Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793.

Bild:
<< vorherige Seite

tentaten war sein Farbkästgen, damit illuminierte
er ganze regierende Linien und alle Muscheln klei¬
deten einen einzigen Großfürsten an und die Kron¬
prinzessinnen zogen aus der nämlichen Farbemuschel
Wangenröthe, Schaamröthe und Schminke. -- --
Mit diesen regierenden Schönen beschenkte er die
die ihn regierte und die nicht wuste was sie mit
dem historischen Bildersaale machen sollte.

Aber mit dem Pfefferkuchen wuste sie es in dem
Grade, daß sie ihn aß. Ich halt' es für schwer
einer Geliebten einen Pfefferkuchen zu schenken, weil
man ihn oft kurz vor der Schenkung selber ver¬
zehrt. Hatte nicht Wuz die drei Kreuzer für den
ersten schon bezahlt? Hatt' er nicht das braune
Rektangulum schon in der Tasche? war er nicht
damit schon bis auf eine Stunde vor Auenthal und
vor dem Adjudikationstermin gereiset? ja wurde
die süße Votiv-Tafel nicht alle Viertelstunde
aus der Tasche gehoben, um zu sehen, ob sie
noch viereckig wäre? das war eben das Unglück:
denn bei diesem Beweiß durch Augenschein, den er
führte, brach er immer wenige und unbedeutende
Mandeln aus dem Kuchen -- dieses that er öfters
-- darauf machte er sich (statt an die Quadratur

tentaten war ſein Farbkaͤſtgen, damit illuminierte
er ganze regierende Linien und alle Muſcheln klei¬
deten einen einzigen Großfuͤrſten an und die Kron¬
prinzeſſinnen zogen aus der naͤmlichen Farbemuſchel
Wangenroͤthe, Schaamroͤthe und Schminke. — —
Mit dieſen regierenden Schoͤnen beſchenkte er die
die ihn regierte und die nicht wuſte was ſie mit
dem hiſtoriſchen Bilderſaale machen ſollte.

Aber mit dem Pfefferkuchen wuſte ſie es in dem
Grade, daß ſie ihn aß. Ich halt' es fuͤr ſchwer
einer Geliebten einen Pfefferkuchen zu ſchenken, weil
man ihn oft kurz vor der Schenkung ſelber ver¬
zehrt. Hatte nicht Wuz die drei Kreuzer fuͤr den
erſten ſchon bezahlt? Hatt' er nicht das braune
Rektangulum ſchon in der Taſche? war er nicht
damit ſchon bis auf eine Stunde vor Auenthal und
vor dem Adjudikationstermin gereiſet? ja wurde
die ſuͤße Votiv-Tafel nicht alle Viertelſtunde
aus der Taſche gehoben, um zu ſehen, ob ſie
noch viereckig waͤre? das war eben das Ungluͤck:
denn bei dieſem Beweiß durch Augenſchein, den er
fuͤhrte, brach er immer wenige und unbedeutende
Mandeln aus dem Kuchen — dieſes that er oͤfters
— darauf machte er ſich (ſtatt an die Quadratur

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0406" n="396"/>
tentaten war &#x017F;ein Farbka&#x0364;&#x017F;tgen, damit illuminierte<lb/>
er ganze regierende Linien und alle Mu&#x017F;cheln klei¬<lb/>
deten einen einzigen Großfu&#x0364;r&#x017F;ten an und die Kron¬<lb/>
prinze&#x017F;&#x017F;innen zogen aus der na&#x0364;mlichen Farbemu&#x017F;chel<lb/>
Wangenro&#x0364;the, Schaamro&#x0364;the und Schminke. &#x2014; &#x2014;<lb/>
Mit die&#x017F;en regierenden Scho&#x0364;nen be&#x017F;chenkte er die<lb/>
die ihn regierte und die nicht wu&#x017F;te was &#x017F;ie mit<lb/>
dem hi&#x017F;tori&#x017F;chen Bilder&#x017F;aale machen &#x017F;ollte.</p><lb/>
          <p>Aber mit dem Pfefferkuchen wu&#x017F;te &#x017F;ie es in dem<lb/>
Grade, daß &#x017F;ie ihn aß. Ich halt' es fu&#x0364;r &#x017F;chwer<lb/>
einer Geliebten einen Pfefferkuchen zu &#x017F;chenken, weil<lb/>
man ihn oft kurz vor der Schenkung &#x017F;elber ver¬<lb/>
zehrt. Hatte nicht Wuz die drei Kreuzer fu&#x0364;r den<lb/>
er&#x017F;ten &#x017F;chon bezahlt? Hatt' er nicht das braune<lb/>
Rektangulum &#x017F;chon in der Ta&#x017F;che? war er nicht<lb/>
damit &#x017F;chon bis auf eine Stunde vor Auenthal und<lb/>
vor dem Adjudikationstermin gerei&#x017F;et? ja wurde<lb/>
die &#x017F;u&#x0364;ße <hi rendition="#g">Votiv-Tafel</hi> nicht alle Viertel&#x017F;tunde<lb/>
aus der Ta&#x017F;che gehoben, um zu &#x017F;ehen, ob &#x017F;ie<lb/>
noch viereckig wa&#x0364;re? das war eben das Unglu&#x0364;ck:<lb/>
denn bei die&#x017F;em Beweiß durch Augen&#x017F;chein, den er<lb/>
fu&#x0364;hrte, brach er immer wenige und unbedeutende<lb/>
Mandeln aus dem Kuchen &#x2014; die&#x017F;es that er o&#x0364;fters<lb/>
&#x2014; darauf machte er &#x017F;ich (&#x017F;tatt an die Quadratur<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[396/0406] tentaten war ſein Farbkaͤſtgen, damit illuminierte er ganze regierende Linien und alle Muſcheln klei¬ deten einen einzigen Großfuͤrſten an und die Kron¬ prinzeſſinnen zogen aus der naͤmlichen Farbemuſchel Wangenroͤthe, Schaamroͤthe und Schminke. — — Mit dieſen regierenden Schoͤnen beſchenkte er die die ihn regierte und die nicht wuſte was ſie mit dem hiſtoriſchen Bilderſaale machen ſollte. Aber mit dem Pfefferkuchen wuſte ſie es in dem Grade, daß ſie ihn aß. Ich halt' es fuͤr ſchwer einer Geliebten einen Pfefferkuchen zu ſchenken, weil man ihn oft kurz vor der Schenkung ſelber ver¬ zehrt. Hatte nicht Wuz die drei Kreuzer fuͤr den erſten ſchon bezahlt? Hatt' er nicht das braune Rektangulum ſchon in der Taſche? war er nicht damit ſchon bis auf eine Stunde vor Auenthal und vor dem Adjudikationstermin gereiſet? ja wurde die ſuͤße Votiv-Tafel nicht alle Viertelſtunde aus der Taſche gehoben, um zu ſehen, ob ſie noch viereckig waͤre? das war eben das Ungluͤck: denn bei dieſem Beweiß durch Augenſchein, den er fuͤhrte, brach er immer wenige und unbedeutende Mandeln aus dem Kuchen — dieſes that er oͤfters — darauf machte er ſich (ſtatt an die Quadratur

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/406
Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 396. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/406>, abgerufen am 22.11.2024.