Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.Studio in der Theologie. unbekümmert lassen. Gesetzt aber daß dem so wäre/ müssenwir denn solches als göttliche Wahrheiten veneriren. Höre/ was Lactantius saget: (a) Wer die Erfindungen der Al- ten ohne Uberlegung vor wahr hält, benimmet sich selbst die Weißheit, und wird von andern wie ein Vieh geleitet. Aber sie betrügen sich damit, daß da sie den Nahmen der Vorfahren oder Alten antreffen, sie dafür halten es könte nicht seyn, daß sie als Jüngere und Nachkommen mehr wüsten; oder daß sie den- cken jene hätten nichts närrisches an sich gehabt, weil sie Majo- res oder Vorfahren hiessen. §. III. Hiermit ziehen sie um jede Facultät einen Spren-Jnnungen mich (a) Lactantius in Instit. diu. Lib. II. de origine erroris. Sapientiam sibiVon Lactantio getadelt. adimunt, qui sine vllo judicio inuenta majorum probant, & ab aliis pecudum more ducuntur. Sed hoc eos fallit, quod majorum nomi- ne posito, non putant fieri posse, vt aut ipsi plus sapiant, quia mi- nores vocantur, aut illi desipuerint, quia majores nominantur. (b) Seneca epist. 33. ad Lucilium. Quid ergo? non ibo per priorum ve-Senecae Urtheil von der rechten Art zu studiren. stigia? Ego vero vtar via veteri, sed si propiorem inuenero, hanc mu- niam. Qui ante nosista mouerunt, non domini nostri sed duces sunt. Patet a 2 a 2
Studio in der Theologie. unbekuͤmmert laſſen. Geſetzt aber daß dem ſo waͤre/ muͤſſenwir denn ſolches als goͤttliche Wahrheiten veneriren. Hoͤre/ was Lactantius ſaget: (a) Wer die Erfindungen der Al- ten ohne Uberlegung vor wahr haͤlt, benimmet ſich ſelbſt die Weißheit, und wird von andern wie ein Vieh geleitet. Aber ſie betruͤgen ſich damit, daß da ſie den Nahmen der Vorfahren oder Alten antreffen, ſie dafuͤr halten es koͤnte nicht ſeyn, daß ſie als Juͤngere und Nachkommen mehr wuͤſten; oder daß ſie den- cken jene haͤtten nichts naͤrriſches an ſich gehabt, weil ſie Majo- res oder Vorfahren hieſſen. §. III. Hiermit ziehen ſie um jede Facultaͤt einen Spren-Jnnungen mich (a) Lactantius in Inſtit. diu. Lib. II. de origine erroris. Sapientiam ſibiVon Lactantio getadelt. adimunt, qui ſine vllo judicio inuenta majorum probant, & ab aliis pecudum more ducuntur. Sed hoc eos fallit, quod majorum nomi- ne poſito, non putant fieri poſſe, vt aut ipſi plus ſapiant, quia mi- nores vocantur, aut illi deſipuerint, quia majores nominantur. (b) Seneca epiſt. 33. ad Lucilium. Quid ergo? non ibo per priorum ve-Senecæ Urtheil von der rechten Art zu ſtudiren. ſtigia? Ego vero vtar via veteri, ſed ſi propiorem inuenero, hanc mu- niam. Qui ante nosiſta mouerunt, non domini noſtri ſed duces ſunt. Patet a 2 a 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0022" n="3"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Studio</hi></hi> in der <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Theologie.</hi></hi></hi></fw><lb/> unbekuͤmmert laſſen. Geſetzt aber daß dem ſo waͤre/ muͤſſen<lb/> wir denn ſolches als goͤttliche Wahrheiten <hi rendition="#aq">venerir</hi>en. Hoͤre/<lb/> was <hi rendition="#aq">Lactantius</hi> ſaget: <note place="foot" n="(a)"><hi rendition="#aq">Lactantius <hi rendition="#i">in Inſtit. diu. Lib. II. de origine erroris.</hi> Sapientiam ſibi</hi><note place="right">Von <hi rendition="#aq">Lactantio</hi><lb/> getadelt.</note><lb/><hi rendition="#aq">adimunt, qui ſine vllo judicio inuenta majorum probant, & ab aliis<lb/> pecudum more ducuntur. Sed hoc eos fallit, quod majorum nomi-<lb/> ne poſito, non putant fieri poſſe, vt aut ipſi plus ſapiant, quia mi-<lb/> nores vocantur, aut illi deſipuerint, quia majores nominantur.</hi></note> <hi rendition="#fr">Wer die Erfindungen der Al-<lb/> ten ohne Uberlegung vor wahr haͤlt, benimmet ſich ſelbſt die<lb/> Weißheit, und wird von andern wie ein Vieh geleitet. Aber<lb/> ſie betruͤgen ſich damit, daß da ſie den Nahmen der Vorfahren<lb/> oder Alten antreffen, ſie dafuͤr halten es koͤnte nicht ſeyn, daß ſie<lb/> als Juͤngere und Nachkommen mehr wuͤſten; oder daß ſie den-<lb/> cken jene haͤtten nichts naͤrriſches an ſich gehabt, weil ſie</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Majo-<lb/> res</hi></hi> <hi rendition="#fr">oder Vorfahren hieſſen.</hi></p> </div><lb/> <div n="2"> <head>§. <hi rendition="#aq">III.</hi></head> <p>Hiermit ziehen ſie um jede <hi rendition="#aq">Facult</hi>aͤt einen Spren-<note place="right">Jnnungen<lb/> bey der Ge-<lb/> lahrheit.</note><lb/> gel. Dieſen ſoll niemand uͤberſchreiten/ wenn er nicht von ih-<lb/> nen mit mißvergnuͤgten Augen will angeſehen ſeyn. Sie fuͤh-<lb/> ren ſich wie die Handwercks Leute in unſerm teutſchen Reiche<lb/> auff. Wer nicht bey einer Jnnung ordentlich eingeſchrieben/<lb/> gelernet/ Geſelle und Meiſter worden/ darff nichts dahin ge-<lb/> hoͤriges arbeiten/ will er nicht vor einen Pfuſcher angeſehen<lb/> und geſtrafft werden. Dieſes aber iſt der rechte Weg nicht zu<lb/> einer gruͤndlichen Gelahrheit zu gelangen. Dieſes haben ſchon<lb/> verſchiedene von viel hundert Jahren her erkannt. Und wenn<lb/> auch kein <hi rendition="#aq">Exempel</hi> vorhanden/ daß ſich jemand auſſer ſeinem<lb/> Haupt-<hi rendition="#aq">Studio</hi> in andere <hi rendition="#aq">diſciplin</hi>en gewaget/ ſollen wir der-<lb/> gleichen auch thun? Jch dencke nicht. <hi rendition="#aq">Seneca</hi> iſt in dieſem<lb/> Stuͤck viel kluͤger geweſen. <hi rendition="#fr">Was iſt zu thun?</hi> lauten ſeine<lb/> Worte. <note xml:id="f03" next="#f04" place="foot" n="(b)"><hi rendition="#aq">Seneca <hi rendition="#i">epiſt. 33. ad Lucilium.</hi> Quid ergo? non ibo per priorum ve-</hi><note place="right"><hi rendition="#aq">Senecæ</hi> Urtheil<lb/> von der rechten<lb/> Art zu <hi rendition="#aq">ſtudir</hi>en.</note><lb/><hi rendition="#aq">ſtigia? Ego vero vtar via veteri, ſed ſi propiorem inuenero, hanc mu-<lb/> niam. Qui ante nosiſta mouerunt, non domini noſtri ſed duces ſunt.</hi><lb/> <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">a</hi> 2</fw><fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">Patet</hi></fw></note> <hi rendition="#fr">Soll ich nicht der alten Spur folgen<supplied>?</supplied> Jch will</hi><lb/> <fw place="bottom" type="sig">a 2</fw><fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">mich</hi></fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [3/0022]
Studio in der Theologie.
unbekuͤmmert laſſen. Geſetzt aber daß dem ſo waͤre/ muͤſſen
wir denn ſolches als goͤttliche Wahrheiten veneriren. Hoͤre/
was Lactantius ſaget: (a) Wer die Erfindungen der Al-
ten ohne Uberlegung vor wahr haͤlt, benimmet ſich ſelbſt die
Weißheit, und wird von andern wie ein Vieh geleitet. Aber
ſie betruͤgen ſich damit, daß da ſie den Nahmen der Vorfahren
oder Alten antreffen, ſie dafuͤr halten es koͤnte nicht ſeyn, daß ſie
als Juͤngere und Nachkommen mehr wuͤſten; oder daß ſie den-
cken jene haͤtten nichts naͤrriſches an ſich gehabt, weil ſie Majo-
res oder Vorfahren hieſſen.
§. III. Hiermit ziehen ſie um jede Facultaͤt einen Spren-
gel. Dieſen ſoll niemand uͤberſchreiten/ wenn er nicht von ih-
nen mit mißvergnuͤgten Augen will angeſehen ſeyn. Sie fuͤh-
ren ſich wie die Handwercks Leute in unſerm teutſchen Reiche
auff. Wer nicht bey einer Jnnung ordentlich eingeſchrieben/
gelernet/ Geſelle und Meiſter worden/ darff nichts dahin ge-
hoͤriges arbeiten/ will er nicht vor einen Pfuſcher angeſehen
und geſtrafft werden. Dieſes aber iſt der rechte Weg nicht zu
einer gruͤndlichen Gelahrheit zu gelangen. Dieſes haben ſchon
verſchiedene von viel hundert Jahren her erkannt. Und wenn
auch kein Exempel vorhanden/ daß ſich jemand auſſer ſeinem
Haupt-Studio in andere diſciplinen gewaget/ ſollen wir der-
gleichen auch thun? Jch dencke nicht. Seneca iſt in dieſem
Stuͤck viel kluͤger geweſen. Was iſt zu thun? lauten ſeine
Worte. (b) Soll ich nicht der alten Spur folgen? Jch will
mich
Jnnungen
bey der Ge-
lahrheit.
(a) Lactantius in Inſtit. diu. Lib. II. de origine erroris. Sapientiam ſibi
adimunt, qui ſine vllo judicio inuenta majorum probant, & ab aliis
pecudum more ducuntur. Sed hoc eos fallit, quod majorum nomi-
ne poſito, non putant fieri poſſe, vt aut ipſi plus ſapiant, quia mi-
nores vocantur, aut illi deſipuerint, quia majores nominantur.
(b) Seneca epiſt. 33. ad Lucilium. Quid ergo? non ibo per priorum ve-
ſtigia? Ego vero vtar via veteri, ſed ſi propiorem inuenero, hanc mu-
niam. Qui ante nosiſta mouerunt, non domini noſtri ſed duces ſunt.
Patet
a 2
a 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |