Winden schüzt, vor der Kälte deckt, vor Tröckne und Nässe sicher stellt, ihren Boden fett und rein hält, und jedes Unkraut frühe daraus reißt. Auch ließ er sie nicht ins Wilde aufschießen, und keinen Menschen über Nichts ins Blinde hinein Meister, nicht einmal über seine Gesundheit -- die Aufseher mußten ihm genaue Rechenschaft geben, ob die Haushaltungen in ihren Gassen, und die einzelnen Personen derselben gesund seyen, oder nicht. Der Dorfrath, nebst den Aufsehern, hatten zu untersu- chen, woher der Mangel der Gesundheit, der sich so wohl bey ganzen Haushaltungen als einzelnen Personen zeigte, entspringe, und wie ihm abzuhel- fen seyn möchte?
Er wußte aber auch, daß der Mensch nichts gern umsonst thue, und er hingegen so gern um allerley Lohn arbeitet; er hatte desnahen einen Jahr- tag, und nannte denselben den Tag der Besten, an welchem er die Dorfräthe und Aufseher, die in diesem Jahr eine auf irgend eine Art zerrüttete Haushaltung wieder in Ordnung gebracht, auf ein Mittagessen zu sich ins Schloß kommen ließ, und einem jeden derselben eine ehrenvolle, aber nicht kostbare Belohnung gab, die ihnen Therese aus- theilte; aber vorher mußte ein jeder auch erzählen, wie er das gemacht, und wie er in dieser Haushal- tung einem jeden, vom Hausvater an bis zum kleinsten Kind, habe zu Leib kommen, und sie da-
R 2
Winden ſchuͤzt, vor der Kaͤlte deckt, vor Troͤckne und Naͤſſe ſicher ſtellt, ihren Boden fett und rein haͤlt, und jedes Unkraut fruͤhe daraus reißt. Auch ließ er ſie nicht ins Wilde aufſchießen, und keinen Menſchen uͤber Nichts ins Blinde hinein Meiſter, nicht einmal uͤber ſeine Geſundheit — die Aufſeher mußten ihm genaue Rechenſchaft geben, ob die Haushaltungen in ihren Gaſſen, und die einzelnen Perſonen derſelben geſund ſeyen, oder nicht. Der Dorfrath, nebſt den Aufſehern, hatten zu unterſu- chen, woher der Mangel der Geſundheit, der ſich ſo wohl bey ganzen Haushaltungen als einzelnen Perſonen zeigte, entſpringe, und wie ihm abzuhel- fen ſeyn moͤchte?
Er wußte aber auch, daß der Menſch nichts gern umſonſt thue, und er hingegen ſo gern um allerley Lohn arbeitet; er hatte desnahen einen Jahr- tag, und nannte denſelben den Tag der Beſten, an welchem er die Dorfraͤthe und Aufſeher, die in dieſem Jahr eine auf irgend eine Art zerruͤttete Haushaltung wieder in Ordnung gebracht, auf ein Mittageſſen zu ſich ins Schloß kommen ließ, und einem jeden derſelben eine ehrenvolle, aber nicht koſtbare Belohnung gab, die ihnen Thereſe aus- theilte; aber vorher mußte ein jeder auch erzaͤhlen, wie er das gemacht, und wie er in dieſer Haushal- tung einem jeden, vom Hausvater an bis zum kleinſten Kind, habe zu Leib kommen, und ſie da-
R 2
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0279"n="261"/>
Winden ſchuͤzt, vor der Kaͤlte deckt, vor Troͤckne<lb/>
und Naͤſſe ſicher ſtellt, ihren Boden fett und rein<lb/>
haͤlt, und jedes Unkraut fruͤhe daraus reißt. Auch<lb/>
ließ er ſie nicht ins Wilde aufſchießen, und keinen<lb/>
Menſchen uͤber Nichts ins Blinde hinein Meiſter,<lb/>
nicht einmal uͤber ſeine Geſundheit — die Aufſeher<lb/>
mußten ihm genaue Rechenſchaft geben, ob die<lb/>
Haushaltungen in ihren Gaſſen, und die einzelnen<lb/>
Perſonen derſelben geſund ſeyen, oder nicht. Der<lb/>
Dorfrath, nebſt den Aufſehern, hatten zu unterſu-<lb/>
chen, woher der Mangel der Geſundheit, der ſich<lb/>ſo wohl bey ganzen Haushaltungen als einzelnen<lb/>
Perſonen zeigte, entſpringe, und wie ihm abzuhel-<lb/>
fen ſeyn moͤchte?</p><lb/><p>Er wußte aber auch, daß der Menſch nichts<lb/>
gern umſonſt thue, und er hingegen ſo gern um<lb/>
allerley Lohn arbeitet; er hatte desnahen einen Jahr-<lb/>
tag, und nannte denſelben den Tag <hirendition="#g">der Beſten</hi>,<lb/>
an welchem er die Dorfraͤthe und Aufſeher, die in<lb/>
dieſem Jahr eine auf irgend eine Art zerruͤttete<lb/>
Haushaltung wieder in Ordnung gebracht, auf ein<lb/>
Mittageſſen zu ſich ins Schloß kommen ließ, und<lb/>
einem jeden derſelben eine ehrenvolle, aber nicht<lb/>
koſtbare Belohnung gab, die ihnen Thereſe aus-<lb/>
theilte; aber vorher mußte ein jeder auch erzaͤhlen,<lb/>
wie er das gemacht, und wie er in dieſer Haushal-<lb/>
tung einem jeden, vom Hausvater an bis zum<lb/>
kleinſten Kind, habe zu Leib kommen, und ſie da-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">R 2</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[261/0279]
Winden ſchuͤzt, vor der Kaͤlte deckt, vor Troͤckne
und Naͤſſe ſicher ſtellt, ihren Boden fett und rein
haͤlt, und jedes Unkraut fruͤhe daraus reißt. Auch
ließ er ſie nicht ins Wilde aufſchießen, und keinen
Menſchen uͤber Nichts ins Blinde hinein Meiſter,
nicht einmal uͤber ſeine Geſundheit — die Aufſeher
mußten ihm genaue Rechenſchaft geben, ob die
Haushaltungen in ihren Gaſſen, und die einzelnen
Perſonen derſelben geſund ſeyen, oder nicht. Der
Dorfrath, nebſt den Aufſehern, hatten zu unterſu-
chen, woher der Mangel der Geſundheit, der ſich
ſo wohl bey ganzen Haushaltungen als einzelnen
Perſonen zeigte, entſpringe, und wie ihm abzuhel-
fen ſeyn moͤchte?
Er wußte aber auch, daß der Menſch nichts
gern umſonſt thue, und er hingegen ſo gern um
allerley Lohn arbeitet; er hatte desnahen einen Jahr-
tag, und nannte denſelben den Tag der Beſten,
an welchem er die Dorfraͤthe und Aufſeher, die in
dieſem Jahr eine auf irgend eine Art zerruͤttete
Haushaltung wieder in Ordnung gebracht, auf ein
Mittageſſen zu ſich ins Schloß kommen ließ, und
einem jeden derſelben eine ehrenvolle, aber nicht
koſtbare Belohnung gab, die ihnen Thereſe aus-
theilte; aber vorher mußte ein jeder auch erzaͤhlen,
wie er das gemacht, und wie er in dieſer Haushal-
tung einem jeden, vom Hausvater an bis zum
kleinſten Kind, habe zu Leib kommen, und ſie da-
R 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/279>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.