find, hin und her. Das Vergnügen führte uns bald auseinander bald zu einander und jeder war gleich sehr fähig, ohne und durch Gesellschaft zu genießen. Beata und Gustav vergaßen aus Scho¬ nung über die fremde Liebe und Freude ihre beson¬ dere und waren unter lauter Freunden sich auch nur Freunde. O predigt doch bloß die Traurigkeit, die das Herz so dick wie das Blut macht, aber nicht die Freude aus der Welt, die in ihrem Tau¬ meltanz die Arme nicht bloß nach einem Moiti¬ sten sondern auch nach einem wankenden Elenden ausstreckt und aus dem Jammer-Auge, das ihr zusieht, vorüberfliehend die Thräne nimmt! -- Heu¬ te wollten wir einander alles verzeihen, ob wir gleich nichts zu verzeihen fanden. Es war nichts zu vergeben da, sag' ich: denn als ein Stern um den andern aus der schattirten Tiefe heraus¬ quoll und als ich und Ottomar vor einer schlagen¬ den Nachtigal umgekehret waren, um durch die Entfernung den gedämpften Lautenzug ihrer Kla¬ gen anzuhören und als wir einsam, von lauter Tönen und Gestalten der Liebe umgeben, nebenein¬ ander standen und als ich mich nicht mehr halten konnte, sondern unter dem großen jezigen und künf¬
find, hin und her. Das Vergnuͤgen fuͤhrte uns bald auseinander bald zu einander und jeder war gleich ſehr faͤhig, ohne und durch Geſellſchaft zu genießen. Beata und Guſtav vergaßen aus Scho¬ nung uͤber die fremde Liebe und Freude ihre beſon¬ dere und waren unter lauter Freunden ſich auch nur Freunde. O predigt doch bloß die Traurigkeit, die das Herz ſo dick wie das Blut macht, aber nicht die Freude aus der Welt, die in ihrem Tau¬ meltanz die Arme nicht bloß nach einem Moiti¬ ſten ſondern auch nach einem wankenden Elenden ausſtreckt und aus dem Jammer-Auge, das ihr zuſieht, voruͤberfliehend die Thraͤne nimmt! — Heu¬ te wollten wir einander alles verzeihen, ob wir gleich nichts zu verzeihen fanden. Es war nichts zu vergeben da, ſag' ich: denn als ein Stern um den andern aus der ſchattirten Tiefe heraus¬ quoll und als ich und Ottomar vor einer ſchlagen¬ den Nachtigal umgekehret waren, um durch die Entfernung den gedaͤmpften Lautenzug ihrer Kla¬ gen anzuhoͤren und als wir einſam, von lauter Toͤnen und Geſtalten der Liebe umgeben, nebenein¬ ander ſtanden und als ich mich nicht mehr halten konnte, ſondern unter dem großen jezigen und kuͤnf¬
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0351"n="341"/>
find, hin und her. Das Vergnuͤgen fuͤhrte uns<lb/>
bald auseinander bald zu einander und jeder war<lb/>
gleich ſehr faͤhig, ohne und durch Geſellſchaft zu<lb/>
genießen. Beata und Guſtav vergaßen aus Scho¬<lb/>
nung uͤber die fremde Liebe und Freude ihre beſon¬<lb/>
dere und waren unter lauter Freunden ſich auch<lb/>
nur Freunde. O predigt doch bloß die Traurigkeit,<lb/>
die das Herz ſo dick wie das Blut macht, aber<lb/>
nicht die Freude aus der Welt, die in ihrem Tau¬<lb/>
meltanz die Arme nicht bloß nach einem <hirendition="#g">Moiti¬<lb/>ſten</hi>ſondern auch nach einem wankenden Elenden<lb/>
ausſtreckt und aus dem Jammer-Auge, das ihr<lb/>
zuſieht, voruͤberfliehend die Thraͤne nimmt! — Heu¬<lb/>
te wollten wir einander alles verzeihen, ob wir<lb/>
gleich nichts zu verzeihen fanden. Es war nichts<lb/>
zu vergeben da, ſag' ich: denn als ein Stern<lb/>
um den andern aus der ſchattirten Tiefe heraus¬<lb/>
quoll und als ich und Ottomar vor einer ſchlagen¬<lb/>
den Nachtigal umgekehret waren, um durch die<lb/>
Entfernung den gedaͤmpften Lautenzug ihrer Kla¬<lb/>
gen anzuhoͤren und als wir einſam, von lauter<lb/>
Toͤnen und Geſtalten der Liebe umgeben, nebenein¬<lb/>
ander ſtanden und als ich mich nicht mehr halten<lb/>
konnte, ſondern unter dem großen jezigen und kuͤnf¬<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[341/0351]
find, hin und her. Das Vergnuͤgen fuͤhrte uns
bald auseinander bald zu einander und jeder war
gleich ſehr faͤhig, ohne und durch Geſellſchaft zu
genießen. Beata und Guſtav vergaßen aus Scho¬
nung uͤber die fremde Liebe und Freude ihre beſon¬
dere und waren unter lauter Freunden ſich auch
nur Freunde. O predigt doch bloß die Traurigkeit,
die das Herz ſo dick wie das Blut macht, aber
nicht die Freude aus der Welt, die in ihrem Tau¬
meltanz die Arme nicht bloß nach einem Moiti¬
ſten ſondern auch nach einem wankenden Elenden
ausſtreckt und aus dem Jammer-Auge, das ihr
zuſieht, voruͤberfliehend die Thraͤne nimmt! — Heu¬
te wollten wir einander alles verzeihen, ob wir
gleich nichts zu verzeihen fanden. Es war nichts
zu vergeben da, ſag' ich: denn als ein Stern
um den andern aus der ſchattirten Tiefe heraus¬
quoll und als ich und Ottomar vor einer ſchlagen¬
den Nachtigal umgekehret waren, um durch die
Entfernung den gedaͤmpften Lautenzug ihrer Kla¬
gen anzuhoͤren und als wir einſam, von lauter
Toͤnen und Geſtalten der Liebe umgeben, nebenein¬
ander ſtanden und als ich mich nicht mehr halten
konnte, ſondern unter dem großen jezigen und kuͤnf¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/351>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.