nend und trinkend -- sanfte Abend-Töne der Musik verschmolzen mit dem aufgelößten Le¬ ben: -- "ach so ist's! (rief er aus tiefer, schmerzender Brust.) Wirf sie nur endlich weg, die zwei letzten Rosen des Lebens *)-- zu viele Bienen und Stacheln stecken in ihnen -- sie ziehen dein Blut und geben dir Gift -- O wie ich liebte! Allmächtiger droben, wie ich liebte! Ach nicht Dich! -- Und nun so steh' ich leer und arm und kalt, nichts, nichts ist mir geblieben, kein einziges Herz, nicht mein eig¬ nes -- das ist schon hinunter ins Grab -- Der Docht ist aus meinem Leben gezogen und es rinnt dunkel hin -- O ihr Menschen, ihr dum¬ men Menschen, warum glaubt ihr denn, daß es noch Liebe gebe hienieden? Schauet mich an, ich habe keine -- Wohl ein luftiges Far¬ benband der Liebe, ein Regenbogen zieht sich hin und stellt sich fest herüber unter uns wan¬ kende Wolken, als binde und trag' er sie -- Spaßhaft! er ist auch Wolke, und lauter Fall -- anfangs glänzen bunte Freudentropfen, dann schlagen schwarze!" --
*) Liebe und Freundschaft.
nend und trinkend — ſanfte Abend-Töne der Muſik verſchmolzen mit dem aufgelößten Le¬ ben: — „ach ſo iſt's! (rief er aus tiefer, ſchmerzender Bruſt.) Wirf ſie nur endlich weg, die zwei letzten Roſen des Lebens *)— zu viele Bienen und Stacheln ſtecken in ihnen — ſie ziehen dein Blut und geben dir Gift — O wie ich liebte! Allmächtiger droben, wie ich liebte! Ach nicht Dich! — Und nun ſo ſteh' ich leer und arm und kalt, nichts, nichts iſt mir geblieben, kein einziges Herz, nicht mein eig¬ nes — das iſt ſchon hinunter ins Grab — Der Docht iſt aus meinem Leben gezogen und es rinnt dunkel hin — O ihr Menſchen, ihr dum¬ men Menſchen, warum glaubt ihr denn, daß es noch Liebe gebe hienieden? Schauet mich an, ich habe keine — Wohl ein luftiges Far¬ benband der Liebe, ein Regenbogen zieht ſich hin und ſtellt ſich feſt herüber unter uns wan¬ kende Wolken, als binde und trag' er ſie — Spaßhaft! er iſt auch Wolke, und lauter Fall — anfangs glänzen bunte Freudentropfen, dann ſchlagen ſchwarze!“ —
*) Liebe und Freundſchaft.
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nend und trinkend — ſanfte Abend-Töne der
Muſik verſchmolzen mit dem aufgelößten Le¬
ben: — „ach ſo iſt's! (rief er aus tiefer,
ſchmerzender Bruſt.) Wirf ſie nur endlich weg,
die zwei letzten Roſen des Lebens *)— zu viele
Bienen und Stacheln ſtecken in ihnen — ſie
ziehen dein Blut und geben dir Gift — O
wie ich liebte! Allmächtiger droben, wie ich
liebte! Ach nicht Dich! — Und nun ſo ſteh' ich
leer und arm und kalt, nichts, nichts iſt mir
geblieben, kein einziges Herz, nicht mein eig¬
nes — das iſt ſchon hinunter ins Grab — Der
Docht iſt aus meinem Leben gezogen und es
rinnt dunkel hin — O ihr Menſchen, ihr dum¬
men Menſchen, warum glaubt ihr denn, daß
es noch Liebe gebe hienieden? Schauet mich
an, ich habe keine — Wohl ein luftiges Far¬
benband der Liebe, ein Regenbogen zieht ſich
hin und ſtellt ſich feſt herüber unter uns wan¬
kende Wolken, als binde und trag' er ſie —
Spaßhaft! er iſt auch Wolke, und lauter Fall
— anfangs glänzen bunte Freudentropfen, dann
ſchlagen ſchwarze!“ —
*)
Liebe und Freundſchaft.
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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 404. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/416>, abgerufen am 22.11.2024.
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