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Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

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Vorbericht von der Juristen
schreiben und zu disputiren. Weil sie aber von solchen Sachen
keine vollkommene Erkänntniß hätten/ noch haben könten/
so brächten sie lauter elendes und irriges Zeug zu Marckte.
Durch ihre Freydenckerey, würde denen Ketzereyen und Spal-
tungen Thür und Thorgeöffnet. Ja was noch mehr/ so schliche
sich die Atheisterey bey vielen nach und nach ein. (b)

Praejudici-
um
des Al-terthums.
§. II.

So/ sage ich/ werden bey manchem die Seuffzer
aus dem innersten seines Hertzens heraus poltern. Allein die
also urtheilen/ werden vielleicht von derjenigen Gattung seyn/
welche nichts vor billig und zugelassen halten/ als was mit ih-
rem/ von vielen Vorurtheilen besessenen Gehirne übereinkomt.
Denn wenn sie die Sache mit Vernunfft und sich selbst gelasse-
nen Gemüthe überlegten/ würden sie gewiß gantz andere Mei-
nungen fassen. So aber bleiben sie bey demjenigen/ was ihnen
von ihren alten Lehrern beygebracht worden/ wie eine Klette
hengen. Sie meinen die alten wären auch keine Narren ge-
wesen. Diese aber hätten dafür gehalten/ es solte ein jeder
fein bey seinem metier bleiben/ und sich um andere Dinge

unbe-
kunten sie nach und nach sich über die weltliche Obrigkeit empor schwingen.
Denn da alles in der grösten Unwissenheit lebte, ware es gar ein leichtes.
(b) Welchen Leu-
ten man gemei-
niglich die A-
theisterey bey-
mist.
Es ist jetzo fast mode, daß man diejenigen, so da zuschauen, ob alles, was
die Geistlichkeit vorgiebet, Grund habe, mit dem Nahmen der Atheisten be-
leget. Wer über ein und andere Theologische materien raisonniret,
und reine Vernunfft gebraucht, wird mit diesem schönen Titul beleget. So
haben es die Papisten dem Luthero und Melanchthoni gemacht. vid.
Posseuinus in Biblioth. select. Lib. VIII. cap. 1. seq.
Der gelehrte Eras-
mus Roterodamus,
weil er die Fehler der Clerisey entdecket, hat ebenfals
dafür die Ehre gehabt unter die Atheisten gezehlet zu werden. vid. Theo-
philus Raynaudus in erotemat. de malis & bonis libris partit. 1. erot. IV.
p. 22. sq.
Der seelige Spener hat auch erfahren müssen, daß man ihn mit
Spinoza verglichen. Man lese hie von das Programma, so der Leipzigische
Theologus Joh. Bened. Carpzov Ao. 1695. zu denen Oster-Feyertagen
drucken lassen. Wie viele den berühmten Christ. Thomasium zu einem
Atheisten machen wollen, ist bekannt genug.

Vorbericht von der Juriſten
ſchreiben und zu diſputiren. Weil ſie aber von ſolchen Sachen
keine vollkommene Erkaͤnntniß haͤtten/ noch haben koͤnten/
ſo braͤchten ſie lauter elendes und irriges Zeug zu Marckte.
Durch ihre Freydenckerey, wuͤrde denen Ketzereyen und Spal-
tungen Thuͤr und Thorgeoͤffnet. Ja was noch mehr/ ſo ſchliche
ſich die Atheiſterey bey vielen nach und nach ein. (b)

Præjudici-
um
des Al-terthums.
§. II.

So/ ſage ich/ werden bey manchem die Seuffzer
aus dem innerſten ſeines Hertzens heraus poltern. Allein die
alſo urtheilen/ werden vielleicht von derjenigen Gattung ſeyn/
welche nichts vor billig und zugelaſſen halten/ als was mit ih-
rem/ von vielen Vorurtheilen beſeſſenen Gehirne uͤbereinkomt.
Denn wenn ſie die Sache mit Vernunfft und ſich ſelbſt gelaſſe-
nen Gemuͤthe uͤberlegten/ wuͤrden ſie gewiß gantz andere Mei-
nungen faſſen. So aber bleiben ſie bey demjenigen/ was ihnen
von ihren alten Lehrern beygebracht worden/ wie eine Klette
hengen. Sie meinen die alten waͤren auch keine Narren ge-
weſen. Dieſe aber haͤtten dafuͤr gehalten/ es ſolte ein jeder
fein bey ſeinem metier bleiben/ und ſich um andere Dinge

unbe-
kunten ſie nach und nach ſich uͤber die weltliche Obrigkeit empor ſchwingen.
Denn da alles in der groͤſten Unwiſſenheit lebte, ware es gar ein leichtes.
(b) Welchen Leu-
ten man gemei-
niglich die A-
theiſterey bey-
miſt.
Es iſt jetzo faſt mode, daß man diejenigen, ſo da zuſchauen, ob alles, was
die Geiſtlichkeit vorgiebet, Grund habe, mit dem Nahmen der Atheiſten be-
leget. Wer uͤber ein und andere Theologiſche materien raiſonniret,
und reine Vernunfft gebraucht, wird mit dieſem ſchoͤnen Titul beleget. So
haben es die Papiſten dem Luthero und Melanchthoni gemacht. vid.
Poſſeuinus in Biblioth. ſelect. Lib. VIII. cap. 1. ſeq.
Der gelehrte Eraſ-
mus Roterodamus,
weil er die Fehler der Cleriſey entdecket, hat ebenfals
dafuͤr die Ehre gehabt unter die Atheiſten gezehlet zu werden. vid. Theo-
philus Raynaudus in erotemat. de malis & bonis libris partit. 1. erot. IV.
p. 22. ſq.
Der ſeelige Spener hat auch erfahren muͤſſen, daß man ihn mit
Spinoza verglichen. Man leſe hie von das Programma, ſo der Leipzigiſche
Theologus Joh. Bened. Carpzov Ao. 1695. zu denen Oſter-Feyertagen
drucken laſſen. Wie viele den beruͤhmten Chriſt. Thomaſium zu einem
Atheiſten machen wollen, iſt bekannt genug.
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[2/0021] Vorbericht von der Juriſten ſchreiben und zu diſputiren. Weil ſie aber von ſolchen Sachen keine vollkommene Erkaͤnntniß haͤtten/ noch haben koͤnten/ ſo braͤchten ſie lauter elendes und irriges Zeug zu Marckte. Durch ihre Freydenckerey, wuͤrde denen Ketzereyen und Spal- tungen Thuͤr und Thorgeoͤffnet. Ja was noch mehr/ ſo ſchliche ſich die Atheiſterey bey vielen nach und nach ein. (b) §. II. So/ ſage ich/ werden bey manchem die Seuffzer aus dem innerſten ſeines Hertzens heraus poltern. Allein die alſo urtheilen/ werden vielleicht von derjenigen Gattung ſeyn/ welche nichts vor billig und zugelaſſen halten/ als was mit ih- rem/ von vielen Vorurtheilen beſeſſenen Gehirne uͤbereinkomt. Denn wenn ſie die Sache mit Vernunfft und ſich ſelbſt gelaſſe- nen Gemuͤthe uͤberlegten/ wuͤrden ſie gewiß gantz andere Mei- nungen faſſen. So aber bleiben ſie bey demjenigen/ was ihnen von ihren alten Lehrern beygebracht worden/ wie eine Klette hengen. Sie meinen die alten waͤren auch keine Narren ge- weſen. Dieſe aber haͤtten dafuͤr gehalten/ es ſolte ein jeder fein bey ſeinem metier bleiben/ und ſich um andere Dinge unbe- (a) (b) Es iſt jetzo faſt mode, daß man diejenigen, ſo da zuſchauen, ob alles, was die Geiſtlichkeit vorgiebet, Grund habe, mit dem Nahmen der Atheiſten be- leget. Wer uͤber ein und andere Theologiſche materien raiſonniret, und reine Vernunfft gebraucht, wird mit dieſem ſchoͤnen Titul beleget. So haben es die Papiſten dem Luthero und Melanchthoni gemacht. vid. Poſſeuinus in Biblioth. ſelect. Lib. VIII. cap. 1. ſeq. Der gelehrte Eraſ- mus Roterodamus, weil er die Fehler der Cleriſey entdecket, hat ebenfals dafuͤr die Ehre gehabt unter die Atheiſten gezehlet zu werden. vid. Theo- philus Raynaudus in erotemat. de malis & bonis libris partit. 1. erot. IV. p. 22. ſq. Der ſeelige Spener hat auch erfahren muͤſſen, daß man ihn mit Spinoza verglichen. Man leſe hie von das Programma, ſo der Leipzigiſche Theologus Joh. Bened. Carpzov Ao. 1695. zu denen Oſter-Feyertagen drucken laſſen. Wie viele den beruͤhmten Chriſt. Thomaſium zu einem Atheiſten machen wollen, iſt bekannt genug. (a) kunten ſie nach und nach ſich uͤber die weltliche Obrigkeit empor ſchwingen. Denn da alles in der groͤſten Unwiſſenheit lebte, ware es gar ein leichtes.

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Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/21>, abgerufen am 23.11.2024.