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Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

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I. Abth. II. Cap. Von der Beichte
heit offenbahren solst, der da weiß, mit dem Schwachen
schwach zu seyn, mit dem Weinenden zu weinen, der Mit-
leiden und Gedult hat; so dann, wenn er sich als einen
erfahrnen Artzt erwiesen, wenn er sich barmhertzig gezei-
get, so thu und folge, wenn er etwas saget, und dir einen
Rath mittheilet; erkennet er und siehet zum voraus, deine
Kranckheit sey also beschaffen, daß man es der gantzen Gemei-
ne kund thun, und daß sie da geheilet werden müsse, dadurch
vielleicht auch andere gebauet werden können, und du leichter
geheilet wirst, etc.
Jch muß bekennen/ daß ich Anfangs da-
für gehalten/ Origenes rede von der heutigen Art zu beich-
ten. Jch bin aber nachgehends doch auf andere Gedancken
gerathen/ davon die Ursachen in der angeführten Note zu
befinden. Cyprianus soll nach einiger ihrem Begriff die
Ohren-Beichte ebenfalls anpreisen. Wir wollen seine ei-
gene Worte hören. Diejenigen, sagt er g)/ haben einen grös-

sern
exponi debeat & curari, ex quo fortassis & caeteri aedificari pote-
runt, & tu ipse facile sanari &c.
Jch kan aber diese Stelle, sie
mag die Bekäntniß der Sünden noch so sehr heraus streichen,
dennoch nicht auf eine besondere Beichte, so dem Priester die
Vergebung der Sünden zu erhalten geschehen soll, mit einigem
Schein ziehen. Origenes saget, man sollte seine Sünde einem
verständigen Menschen entdecken, welches auch von einem Layen
kan erkläret werden. Seine Meinung gehet also nur dahin, daß so-
dann derjenige, dem wir es geoffenbahret, uns mit Rath an Han-
den ginge, und zeigte, wie wir es angreiffen müsten, bey GOtt
wieder in Gnaden zu kommen, und der Sünden Vergebung zu
erhalten. Er streichet auch hom. 3. in Leuit. die Bekäntniß seiner
Sünden über die Massen heraus, jedoch findet sich auch daselbst
nichts von einem Geistlichen, dem dieses geschehen solte. Er sa-
get auch nicht, daß auf andere Art und Weise keine Vergebung
zu erhalten.
g) Cypriani.In tract. de lapsis pag. 156. Oper. edit. Erasmi. Denique quanto &
fide majore & timore meliore sunt, qui quamuis nullo sacrificii aut

libelli

I. Abth. II. Cap. Von der Beichte
heit offenbahren ſolſt, der da weiß, mit dem Schwachen
ſchwach zu ſeyn, mit dem Weinenden zu weinen, der Mit-
leiden und Gedult hat; ſo dann, wenn er ſich als einen
erfahrnen Artzt erwieſen, wenn er ſich barmhertzig gezei-
get, ſo thu und folge, wenn er etwas ſaget, und dir einen
Rath mittheilet; erkennet er und ſiehet zum voraus, deine
Kranckheit ſey alſo beſchaffen, daß man es der gantzen Gemei-
ne kund thun, und daß ſie da geheilet werden muͤſſe, dadurch
vielleicht auch andere gebauet werden koͤnnen, und du leichter
geheilet wirſt, ꝛc.
Jch muß bekennen/ daß ich Anfangs da-
fuͤr gehalten/ Origenes rede von der heutigen Art zu beich-
ten. Jch bin aber nachgehends doch auf andere Gedancken
gerathen/ davon die Urſachen in der angefuͤhrten Note zu
befinden. Cyprianus ſoll nach einiger ihrem Begriff die
Ohren-Beichte ebenfalls anpreiſen. Wir wollen ſeine ei-
gene Worte hoͤren. Diejenigen, ſagt er g)/ haben einen groͤſ-

ſern
exponi debeat & curari, ex quo fortaſſis & cæteri ædificari pote-
runt, & tu ipſe facile ſanari &c.
Jch kan aber dieſe Stelle, ſie
mag die Bekaͤntniß der Suͤnden noch ſo ſehr heraus ſtreichen,
dennoch nicht auf eine beſondere Beichte, ſo dem Prieſter die
Vergebung der Suͤnden zu erhalten geſchehen ſoll, mit einigem
Schein ziehen. Origenes ſaget, man ſollte ſeine Suͤnde einem
verſtaͤndigen Menſchen entdecken, welches auch von einem Layen
kan erklaͤret werden. Seine Meinung gehet alſo nur dahin, daß ſo-
dann derjenige, dem wir es geoffenbahret, uns mit Rath an Han-
den ginge, und zeigte, wie wir es angreiffen muͤſten, bey GOtt
wieder in Gnaden zu kommen, und der Suͤnden Vergebung zu
erhalten. Er ſtreichet auch hom. 3. in Leuit. die Bekaͤntniß ſeiner
Suͤnden uͤber die Maſſen heraus, jedoch findet ſich auch daſelbſt
nichts von einem Geiſtlichen, dem dieſes geſchehen ſolte. Er ſa-
get auch nicht, daß auf andere Art und Weiſe keine Vergebung
zu erhalten.
g) Cypriani.In tract. de lapſis pag. 156. Oper. edit. Eraſmi. Denique quanto &
fide majore & timore meliore ſunt, qui quamuis nullo ſacrificii aut

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[80/0099] I. Abth. II. Cap. Von der Beichte heit offenbahren ſolſt, der da weiß, mit dem Schwachen ſchwach zu ſeyn, mit dem Weinenden zu weinen, der Mit- leiden und Gedult hat; ſo dann, wenn er ſich als einen erfahrnen Artzt erwieſen, wenn er ſich barmhertzig gezei- get, ſo thu und folge, wenn er etwas ſaget, und dir einen Rath mittheilet; erkennet er und ſiehet zum voraus, deine Kranckheit ſey alſo beſchaffen, daß man es der gantzen Gemei- ne kund thun, und daß ſie da geheilet werden muͤſſe, dadurch vielleicht auch andere gebauet werden koͤnnen, und du leichter geheilet wirſt, ꝛc. Jch muß bekennen/ daß ich Anfangs da- fuͤr gehalten/ Origenes rede von der heutigen Art zu beich- ten. Jch bin aber nachgehends doch auf andere Gedancken gerathen/ davon die Urſachen in der angefuͤhrten Note zu befinden. Cyprianus ſoll nach einiger ihrem Begriff die Ohren-Beichte ebenfalls anpreiſen. Wir wollen ſeine ei- gene Worte hoͤren. Diejenigen, ſagt er g)/ haben einen groͤſ- ſern (f) g) In tract. de lapſis pag. 156. Oper. edit. Eraſmi. Denique quanto & fide majore & timore meliore ſunt, qui quamuis nullo ſacrificii aut libelli (f) exponi debeat & curari, ex quo fortaſſis & cæteri ædificari pote- runt, & tu ipſe facile ſanari &c. Jch kan aber dieſe Stelle, ſie mag die Bekaͤntniß der Suͤnden noch ſo ſehr heraus ſtreichen, dennoch nicht auf eine beſondere Beichte, ſo dem Prieſter die Vergebung der Suͤnden zu erhalten geſchehen ſoll, mit einigem Schein ziehen. Origenes ſaget, man ſollte ſeine Suͤnde einem verſtaͤndigen Menſchen entdecken, welches auch von einem Layen kan erklaͤret werden. Seine Meinung gehet alſo nur dahin, daß ſo- dann derjenige, dem wir es geoffenbahret, uns mit Rath an Han- den ginge, und zeigte, wie wir es angreiffen muͤſten, bey GOtt wieder in Gnaden zu kommen, und der Suͤnden Vergebung zu erhalten. Er ſtreichet auch hom. 3. in Leuit. die Bekaͤntniß ſeiner Suͤnden uͤber die Maſſen heraus, jedoch findet ſich auch daſelbſt nichts von einem Geiſtlichen, dem dieſes geſchehen ſolte. Er ſa- get auch nicht, daß auf andere Art und Weiſe keine Vergebung zu erhalten.

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Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/99>, abgerufen am 28.11.2024.