und Seel: -- Es war mir gar nicht wohl, und ich wußte nur halb, was begegnet -- Aber doch verstand ich so viel davon, daß ich ihr antwortete: Wenn sie ihr Maul gehal- ten hätte, so wäre ihr nichts begegnet: -- Sie fuhr aber doch immer fort, und sagte, sie habe nie nichts wider des Maurers ge- habt, und wenn sie ob den paar Worten, die ihr entwitscht, ins Unglük komme, so habe sie selbiges nur uns zu danken. -- Jch ließ sie lang reden; endlich aber sagte ich doch: "Jch meynte, Baase, du solltest wissen, daß ich izt sonst genug habe, und nicht noch ob etwas, woran ich weder wenig noch viel schuld bin, mit mir umgehen solltest, wie du thust." -- Sie antwortete: "Es geschieht euch nur Recht, was euch begegnet; ihr habet es schon längst verdient; aber daß ich und ander Leut noch mit euch ins Unglük kommen, das ist nicht recht." -- Damit be- kam ich doch genug, und sagte zu ihr: "Grithe, wenn du Händel und Streit willst, so such' Jemand, der es besser erleiden (er- tragen) mag als izt ich, und hiemit gieng ich von ihr weg in die Kuche. -- Darüber ist sie so wild worden, daß sie beym weggehen mir noch die Stegen hinauf auf der offenen Straße noch einmal zurufte: "Jhr seyd halt ein verfluchtes Volk, und wer etwas
mit
und Seel: — Es war mir gar nicht wohl, und ich wußte nur halb, was begegnet — Aber doch verſtand ich ſo viel davon, daß ich ihr antwortete: Wenn ſie ihr Maul gehal- ten haͤtte, ſo waͤre ihr nichts begegnet: — Sie fuhr aber doch immer fort, und ſagte, ſie habe nie nichts wider des Maurers ge- habt, und wenn ſie ob den paar Worten, die ihr entwitſcht, ins Ungluͤk komme, ſo habe ſie ſelbiges nur uns zu danken. — Jch ließ ſie lang reden; endlich aber ſagte ich doch: „Jch meynte, Baaſe, du ſollteſt wiſſen, daß ich izt ſonſt genug habe, und nicht noch ob etwas, woran ich weder wenig noch viel ſchuld bin, mit mir umgehen ſollteſt, wie du thuſt.“ — Sie antwortete: „Es geſchieht euch nur Recht, was euch begegnet; ihr habet es ſchon laͤngſt verdient; aber daß ich und ander Leut noch mit euch ins Ungluͤk kommen, das iſt nicht recht.“ — Damit be- kam ich doch genug, und ſagte zu ihr: „Grithe, wenn du Haͤndel und Streit willſt, ſo ſuch' Jemand, der es beſſer erleiden (er- tragen) mag als izt ich, und hiemit gieng ich von ihr weg in die Kuche. — Daruͤber iſt ſie ſo wild worden, daß ſie beym weggehen mir noch die Stegen hinauf auf der offenen Straße noch einmal zurufte: „Jhr ſeyd halt ein verfluchtes Volk, und wer etwas
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und Seel: — Es war mir gar nicht wohl,
und ich wußte nur halb, was begegnet —
Aber doch verſtand ich ſo viel davon, daß ich
ihr antwortete: Wenn ſie ihr Maul gehal-
ten haͤtte, ſo waͤre ihr nichts begegnet: —
Sie fuhr aber doch immer fort, und ſagte,
ſie habe nie nichts wider des Maurers ge-
habt, und wenn ſie ob den paar Worten,
die ihr entwitſcht, ins Ungluͤk komme, ſo
habe ſie ſelbiges nur uns zu danken. — Jch
ließ ſie lang reden; endlich aber ſagte ich doch:
„Jch meynte, Baaſe, du ſollteſt wiſſen, daß
ich izt ſonſt genug habe, und nicht noch ob
etwas, woran ich weder wenig noch viel
ſchuld bin, mit mir umgehen ſollteſt, wie du
thuſt.“ — Sie antwortete: „Es geſchieht
euch nur Recht, was euch begegnet; ihr
habet es ſchon laͤngſt verdient; aber daß ich
und ander Leut noch mit euch ins Ungluͤk
kommen, das iſt nicht recht.“ — Damit be-
kam ich doch genug, und ſagte zu ihr:
„Grithe, wenn du Haͤndel und Streit willſt,
ſo ſuch' Jemand, der es beſſer erleiden (er-
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von ihr weg in die Kuche. — Daruͤber iſt
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Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/130>, abgerufen am 21.11.2024.
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