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Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783.

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"Ach! Es ist für den Armen nirgends
nichts eingerichtet, bis man ihn in Spitthal
nihmt," -- sagte der Junker, und erklärte sich
im gleichen Augenblik, nicht nur die Bäu-
me auf dem Riedt zu vertheilen, und eigen-
thumlich zu machen, sondern für alle seine
Leute in seinen Baumschulen so viel junge
Bäume zu ziehen, als sie nöthig haben. Er
sezte hinzu: "Und ich will alles thun, da-
mit ihnen die Bäume recht lieb werden, und
sie bald Frucht davon haben; ich denke ich
wolle ihnen allemal bey ihren Hochzeiten u.
Tauffanläßen welche schenken."

Pfarrer. Ein solches Andenken an die
wichtigsten und freudigsten Umstände ihres
Lebens kann nicht anderst als für ihr Herz
und für ihr Glük eben so viel Gutes wür-
ken, als für die Bäume selber.

Junker. Gott geb' es!

Pfr. Was mir zu Sinn kommt, Junker
-- Sie müssen auch den Kindern, die zum
ersten Mal zum Tisch des Herrn kommen,
solche Bäume schenken.

Jkr. Das will ich gern.

Pfr. Das Projekt mit diesen Bäumen
macht mich 20. Jahr über mein Ziel hinaus
traumen, so sehr nimmt es mich ein.

Jkr. Nun, was traumen sie dann so
weit hinaus?

Pfr.
K

„Ach! Es iſt fuͤr den Armen nirgends
nichts eingerichtet, bis man ihn in Spitthal
nihmt,“ — ſagte der Junker, und erklaͤrte ſich
im gleichen Augenblik, nicht nur die Baͤu-
me auf dem Riedt zu vertheilen, und eigen-
thumlich zu machen, ſondern fuͤr alle ſeine
Leute in ſeinen Baumſchulen ſo viel junge
Baͤume zu ziehen, als ſie noͤthig haben. Er
ſezte hinzu: „Und ich will alles thun, da-
mit ihnen die Baͤume recht lieb werden, und
ſie bald Frucht davon haben; ich denke ich
wolle ihnen allemal bey ihren Hochzeiten u.
Tauffanlaͤßen welche ſchenken.“

Pfarrer. Ein ſolches Andenken an die
wichtigſten und freudigſten Umſtaͤnde ihres
Lebens kann nicht anderſt als fuͤr ihr Herz
und fuͤr ihr Gluͤk eben ſo viel Gutes wuͤr-
ken, als fuͤr die Baͤume ſelber.

Junker. Gott geb' es!

Pfr. Was mir zu Sinn kommt, Junker
— Sie muͤſſen auch den Kindern, die zum
erſten Mal zum Tiſch des Herrn kommen,
ſolche Baͤume ſchenken.

Jkr. Das will ich gern.

Pfr. Das Projekt mit dieſen Baͤumen
macht mich 20. Jahr uͤber mein Ziel hinaus
traumen, ſo ſehr nimmt es mich ein.

Jkr. Nun, was traumen ſie dann ſo
weit hinaus?

Pfr.
K
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[145/0163] „Ach! Es iſt fuͤr den Armen nirgends nichts eingerichtet, bis man ihn in Spitthal nihmt,“ — ſagte der Junker, und erklaͤrte ſich im gleichen Augenblik, nicht nur die Baͤu- me auf dem Riedt zu vertheilen, und eigen- thumlich zu machen, ſondern fuͤr alle ſeine Leute in ſeinen Baumſchulen ſo viel junge Baͤume zu ziehen, als ſie noͤthig haben. Er ſezte hinzu: „Und ich will alles thun, da- mit ihnen die Baͤume recht lieb werden, und ſie bald Frucht davon haben; ich denke ich wolle ihnen allemal bey ihren Hochzeiten u. Tauffanlaͤßen welche ſchenken.“ Pfarrer. Ein ſolches Andenken an die wichtigſten und freudigſten Umſtaͤnde ihres Lebens kann nicht anderſt als fuͤr ihr Herz und fuͤr ihr Gluͤk eben ſo viel Gutes wuͤr- ken, als fuͤr die Baͤume ſelber. Junker. Gott geb' es! Pfr. Was mir zu Sinn kommt, Junker — Sie muͤſſen auch den Kindern, die zum erſten Mal zum Tiſch des Herrn kommen, ſolche Baͤume ſchenken. Jkr. Das will ich gern. Pfr. Das Projekt mit dieſen Baͤumen macht mich 20. Jahr uͤber mein Ziel hinaus traumen, ſo ſehr nimmt es mich ein. Jkr. Nun, was traumen ſie dann ſo weit hinaus? Pfr. K

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Zitationshilfe: Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/163>, abgerufen am 21.11.2024.