oder jenes daraus, daraus ich sehen können, daß es ein schlechter Herr war: und auch in denen 2 Jahren, da ich gedienet, hab ich er- fahren was aus dem Menschen wird, wenn er mit dem Maul zu viel kann.
Es ist kein untreuerer Hund unter den Truppen, als mein Obrist war; er gab mir auch wie ein Gaudieb den Abscheid; sein Hun- dengeiz machte, daß das Regiment alle Monath Noth litt; aber wenn's bis auf den lezten Mann zu Grund gegangen wär, so hätte er sich immer heraus liegen können. -- Es ist in allen vier Welttheilen nichts Gutes, von dem er nicht redte; aber wenn der Teufel selbst neben ihm zu gestanden wär, so hätte er nicht zu zörnen gehabt von allem was er darüber sagte: denn er redte nur. -- Und es ist in allen vier Welttheilen kein Punkt Gutes, das er nur mit einem Wort befordert hätte; und doch war bis auf den Profosen herunter Nie- mand, dem er nicht an den Fingern her er- zählte, was und wie viel er in seinem Fach und an seinem Plaz besser einrichten können; und wenn's an's Mezgen gieng, konnte er vor der Fronte reden wie ein Engel, und den armen Tropfen, denen oft der Bauch vor Hun- ger klirrte, so laut, daß es durch Berg und Thal ertönte, zurufen: G'hinder, es ist für eueren G'hönig und für euer H'atterland -- 'altet euch wohl! --
oder jenes daraus, daraus ich ſehen koͤnnen, daß es ein ſchlechter Herr war: und auch in denen 2 Jahren, da ich gedienet, hab ich er- fahren was aus dem Menſchen wird, wenn er mit dem Maul zu viel kann.
Es iſt kein untreuerer Hund unter den Truppen, als mein Obriſt war; er gab mir auch wie ein Gaudieb den Abſcheid; ſein Hun- dengeiz machte, daß das Regiment alle Monath Noth litt; aber wenn’s bis auf den lezten Mann zu Grund gegangen waͤr, ſo haͤtte er ſich immer heraus liegen koͤnnen. — Es iſt in allen vier Welttheilen nichts Gutes, von dem er nicht redte; aber wenn der Teufel ſelbſt neben ihm zu geſtanden waͤr, ſo haͤtte er nicht zu zoͤrnen gehabt von allem was er daruͤber ſagte: denn er redte nur. — Und es iſt in allen vier Welttheilen kein Punkt Gutes, das er nur mit einem Wort befordert haͤtte; und doch war bis auf den Profoſen herunter Nie- mand, dem er nicht an den Fingern her er- zaͤhlte, was und wie viel er in ſeinem Fach und an ſeinem Plaz beſſer einrichten koͤnnen; und wenn’s an’s Mezgen gieng, konnte er vor der Fronte reden wie ein Engel, und den armen Tropfen, denen oft der Bauch vor Hun- ger klirrte, ſo laut, daß es durch Berg und Thal ertoͤnte, zurufen: G’hinder, es iſt fuͤr eueren G’hoͤnig und fuͤr euer H’atterland — ’altet euch wohl! —
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oder jenes daraus, daraus ich ſehen koͤnnen,
daß es ein ſchlechter Herr war: und auch in
denen 2 Jahren, da ich gedienet, hab ich er-
fahren was aus dem Menſchen wird, wenn
er mit dem Maul zu viel kann.
Es iſt kein untreuerer Hund unter den
Truppen, als mein Obriſt war; er gab mir
auch wie ein Gaudieb den Abſcheid; ſein Hun-
dengeiz machte, daß das Regiment alle Monath
Noth litt; aber wenn’s bis auf den lezten
Mann zu Grund gegangen waͤr, ſo haͤtte er
ſich immer heraus liegen koͤnnen. — Es iſt
in allen vier Welttheilen nichts Gutes, von
dem er nicht redte; aber wenn der Teufel ſelbſt
neben ihm zu geſtanden waͤr, ſo haͤtte er nicht
zu zoͤrnen gehabt von allem was er daruͤber
ſagte: denn er redte nur. — Und es iſt in
allen vier Welttheilen kein Punkt Gutes, das
er nur mit einem Wort befordert haͤtte; und
doch war bis auf den Profoſen herunter Nie-
mand, dem er nicht an den Fingern her er-
zaͤhlte, was und wie viel er in ſeinem Fach
und an ſeinem Plaz beſſer einrichten koͤnnen;
und wenn’s an’s Mezgen gieng, konnte er
vor der Fronte reden wie ein Engel, und den
armen Tropfen, denen oft der Bauch vor Hun-
ger klirrte, ſo laut, daß es durch Berg und
Thal ertoͤnte, zurufen: G’hinder, es iſt fuͤr
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/99>, abgerufen am 27.11.2024.
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