das gröste Fieber hätte -- und seitdem sie solche brauchte, ward ihr Athem sichtbar kürzer -- Sie konnte nicht mehr schlaffen wie vorher, hatte viel stärkere Beklemmun- gen auf der Brust, und auch der Schweiß, den sie vorher hatte, verlohr sich.
Bey dem allem dachte sie an nichts we- niger, als daß die Himmelstropfen daran schuld seyen, und sie brauchte sie nur desto gewissenhafter, je kränker sie davon war. --
§. 29. Ein Gespräch von zween Menschen, die in zehn Tagen vieles gelernt, so sie vorher nicht konnten -- u. vieles erfahren, so sie vorher nicht wußten. --
Als der Vogt ihre Umstände vernahm, bath er den Pfarrer, daß er doch ihn auch eine Nacht zu ihr heim lassen möchte.
Der Pfarrer erlaubte es ihm gar gern, und versprach es über sich zu nehmen, die Sache beym Junker zu verantworten. --
Wenn er von den Todten auferstanden wäre, es hätte seine Frau nicht so überneh- men können; Aber es freute sie so sehr, daß
sie
G 5
das groͤſte Fieber haͤtte — und ſeitdem ſie ſolche brauchte, ward ihr Athem ſichtbar kuͤrzer — Sie konnte nicht mehr ſchlaffen wie vorher, hatte viel ſtaͤrkere Beklemmun- gen auf der Bruſt, und auch der Schweiß, den ſie vorher hatte, verlohr ſich.
Bey dem allem dachte ſie an nichts we- niger, als daß die Himmelstropfen daran ſchuld ſeyen, und ſie brauchte ſie nur deſto gewiſſenhafter, je kraͤnker ſie davon war. —
§. 29. Ein Geſpraͤch von zween Menſchen, die in zehn Tagen vieles gelernt, ſo ſie vorher nicht konnten — u. vieles erfahren, ſo ſie vorher nicht wußten. —
Als der Vogt ihre Umſtaͤnde vernahm, bath er den Pfarrer, daß er doch ihn auch eine Nacht zu ihr heim laſſen moͤchte.
Der Pfarrer erlaubte es ihm gar gern, und verſprach es uͤber ſich zu nehmen, die Sache beym Junker zu verantworten. —
Wenn er von den Todten auferſtanden waͤre, es haͤtte ſeine Frau nicht ſo uͤberneh- men koͤnnen; Aber es freute ſie ſo ſehr, daß
ſie
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das groͤſte Fieber haͤtte — und ſeitdem ſie
ſolche brauchte, ward ihr Athem ſichtbar
kuͤrzer — Sie konnte nicht mehr ſchlaffen
wie vorher, hatte viel ſtaͤrkere Beklemmun-
gen auf der Bruſt, und auch der Schweiß,
den ſie vorher hatte, verlohr ſich.
Bey dem allem dachte ſie an nichts we-
niger, als daß die Himmelstropfen daran
ſchuld ſeyen, und ſie brauchte ſie nur deſto
gewiſſenhafter, je kraͤnker ſie davon war. —
§. 29.
Ein Geſpraͤch von zween Menſchen,
die in zehn Tagen vieles gelernt,
ſo ſie vorher nicht konnten — u.
vieles erfahren, ſo ſie vorher nicht
wußten. —
Als der Vogt ihre Umſtaͤnde vernahm, bath
er den Pfarrer, daß er doch ihn auch
eine Nacht zu ihr heim laſſen moͤchte.
Der Pfarrer erlaubte es ihm gar gern,
und verſprach es uͤber ſich zu nehmen, die
Sache beym Junker zu verantworten. —
Wenn er von den Todten auferſtanden
waͤre, es haͤtte ſeine Frau nicht ſo uͤberneh-
men koͤnnen; Aber es freute ſie ſo ſehr, daß
ſie
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Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/123>, abgerufen am 16.02.2025.
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