Ueberhaupt zeigten die alten Nachtbuben in allem, daß sie Ehr im Leib hatten, und machten gar oft für ihre Freude Sachen, die ihr gutes Herz bewiesen, und ihnen die Liebe der Jungen und Alten, und das Wohlwollen der stillsten und frömmsten zu- zogen. Es war z. E. seit Menschengeden- ken ihr Brauch, wenn eine Wittwe Töch- ter hatte, die sie ehren wollten, so schnit- ten sie der Mutter des Nachts beym Mond- schein den grösten Aker, den sie hatte; dann am Morgen, wenn die Mutter mit den Töch- tern, die Sichel in der Hand, in ihren Aker kamen, und ihn geschnitten fanden, horch- ten die Knaben hinter den Zäunen, wen sie wohl riethen, daß den Aker geschnitten, und jauchzten dann Freude, wenn sie's er- riethen.
Aber seit Hummels Zeiten trieben die Nachtbuben immer nur schandbare Boshei- ten, und richteten Schaden an, wo sie hin- kamen, und verderbten allenthalben denen, die noch an den alten Sitten hiengen, ihre unschuldige Freuden.
Wenn der Mond izt untergegangen, und die guten Nachtschnitter mit ihrer Freuden- arbeit fertig waren, kamen die Bösewichter, zerstreuten das geschnittne Korn der Wittwe,
und
R
Ueberhaupt zeigten die alten Nachtbuben in allem, daß ſie Ehr im Leib hatten, und machten gar oft fuͤr ihre Freude Sachen, die ihr gutes Herz bewieſen, und ihnen die Liebe der Jungen und Alten, und das Wohlwollen der ſtillſten und froͤmmſten zu- zogen. Es war z. E. ſeit Menſchengeden- ken ihr Brauch, wenn eine Wittwe Toͤch- ter hatte, die ſie ehren wollten, ſo ſchnit- ten ſie der Mutter des Nachts beym Mond- ſchein den groͤſten Aker, den ſie hatte; dann am Morgen, wenn die Mutter mit den Toͤch- tern, die Sichel in der Hand, in ihren Aker kamen, und ihn geſchnitten fanden, horch- ten die Knaben hinter den Zaͤunen, wen ſie wohl riethen, daß den Aker geſchnitten, und jauchzten dann Freude, wenn ſie's er- riethen.
Aber ſeit Hummels Zeiten trieben die Nachtbuben immer nur ſchandbare Boshei- ten, und richteten Schaden an, wo ſie hin- kamen, und verderbten allenthalben denen, die noch an den alten Sitten hiengen, ihre unſchuldige Freuden.
Wenn der Mond izt untergegangen, und die guten Nachtſchnitter mit ihrer Freuden- arbeit fertig waren, kamen die Boͤſewichter, zerſtreuten das geſchnittne Korn der Wittwe,
und
R
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0275"n="257"/><p>Ueberhaupt zeigten die alten Nachtbuben<lb/>
in allem, daß ſie Ehr im Leib hatten, und<lb/>
machten gar oft fuͤr ihre Freude Sachen,<lb/>
die ihr gutes Herz bewieſen, und ihnen<lb/>
die Liebe der Jungen und Alten, und das<lb/>
Wohlwollen der ſtillſten und froͤmmſten zu-<lb/>
zogen. Es war z. E. ſeit Menſchengeden-<lb/>
ken ihr Brauch, wenn eine Wittwe Toͤch-<lb/>
ter hatte, die ſie ehren wollten, ſo ſchnit-<lb/>
ten ſie der Mutter des Nachts beym Mond-<lb/>ſchein den groͤſten Aker, den ſie hatte; dann<lb/>
am Morgen, wenn die Mutter mit den Toͤch-<lb/>
tern, die Sichel in der Hand, in ihren Aker<lb/>
kamen, und ihn geſchnitten fanden, horch-<lb/>
ten die Knaben hinter den Zaͤunen, wen ſie<lb/>
wohl riethen, daß den Aker geſchnitten,<lb/>
und jauchzten dann Freude, wenn ſie's er-<lb/>
riethen.</p><lb/><p>Aber ſeit Hummels Zeiten trieben die<lb/>
Nachtbuben immer nur ſchandbare Boshei-<lb/>
ten, und richteten Schaden an, wo ſie hin-<lb/>
kamen, und verderbten allenthalben denen,<lb/>
die noch an den alten Sitten hiengen, ihre<lb/>
unſchuldige Freuden.</p><lb/><p>Wenn der Mond izt untergegangen, und<lb/>
die guten Nachtſchnitter mit ihrer Freuden-<lb/>
arbeit fertig waren, kamen die Boͤſewichter,<lb/>
zerſtreuten das geſchnittne Korn der Wittwe,<lb/><fwplace="bottom"type="sig">R</fw><fwplace="bottom"type="catch">und</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[257/0275]
Ueberhaupt zeigten die alten Nachtbuben
in allem, daß ſie Ehr im Leib hatten, und
machten gar oft fuͤr ihre Freude Sachen,
die ihr gutes Herz bewieſen, und ihnen
die Liebe der Jungen und Alten, und das
Wohlwollen der ſtillſten und froͤmmſten zu-
zogen. Es war z. E. ſeit Menſchengeden-
ken ihr Brauch, wenn eine Wittwe Toͤch-
ter hatte, die ſie ehren wollten, ſo ſchnit-
ten ſie der Mutter des Nachts beym Mond-
ſchein den groͤſten Aker, den ſie hatte; dann
am Morgen, wenn die Mutter mit den Toͤch-
tern, die Sichel in der Hand, in ihren Aker
kamen, und ihn geſchnitten fanden, horch-
ten die Knaben hinter den Zaͤunen, wen ſie
wohl riethen, daß den Aker geſchnitten,
und jauchzten dann Freude, wenn ſie's er-
riethen.
Aber ſeit Hummels Zeiten trieben die
Nachtbuben immer nur ſchandbare Boshei-
ten, und richteten Schaden an, wo ſie hin-
kamen, und verderbten allenthalben denen,
die noch an den alten Sitten hiengen, ihre
unſchuldige Freuden.
Wenn der Mond izt untergegangen, und
die guten Nachtſchnitter mit ihrer Freuden-
arbeit fertig waren, kamen die Boͤſewichter,
zerſtreuten das geſchnittne Korn der Wittwe,
und
R
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/275>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.