überhaupt immer ihr Herz vor seinen Augen offen liegend zu halten.
§. 68. Wer Rechnungsgeist und Wahrheitssinn trennet, der trennet was Gott zusam- men gefügt.
So wie er für ihr Herz sorgte, sorgte er auch für ihren Kopf, und forderte, daß das so hinein müsse, heiter und klar seye, wie der stille Mond am Himmel.
Er sagte: nur das heißt lehren, was so hin- einkommt, was aber dunkel ist und blendet, und schwindeln macht, das sagte er, ist nicht lehren, und heißt nicht lehren, sonder Kopf verkehren.
Und er bog diesem Kopfverkehren bey sei- nen Kindern dardurch vor, daß er sie vor al- lem aus genau sehen und hören lehrte, und durch Arbeit und Fleiß die kaltblütige Auf- merksamkeit übte, und zugleich den geraden Na- tursinn, der in jedem Menschen liegt, in ihnen stärkte; hauptsächlich machte er sie in dieser Absicht viel rechnen. Er brachte es auch darmit innert Jahr und Tagen dahin, daß sie vor langer Zeit gähnten, wenn jemand vor ihnen von den sieben Sachen, womit das Hartknop-
U
uͤberhaupt immer ihr Herz vor ſeinen Augen offen liegend zu halten.
§. 68. Wer Rechnungsgeiſt und Wahrheitsſinn trennet, der trennet was Gott zuſam- men gefuͤgt.
So wie er fuͤr ihr Herz ſorgte, ſorgte er auch fuͤr ihren Kopf, und forderte, daß das ſo hinein muͤſſe, heiter und klar ſeye, wie der ſtille Mond am Himmel.
Er ſagte: nur das heißt lehren, was ſo hin- einkommt, was aber dunkel iſt und blendet, und ſchwindeln macht, das ſagte er, iſt nicht lehren, und heißt nicht lehren, ſonder Kopf verkehren.
Und er bog dieſem Kopfverkehren bey ſei- nen Kindern dardurch vor, daß er ſie vor al- lem aus genau ſehen und hoͤren lehrte, und durch Arbeit und Fleiß die kaltbluͤtige Auf- merkſamkeit uͤbte, und zugleich den geraden Na- turſinn, der in jedem Menſchen liegt, in ihnen ſtaͤrkte; hauptſaͤchlich machte er ſie in dieſer Abſicht viel rechnen. Er brachte es auch darmit innert Jahr und Tagen dahin, daß ſie vor langer Zeit gaͤhnten, wenn jemand vor ihnen von den ſieben Sachen, womit das Hartknop-
U
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0327"n="305"/>
uͤberhaupt immer ihr Herz vor ſeinen Augen<lb/>
offen liegend zu halten.</p></div><lb/><divn="1"><head>§. 68.<lb/>
Wer Rechnungsgeiſt und Wahrheitsſinn<lb/>
trennet, der trennet was Gott zuſam-<lb/>
men gefuͤgt.</head><lb/><p><hirendition="#in">S</hi>o wie er fuͤr ihr Herz ſorgte, ſorgte er<lb/>
auch fuͤr ihren Kopf, und forderte, daß<lb/>
das ſo hinein muͤſſe, heiter und klar ſeye, wie<lb/>
der ſtille Mond am Himmel.</p><lb/><p>Er ſagte: nur das heißt lehren, was ſo hin-<lb/>
einkommt, was aber dunkel iſt und blendet,<lb/>
und ſchwindeln macht, das ſagte er, iſt nicht<lb/>
lehren, und heißt nicht lehren, ſonder Kopf<lb/>
verkehren.</p><lb/><p>Und er bog dieſem Kopfverkehren bey ſei-<lb/>
nen Kindern dardurch vor, daß er ſie vor al-<lb/>
lem aus genau ſehen und hoͤren lehrte, und<lb/>
durch Arbeit und Fleiß die kaltbluͤtige Auf-<lb/>
merkſamkeit uͤbte, und zugleich den geraden Na-<lb/>
turſinn, der in jedem Menſchen liegt, in ihnen<lb/>ſtaͤrkte; hauptſaͤchlich machte er ſie in dieſer<lb/>
Abſicht viel rechnen. Er brachte es auch darmit<lb/>
innert Jahr und Tagen dahin, daß ſie vor<lb/>
langer Zeit gaͤhnten, wenn jemand vor ihnen<lb/>
von den ſieben Sachen, womit das Hartknop-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">U</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[305/0327]
uͤberhaupt immer ihr Herz vor ſeinen Augen
offen liegend zu halten.
§. 68.
Wer Rechnungsgeiſt und Wahrheitsſinn
trennet, der trennet was Gott zuſam-
men gefuͤgt.
So wie er fuͤr ihr Herz ſorgte, ſorgte er
auch fuͤr ihren Kopf, und forderte, daß
das ſo hinein muͤſſe, heiter und klar ſeye, wie
der ſtille Mond am Himmel.
Er ſagte: nur das heißt lehren, was ſo hin-
einkommt, was aber dunkel iſt und blendet,
und ſchwindeln macht, das ſagte er, iſt nicht
lehren, und heißt nicht lehren, ſonder Kopf
verkehren.
Und er bog dieſem Kopfverkehren bey ſei-
nen Kindern dardurch vor, daß er ſie vor al-
lem aus genau ſehen und hoͤren lehrte, und
durch Arbeit und Fleiß die kaltbluͤtige Auf-
merkſamkeit uͤbte, und zugleich den geraden Na-
turſinn, der in jedem Menſchen liegt, in ihnen
ſtaͤrkte; hauptſaͤchlich machte er ſie in dieſer
Abſicht viel rechnen. Er brachte es auch darmit
innert Jahr und Tagen dahin, daß ſie vor
langer Zeit gaͤhnten, wenn jemand vor ihnen
von den ſieben Sachen, womit das Hartknop-
U
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/327>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.