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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.

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Spion umher. Um sich selber nach diesem ge¬
haßten Mißlaut wieder auszustimmen, setzte sie
die Frage über Cardito fort und sagte: "es ist
ein sehr schöner derber Korse (der Prinz ist ja
die lebendige Ungestalt) und er kündigt Dir
ganz ernsthaft den Krieg an."

"Den soll er wahrlich haben," sagte Albano,
der nun alles begriff; und -- alles erzählte.
Cardito war jener Korse, mit dem er früher
sich über den gallischen Krieg entzweiet hatte.
"Bruder, das ist noch Dein Ernst?" sagte Ju¬
lienne mit gedehntem Akzent. "Jetzt beson¬
ders!" sagt' er entschieden, um den Streit so¬
gleich auszuschließen. Heftig drückte Linda seine
Hand in ihre Augen, als wolle sie sie damit
bedecken. "Nun, so verhandle Deinen Prozeß
mit mir, so vernünftig Du kannst, und lasse
Deine Rechtsgründe hören, aber lass' uns erst
auf den Hügel, damit man dabei auch etwas
sieht," sagte die Schwester.

Auf dem Hügel -- vor dem Grün des bli¬
tzenden Thals, wo überall der Strom wie ein
verwundeter Adler mit dem Flügel an der Erde
schlug -- vor den auf die Blumen herunter¬

Spion umher. Um ſich ſelber nach dieſem ge¬
haßten Mißlaut wieder auszuſtimmen, ſetzte ſie
die Frage über Cardito fort und ſagte: „es iſt
ein ſehr ſchöner derber Korſe (der Prinz iſt ja
die lebendige Ungeſtalt) und er kündigt Dir
ganz ernſthaft den Krieg an.“

„Den ſoll er wahrlich haben,“ ſagte Albano,
der nun alles begriff; und — alles erzählte.
Cardito war jener Korſe, mit dem er früher
ſich über den galliſchen Krieg entzweiet hatte.
„Bruder, das iſt noch Dein Ernſt?“ ſagte Ju¬
lienne mit gedehntem Akzent. „Jetzt beſon¬
ders!“ ſagt' er entſchieden, um den Streit ſo¬
gleich auszuſchließen. Heftig drückte Linda ſeine
Hand in ihre Augen, als wolle ſie ſie damit
bedecken. „Nun, ſo verhandle Deinen Prozeß
mit mir, ſo vernünftig Du kannſt, und laſſe
Deine Rechtsgründe hören, aber laſſ' uns erſt
auf den Hügel, damit man dabei auch etwas
ſieht,“ ſagte die Schweſter.

Auf dem Hügel — vor dem Grün des bli¬
tzenden Thals, wo überall der Strom wie ein
verwundeter Adler mit dem Flügel an der Erde
ſchlug — vor den auf die Blumen herunter¬

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[216/0228] Spion umher. Um ſich ſelber nach dieſem ge¬ haßten Mißlaut wieder auszuſtimmen, ſetzte ſie die Frage über Cardito fort und ſagte: „es iſt ein ſehr ſchöner derber Korſe (der Prinz iſt ja die lebendige Ungeſtalt) und er kündigt Dir ganz ernſthaft den Krieg an.“ „Den ſoll er wahrlich haben,“ ſagte Albano, der nun alles begriff; und — alles erzählte. Cardito war jener Korſe, mit dem er früher ſich über den galliſchen Krieg entzweiet hatte. „Bruder, das iſt noch Dein Ernſt?“ ſagte Ju¬ lienne mit gedehntem Akzent. „Jetzt beſon¬ ders!“ ſagt' er entſchieden, um den Streit ſo¬ gleich auszuſchließen. Heftig drückte Linda ſeine Hand in ihre Augen, als wolle ſie ſie damit bedecken. „Nun, ſo verhandle Deinen Prozeß mit mir, ſo vernünftig Du kannſt, und laſſe Deine Rechtsgründe hören, aber laſſ' uns erſt auf den Hügel, damit man dabei auch etwas ſieht,“ ſagte die Schweſter. Auf dem Hügel — vor dem Grün des bli¬ tzenden Thals, wo überall der Strom wie ein verwundeter Adler mit dem Flügel an der Erde ſchlug — vor den auf die Blumen herunter¬

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/228>, abgerufen am 23.11.2024.