es dieser Mann und seine Schwester, und erzählte ihm dann über das Essen soviel von diesen zwey sonderbahren Leuthen, daß der Junker vor Sehnsucht, sie näher zu kennen, seine Suppe nicht geschwind genug essen konnte; und sobald sie vom Tisch aufstuhn- den, mit dem Pfarrer zu ihm hingieng.
§. 2. Bauren-Ordnung und Menschensinn.
Er saß eben mit einem Kind auf der Schoos vor seiner Hausthüre, sahe da bey seinem Brunnen unter einem blustvollen Apfelbaum seinen Kindern zu, wie sie mit andern Kindern aus dem Dorf sich lustig mach- ten; aber dachte an nichts weniger als daß die Herren, die er die Kirchgaß hinabkom- men sahe, zu ihm wollten.
Erst da sie vor seiner Gartenthür stille stuhnden, und der Pfarrer die Hand gegen den Riegel zustrekte, kam ihm in Sinn, es könnte so kommen: da aber stellte er ge- schwind sein Kind ab, gieng mit seiner schnee- weissen Sonntagskappe in den Händen, den Herren entgegen; sie wollten bey ihm auf dem schönen Plaz vor dem Haus absizen -- er aber sagte, es sey doch am Wind,
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es dieſer Mann und ſeine Schweſter, und erzaͤhlte ihm dann uͤber das Eſſen ſoviel von dieſen zwey ſonderbahren Leuthen, daß der Junker vor Sehnſucht, ſie naͤher zu kennen, ſeine Suppe nicht geſchwind genug eſſen konnte; und ſobald ſie vom Tiſch aufſtuhn- den, mit dem Pfarrer zu ihm hingieng.
§. 2. Bauren-Ordnung und Menſchenſinn.
Er ſaß eben mit einem Kind auf der Schoos vor ſeiner Hausthuͤre, ſahe da bey ſeinem Brunnen unter einem bluſtvollen Apfelbaum ſeinen Kindern zu, wie ſie mit andern Kindern aus dem Dorf ſich luſtig mach- ten; aber dachte an nichts weniger als daß die Herren, die er die Kirchgaß hinabkom- men ſahe, zu ihm wollten.
Erſt da ſie vor ſeiner Gartenthuͤr ſtille ſtuhnden, und der Pfarrer die Hand gegen den Riegel zuſtrekte, kam ihm in Sinn, es koͤnnte ſo kommen: da aber ſtellte er ge- ſchwind ſein Kind ab, gieng mit ſeiner ſchnee- weiſſen Sonntagskappe in den Haͤnden, den Herren entgegen; ſie wollten bey ihm auf dem ſchoͤnen Plaz vor dem Haus abſizen — er aber ſagte, es ſey doch am Wind,
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es dieſer Mann und ſeine Schweſter, und
erzaͤhlte ihm dann uͤber das Eſſen ſoviel von
dieſen zwey ſonderbahren Leuthen, daß der
Junker vor Sehnſucht, ſie naͤher zu kennen,
ſeine Suppe nicht geſchwind genug eſſen
konnte; und ſobald ſie vom Tiſch aufſtuhn-
den, mit dem Pfarrer zu ihm hingieng.
§. 2.
Bauren-Ordnung und Menſchenſinn.
Er ſaß eben mit einem Kind auf der
Schoos vor ſeiner Hausthuͤre, ſahe da
bey ſeinem Brunnen unter einem bluſtvollen
Apfelbaum ſeinen Kindern zu, wie ſie mit
andern Kindern aus dem Dorf ſich luſtig mach-
ten; aber dachte an nichts weniger als daß
die Herren, die er die Kirchgaß hinabkom-
men ſahe, zu ihm wollten.
Erſt da ſie vor ſeiner Gartenthuͤr ſtille
ſtuhnden, und der Pfarrer die Hand gegen
den Riegel zuſtrekte, kam ihm in Sinn, es
koͤnnte ſo kommen: da aber ſtellte er ge-
ſchwind ſein Kind ab, gieng mit ſeiner ſchnee-
weiſſen Sonntagskappe in den Haͤnden, den
Herren entgegen; ſie wollten bey ihm auf
dem ſchoͤnen Plaz vor dem Haus abſizen
— er aber ſagte, es ſey doch am Wind,
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/25>, abgerufen am 23.11.2024.
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