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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793.

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aus ihrem Tanz-Salon in ein Paar Drath-Kar¬
thausen zu fahren und an der Wand in Mansar¬
den springend herabzuhängen.

Wuz berichtet so wohl in seiner "Wuzischen Ur¬
geschichte" als "in seinem Lesebuch für Kinder mitt¬
lern Alters," daß Abends um 7 Uhr, da der
Schneider dem Hymen neue Hosen und Gillet und
Rock anprobirte, schon alles blank und metrisch
und neugeboren war, ihn selber ausgenommen.
Eine unbeschreibliche Ruhe sitzt auf jedem Stuhl
und Tisch, eines neugestellten brillantirten Zim¬
mers! In einem chaotischen denkt man, man müs¬
se noch diesen Morgen ausziehen aus dem aufgekün¬
digten Logement.

Ueber seine Nacht (so wie über die folgende)
fliegen ich und die Sonne hinüber und wir begeg¬
nen ihm, wenn er am Sonntage, geröthet und
elektrisirt vom Gedanken des heutigen Himmels,
die Treppe herab läuft in die anlachende Hochzeit¬
stube hinein, die wir alle gestern mit so vieler Mü¬
he und Dinte aufgeschmückt haben vermittelst Schön¬
heitswasser -- mouchoir de Venus und Schmink¬
lappen (Waschlappen) -- Puderkasten (Topf mit
Sand) und anderem Toiletten-Schif und Geschirr.

aus ihrem Tanz-Salon in ein Paar Drath-Kar¬
thauſen zu fahren und an der Wand in Manſar¬
den ſpringend herabzuhaͤngen.

Wuz berichtet ſo wohl in ſeiner „Wuziſchen Ur¬
geſchichte“ als „in ſeinem Leſebuch fuͤr Kinder mitt¬
lern Alters,“ daß Abends um 7 Uhr, da der
Schneider dem Hymen neue Hoſen und Gillet und
Rock anprobirte, ſchon alles blank und metriſch
und neugeboren war, ihn ſelber ausgenommen.
Eine unbeſchreibliche Ruhe ſitzt auf jedem Stuhl
und Tiſch, eines neugeſtellten brillantirten Zim¬
mers! In einem chaotiſchen denkt man, man muͤſ¬
ſe noch dieſen Morgen ausziehen aus dem aufgekuͤn¬
digten Logement.

Ueber ſeine Nacht (ſo wie uͤber die folgende)
fliegen ich und die Sonne hinuͤber und wir begeg¬
nen ihm, wenn er am Sonntage, geroͤthet und
elektriſirt vom Gedanken des heutigen Himmels,
die Treppe herab laͤuft in die anlachende Hochzeit¬
ſtube hinein, die wir alle geſtern mit ſo vieler Muͤ¬
he und Dinte aufgeſchmuͤckt haben vermittelſt Schoͤn¬
heitswaſſer — mouchoir de Venus und Schmink¬
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[421/0431] aus ihrem Tanz-Salon in ein Paar Drath-Kar¬ thauſen zu fahren und an der Wand in Manſar¬ den ſpringend herabzuhaͤngen. Wuz berichtet ſo wohl in ſeiner „Wuziſchen Ur¬ geſchichte“ als „in ſeinem Leſebuch fuͤr Kinder mitt¬ lern Alters,“ daß Abends um 7 Uhr, da der Schneider dem Hymen neue Hoſen und Gillet und Rock anprobirte, ſchon alles blank und metriſch und neugeboren war, ihn ſelber ausgenommen. Eine unbeſchreibliche Ruhe ſitzt auf jedem Stuhl und Tiſch, eines neugeſtellten brillantirten Zim¬ mers! In einem chaotiſchen denkt man, man muͤſ¬ ſe noch dieſen Morgen ausziehen aus dem aufgekuͤn¬ digten Logement. Ueber ſeine Nacht (ſo wie uͤber die folgende) fliegen ich und die Sonne hinuͤber und wir begeg¬ nen ihm, wenn er am Sonntage, geroͤthet und elektriſirt vom Gedanken des heutigen Himmels, die Treppe herab laͤuft in die anlachende Hochzeit¬ ſtube hinein, die wir alle geſtern mit ſo vieler Muͤ¬ he und Dinte aufgeſchmuͤckt haben vermittelſt Schoͤn¬ heitswaſſer — mouchoir de Venus und Schmink¬ lappen (Waſchlappen) — Puderkaſten (Topf mit Sand) und anderem Toiletten-Schif und Geſchirr.

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 421. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/431>, abgerufen am 15.06.2024.