hätte, so solle man in der ganzen Christenlehr die Frage zeigen, welche man denn nicht ver- kleiben müßte.
Doch redte er nur so, wenn er allein war.
Denn er war nicht von der alten Art der muthvollen ehrlichen Phantasten, die Leib, Ehr, und Blut, von Brod will ich nur nicht reden, an das sezten, was sie für Gottes Sach an- sahen, sondern vielmehr von der Art der neuen Muthleeren und ängstlichen Zuker- und Caffee- Phantasten, die ihrem Leib und Blut, und auch ihrem Brod nothwendig so viel Sorgfalt, auch noch mehr als die Nichtphantasten, an- gedeyen lassen müssen; weil sie mehrentheils wie der Schulmeister von Jugend auf verderbt, schwächlicher Natur sind, und also zu reden Leibs halber nicht ehrlich seyn können, oder wenn das zu viel gesagt ist, doch sicher Leibes halber grosse Schwierigkeiten haben, auf die Art ehrlich und muthvoll zu seyn, wie sie leh- ren, daß man gegen Gott und Menschen es seyn sollte.
Er redte also nur, wo er allein war, und wo er trauen dörfte, also, und trug alle Sorg, daß der Junker es nicht etwann erfahre, und ihm dafür das Fronfasten-Geld nehme, wel- ches er ihm gelassen, wenn er den Schulmei- sterdienst schon nicht mehr versehen müßte.
Aber es that ihm so weh, daß er sein Herz
so
haͤtte, ſo ſolle man in der ganzen Chriſtenlehr die Frage zeigen, welche man denn nicht ver- kleiben muͤßte.
Doch redte er nur ſo, wenn er allein war.
Denn er war nicht von der alten Art der muthvollen ehrlichen Phantaſten, die Leib, Ehr, und Blut, von Brod will ich nur nicht reden, an das ſezten, was ſie fuͤr Gottes Sach an- ſahen, ſondern vielmehr von der Art der neuen Muthleeren und aͤngſtlichen Zuker- und Caffee- Phantaſten, die ihrem Leib und Blut, und auch ihrem Brod nothwendig ſo viel Sorgfalt, auch noch mehr als die Nichtphantaſten, an- gedeyen laſſen muͤſſen; weil ſie mehrentheils wie der Schulmeiſter von Jugend auf verderbt, ſchwaͤchlicher Natur ſind, und alſo zu reden Leibs halber nicht ehrlich ſeyn koͤnnen, oder wenn das zu viel geſagt iſt, doch ſicher Leibes halber groſſe Schwierigkeiten haben, auf die Art ehrlich und muthvoll zu ſeyn, wie ſie leh- ren, daß man gegen Gott und Menſchen es ſeyn ſollte.
Er redte alſo nur, wo er allein war, und wo er trauen doͤrfte, alſo, und trug alle Sorg, daß der Junker es nicht etwann erfahre, und ihm dafuͤr das Fronfaſten-Geld nehme, wel- ches er ihm gelaſſen, wenn er den Schulmei- ſterdienſt ſchon nicht mehr verſehen muͤßte.
Aber es that ihm ſo weh, daß er ſein Herz
ſo
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haͤtte, ſo ſolle man in der ganzen Chriſtenlehr
die Frage zeigen, welche man denn nicht ver-
kleiben muͤßte.
Doch redte er nur ſo, wenn er allein war.
Denn er war nicht von der alten Art der
muthvollen ehrlichen Phantaſten, die Leib, Ehr,
und Blut, von Brod will ich nur nicht reden,
an das ſezten, was ſie fuͤr Gottes Sach an-
ſahen, ſondern vielmehr von der Art der neuen
Muthleeren und aͤngſtlichen Zuker- und Caffee-
Phantaſten, die ihrem Leib und Blut, und
auch ihrem Brod nothwendig ſo viel Sorgfalt,
auch noch mehr als die Nichtphantaſten, an-
gedeyen laſſen muͤſſen; weil ſie mehrentheils
wie der Schulmeiſter von Jugend auf verderbt,
ſchwaͤchlicher Natur ſind, und alſo zu reden
Leibs halber nicht ehrlich ſeyn koͤnnen, oder
wenn das zu viel geſagt iſt, doch ſicher Leibes
halber groſſe Schwierigkeiten haben, auf die
Art ehrlich und muthvoll zu ſeyn, wie ſie leh-
ren, daß man gegen Gott und Menſchen es
ſeyn ſollte.
Er redte alſo nur, wo er allein war, und
wo er trauen doͤrfte, alſo, und trug alle Sorg,
daß der Junker es nicht etwann erfahre, und
ihm dafuͤr das Fronfaſten-Geld nehme, wel-
ches er ihm gelaſſen, wenn er den Schulmei-
ſterdienſt ſchon nicht mehr verſehen muͤßte.
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/342>, abgerufen am 24.11.2024.
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