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Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783.

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Vögtin. Ach! du hattest immer Leute
bey dir, die dir den Kopf drehten, wohin
sie wollten, und dich nie ruhig nachsinnen
ließen, was auch allemal an der Sach sey. --

Vogt. Das muß izt gewiß anderst kom-
men, und ich will gewiß Ruh vor ihnen in
meiner Stuben haben.

Vögtin. Das wird izt nicht schwer seyn
-- Es betrittet kein Mensch als etwa ein
Jobs Bott unsre Stube.

Vogt. Das ist kein Uebel.

Vögtin. Gott geb, daß du das immer
sagest.

Vogt. Glaub mir doch auch.

Vögtin. Jch will dir gern glauben, aber
es ist mir auch noch angst.

Vogt. Es ist dir nicht zu verargen.

Vögtin. Aber weist du auch, wer mir
diese Zeit über am meisten Liebs und Guts
erwiesen?

Vogt. Wie sollt ich es wissen?

Vögtin. Rath nicht lang, ich will dirs
sagen -- Der Hans Wüest; der ist vom er-
sten Tag, da du inn (gefangen) warest, alle
Abend zu mir gekommen, mich zu trösten
und mir zu helffen; Er spaltete mir Holz,
trug mir Wasser, und that, was er konnte
und was ich wollte -- Er war izt ganz
munter, und sagte, er sehe izt auch wieder

freu-

Voͤgtin. Ach! du hatteſt immer Leute
bey dir, die dir den Kopf drehten, wohin
ſie wollten, und dich nie ruhig nachſinnen
ließen, was auch allemal an der Sach ſey. —

Vogt. Das muß izt gewiß anderſt kom-
men, und ich will gewiß Ruh vor ihnen in
meiner Stuben haben.

Voͤgtin. Das wird izt nicht ſchwer ſeyn
— Es betrittet kein Menſch als etwa ein
Jobs Bott unſre Stube.

Vogt. Das iſt kein Uebel.

Voͤgtin. Gott geb, daß du das immer
ſageſt.

Vogt. Glaub mir doch auch.

Voͤgtin. Jch will dir gern glauben, aber
es iſt mir auch noch angſt.

Vogt. Es iſt dir nicht zu verargen.

Voͤgtin. Aber weiſt du auch, wer mir
dieſe Zeit uͤber am meiſten Liebs und Guts
erwieſen?

Vogt. Wie ſollt ich es wiſſen?

Voͤgtin. Rath nicht lang, ich will dirs
ſagen — Der Hans Wuͤeſt; der iſt vom er-
ſten Tag, da du inn (gefangen) wareſt, alle
Abend zu mir gekommen, mich zu troͤſten
und mir zu helffen; Er ſpaltete mir Holz,
trug mir Waſſer, und that, was er konnte
und was ich wollte — Er war izt ganz
munter, und ſagte, er ſehe izt auch wieder

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[108/0126] Voͤgtin. Ach! du hatteſt immer Leute bey dir, die dir den Kopf drehten, wohin ſie wollten, und dich nie ruhig nachſinnen ließen, was auch allemal an der Sach ſey. — Vogt. Das muß izt gewiß anderſt kom- men, und ich will gewiß Ruh vor ihnen in meiner Stuben haben. Voͤgtin. Das wird izt nicht ſchwer ſeyn — Es betrittet kein Menſch als etwa ein Jobs Bott unſre Stube. Vogt. Das iſt kein Uebel. Voͤgtin. Gott geb, daß du das immer ſageſt. Vogt. Glaub mir doch auch. Voͤgtin. Jch will dir gern glauben, aber es iſt mir auch noch angſt. Vogt. Es iſt dir nicht zu verargen. Voͤgtin. Aber weiſt du auch, wer mir dieſe Zeit uͤber am meiſten Liebs und Guts erwieſen? Vogt. Wie ſollt ich es wiſſen? Voͤgtin. Rath nicht lang, ich will dirs ſagen — Der Hans Wuͤeſt; der iſt vom er- ſten Tag, da du inn (gefangen) wareſt, alle Abend zu mir gekommen, mich zu troͤſten und mir zu helffen; Er ſpaltete mir Holz, trug mir Waſſer, und that, was er konnte und was ich wollte — Er war izt ganz munter, und ſagte, er ſehe izt auch wieder freu-

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Zitationshilfe: Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/126>, abgerufen am 21.11.2024.