, weil du mich noch nicht kennest; in der jezigen Minute darf noch mein Geist, mit der Hand auf seinen Wunden und Flecken, vor deinen treten und um ihn fallen und mit erstickten Seufzern zu dir sagen: liebe mich! . . . Nach dieser Minute nicht mehr -- -- nach dieser Minute bin ich allein und ohne Liebe und ohne Trost -- das lange Leben liegt weit und leer vor mir hin und du bist nicht darin -- -- -- aber dieses Menschen-Leben und seine Fehltritte werden vorübergehen, der Tod wird mir seine Hand geben und mich wegführen -- die Tage jenseits der Erde werden mich heiligen für die Tugend und dich -- -- -- dann komm, Beata, dann wird dir, wenn dich ein Engel durch dein irdisches Abendroth in die zweite Welt getragen, dann wird
Beata, Beata, an keiner Menſchenbruſt wirſt du ſtaͤrkere Liebe finden als meine war, wiewohl ſtaͤrke¬ re Tugend leicht — aber wenn du einmal dieſe Tu¬ gend gefunden haſt, ſo erinnere dich meiner nicht, mei¬ nes Falles nicht, bereue unſre kurze Liebe nicht und thue dem, der einmal unter dem Sternnen-Himmel an deiner edlen Seele lag, nicht unrecht. . . . . O du meine, meine Beata! in der jezigen Minute gehoͤreſt du ja noch mir zu, weil du mich noch nicht kenneſt; in der jezigen Minute darf noch mein Geiſt, mit der Hand auf ſeinen Wunden und Flecken, vor deinen treten und um ihn fallen und mit erſtickten Seufzern zu dir ſagen: liebe mich! . . . Nach dieſer Minute nicht mehr — — nach dieſer Minute bin ich allein und ohne Liebe und ohne Troſt — das lange Leben liegt weit und leer vor mir hin und du biſt nicht darin — — — aber dieſes Menſchen-Leben und ſeine Fehltritte werden voruͤbergehen‚ der Tod wird mir ſeine Hand geben und mich wegfuͤhren — die Tage jenſeits der Erde werden mich heiligen fuͤr die Tugend und dich — — — dann komm‚ Beata‚ dann wird dir‚ wenn dich ein Engel durch dein irdiſches Abendroth in die zweite Welt getragen‚ dann wird
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0255"n="245"/>
Beata, Beata, an keiner Menſchenbruſt wirſt du<lb/>ſtaͤrkere Liebe finden als meine war, wiewohl ſtaͤrke¬<lb/>
re Tugend leicht — aber wenn du einmal dieſe Tu¬<lb/>
gend gefunden haſt, ſo erinnere dich meiner nicht, mei¬<lb/>
nes Falles nicht, bereue unſre kurze Liebe nicht und<lb/>
thue dem, der einmal unter dem Sternnen-Himmel<lb/>
an deiner edlen Seele lag, nicht unrecht. . . . . O<lb/>
du meine, meine Beata! in der <hirendition="#g">jezigen</hi> Minute<lb/>
gehoͤreſt du ja noch mir zu, weil du mich noch<lb/>
nicht kenneſt; in der jezigen Minute darf noch<lb/>
mein Geiſt, mit der Hand auf ſeinen Wunden<lb/>
und Flecken, vor deinen treten und um ihn fallen<lb/>
und mit erſtickten Seufzern zu dir ſagen: liebe<lb/>
mich! . . . Nach dieſer Minute nicht mehr ——<lb/>
nach dieſer Minute bin ich <hirendition="#g">allein</hi> und ohne Liebe<lb/>
und ohne Troſt — das lange Leben liegt weit und<lb/>
leer vor mir hin und du biſt nicht darin ———<lb/>
aber dieſes Menſchen-Leben und ſeine Fehltritte<lb/>
werden voruͤbergehen‚ der Tod wird mir ſeine Hand<lb/>
geben und mich wegfuͤhren — die Tage jenſeits der<lb/>
Erde werden mich heiligen fuͤr die Tugend und<lb/>
dich ——— dann komm‚ Beata‚ dann wird<lb/>
dir‚ wenn dich ein Engel durch dein irdiſches<lb/>
Abendroth in die zweite Welt getragen‚ dann wird<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[245/0255]
Beata, Beata, an keiner Menſchenbruſt wirſt du
ſtaͤrkere Liebe finden als meine war, wiewohl ſtaͤrke¬
re Tugend leicht — aber wenn du einmal dieſe Tu¬
gend gefunden haſt, ſo erinnere dich meiner nicht, mei¬
nes Falles nicht, bereue unſre kurze Liebe nicht und
thue dem, der einmal unter dem Sternnen-Himmel
an deiner edlen Seele lag, nicht unrecht. . . . . O
du meine, meine Beata! in der jezigen Minute
gehoͤreſt du ja noch mir zu, weil du mich noch
nicht kenneſt; in der jezigen Minute darf noch
mein Geiſt, mit der Hand auf ſeinen Wunden
und Flecken, vor deinen treten und um ihn fallen
und mit erſtickten Seufzern zu dir ſagen: liebe
mich! . . . Nach dieſer Minute nicht mehr — —
nach dieſer Minute bin ich allein und ohne Liebe
und ohne Troſt — das lange Leben liegt weit und
leer vor mir hin und du biſt nicht darin — — —
aber dieſes Menſchen-Leben und ſeine Fehltritte
werden voruͤbergehen‚ der Tod wird mir ſeine Hand
geben und mich wegfuͤhren — die Tage jenſeits der
Erde werden mich heiligen fuͤr die Tugend und
dich — — — dann komm‚ Beata‚ dann wird
dir‚ wenn dich ein Engel durch dein irdiſches
Abendroth in die zweite Welt getragen‚ dann wird
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/255>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.