war dem Junker schwehrer, denn er sahe mit jedem Wort mehr, wie alles Böse das da ist, durch ein tausendfaches Band, mit allem was im Dorfe schwebt und lebt, al- so zusammenhange, daß Er einzeln nichts fruchtbahres dagegen ausrichten könne. -- Es war ihm wie einem Menschen der auf einer Leiter steht, und fühlt daß der Grund und Boden unter ihm weicht -- es er- schütterte ihn, und darauf vertiefte er sich in Gedanken, daß er eine Weile nichts mehr hörte, was der Pfarrer sagte -- In die- sem Staunen entwikelte sich in ihm der Ge- danke, er müsse nothwendig die Umstände und Leuthe im Dorf näher kennen lehrnen; dänn werde es sich erst zeigen, was er an- fangen und wen er vielleicht doch noch, zum eint und anderen, was er auszurichten wün- sche, brauchen könne. Dieser Gedanke brachte ihn so zu sagen wieder zu sich selber, daß ihm vom übrigen Theil der Predigt kein Wort mehr entgieng.
So bald er dann heim kam, sagte er dem Pfarrer, wie es ihm in der Kirche ge- gangen; und dieser fiel im Augenblik auf den Baumwollen Meyer, und sagte, wann je ein Mensch im Dorf sey, der zu demje- nigen was er zur Absicht habe, Hand bie- ten werde und Hand bieten könne, so sey
war dem Junker ſchwehrer, denn er ſahe mit jedem Wort mehr, wie alles Boͤſe das da iſt, durch ein tauſendfaches Band, mit allem was im Dorfe ſchwebt und lebt, al- ſo zuſammenhange, daß Er einzeln nichts fruchtbahres dagegen ausrichten koͤnne. — Es war ihm wie einem Menſchen der auf einer Leiter ſteht, und fuͤhlt daß der Grund und Boden unter ihm weicht — es er- ſchuͤtterte ihn, und darauf vertiefte er ſich in Gedanken, daß er eine Weile nichts mehr hoͤrte, was der Pfarrer ſagte — In die- ſem Staunen entwikelte ſich in ihm der Ge- danke, er muͤſſe nothwendig die Umſtaͤnde und Leuthe im Dorf naͤher kennen lehrnen; daͤnn werde es ſich erſt zeigen, was er an- fangen und wen er vielleicht doch noch, zum eint und anderen, was er auszurichten wuͤn- ſche, brauchen koͤnne. Dieſer Gedanke brachte ihn ſo zu ſagen wieder zu ſich ſelber, daß ihm vom uͤbrigen Theil der Predigt kein Wort mehr entgieng.
So bald er dann heim kam, ſagte er dem Pfarrer, wie es ihm in der Kirche ge- gangen; und dieſer fiel im Augenblik auf den Baumwollen Meyer, und ſagte, wann je ein Menſch im Dorf ſey, der zu demje- nigen was er zur Abſicht habe, Hand bie- ten werde und Hand bieten koͤnne, ſo ſey
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0024"n="2"/>
war dem Junker ſchwehrer, denn er ſahe<lb/>
mit jedem Wort mehr, wie alles Boͤſe das<lb/>
da iſt, durch ein tauſendfaches Band, mit<lb/>
allem was im Dorfe ſchwebt und lebt, al-<lb/>ſo zuſammenhange, daß Er einzeln nichts<lb/>
fruchtbahres dagegen ausrichten koͤnne. —<lb/>
Es war ihm wie einem Menſchen der auf<lb/>
einer Leiter ſteht, und fuͤhlt daß der Grund<lb/>
und Boden unter ihm weicht — es er-<lb/>ſchuͤtterte ihn, und darauf vertiefte er ſich<lb/>
in Gedanken, daß er eine Weile nichts mehr<lb/>
hoͤrte, was der Pfarrer ſagte — In die-<lb/>ſem Staunen entwikelte ſich in ihm der Ge-<lb/>
danke, er muͤſſe nothwendig die Umſtaͤnde<lb/>
und Leuthe im Dorf naͤher kennen lehrnen;<lb/>
daͤnn werde es ſich erſt zeigen, was er an-<lb/>
fangen und wen er vielleicht doch noch, zum<lb/>
eint und anderen, was er auszurichten wuͤn-<lb/>ſche, brauchen koͤnne. Dieſer Gedanke brachte<lb/>
ihn ſo zu ſagen wieder zu ſich ſelber, daß<lb/>
ihm vom uͤbrigen Theil der Predigt kein<lb/>
Wort mehr entgieng.</p><lb/><p>So bald er dann heim kam, ſagte er<lb/>
dem Pfarrer, wie es ihm in der Kirche ge-<lb/>
gangen; und dieſer fiel im Augenblik auf<lb/>
den Baumwollen Meyer, und ſagte, wann<lb/>
je ein Menſch im Dorf ſey, der zu demje-<lb/>
nigen was er zur Abſicht habe, Hand bie-<lb/>
ten werde und Hand bieten koͤnne, ſo ſey<lb/></p></div></body></text></TEI>
[2/0024]
war dem Junker ſchwehrer, denn er ſahe
mit jedem Wort mehr, wie alles Boͤſe das
da iſt, durch ein tauſendfaches Band, mit
allem was im Dorfe ſchwebt und lebt, al-
ſo zuſammenhange, daß Er einzeln nichts
fruchtbahres dagegen ausrichten koͤnne. —
Es war ihm wie einem Menſchen der auf
einer Leiter ſteht, und fuͤhlt daß der Grund
und Boden unter ihm weicht — es er-
ſchuͤtterte ihn, und darauf vertiefte er ſich
in Gedanken, daß er eine Weile nichts mehr
hoͤrte, was der Pfarrer ſagte — In die-
ſem Staunen entwikelte ſich in ihm der Ge-
danke, er muͤſſe nothwendig die Umſtaͤnde
und Leuthe im Dorf naͤher kennen lehrnen;
daͤnn werde es ſich erſt zeigen, was er an-
fangen und wen er vielleicht doch noch, zum
eint und anderen, was er auszurichten wuͤn-
ſche, brauchen koͤnne. Dieſer Gedanke brachte
ihn ſo zu ſagen wieder zu ſich ſelber, daß
ihm vom uͤbrigen Theil der Predigt kein
Wort mehr entgieng.
So bald er dann heim kam, ſagte er
dem Pfarrer, wie es ihm in der Kirche ge-
gangen; und dieſer fiel im Augenblik auf
den Baumwollen Meyer, und ſagte, wann
je ein Menſch im Dorf ſey, der zu demje-
nigen was er zur Abſicht habe, Hand bie-
ten werde und Hand bieten koͤnne, ſo ſey
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/24>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.