An einem solchen Tage erkannten die jungen Leute die alte Bauerntracht wieder zu ihrer Hoffarts- tracht zu machen.
Ein andermal erkannten sie, den Witwen im Dorf in der Erndte ihre Aecker zu schneiden.
Wieder ein andermal ihren Großvätern, und jedem grauen Mann, und jeder grauen Frau, meh- rere Kennzeichen der Ehrerbietung zu geben, als bisher die Uebung war, und sie niemals mehr in der Kirche beym Herausgehen so ins Gedräng kom- men zu lassen, sondern alle mit einander, wie eine Mauer, still stehen zu bleiben, b[i]s die schwanken- den Greise, und die zitternde Großmütter, außert der Thüre heraus seyen.
Es ist nicht zu sagen, wie sehr das die Alten gefreuet hat.
Eben so bog er ihren Hang zur Ruhe ins Joch der gleichen Ordnung; reizte von allen Seiten den Fleiß; trat der Trägheit mit aller Kraft seines Fußtritts auf den Nacken. Die Freuden der Ruhe wurden durch seine Gesezgebung Lohn der Arbeit, Folgen der Ordnung, und Genuß von Erholung nach mühsam angestrengten Kräften. Das Kind fand sie nicht, bis es sein Tagwerk vollendet; und Männer und Weiber, die das Werk ihres Lebens in irgend einem Stück nachläßig thaten, verfolgte
das
An einem ſolchen Tage erkannten die jungen Leute die alte Bauerntracht wieder zu ihrer Hoffarts- tracht zu machen.
Ein andermal erkannten ſie, den Witwen im Dorf in der Erndte ihre Aecker zu ſchneiden.
Wieder ein andermal ihren Großvaͤtern, und jedem grauen Mann, und jeder grauen Frau, meh- rere Kennzeichen der Ehrerbietung zu geben, als bisher die Uebung war, und ſie niemals mehr in der Kirche beym Herausgehen ſo ins Gedraͤng kom- men zu laſſen, ſondern alle mit einander, wie eine Mauer, ſtill ſtehen zu bleiben, b[i]s die ſchwanken- den Greiſe, und die zitternde Großmuͤtter, außert der Thuͤre heraus ſeyen.
Es iſt nicht zu ſagen, wie ſehr das die Alten gefreuet hat.
Eben ſo bog er ihren Hang zur Ruhe ins Joch der gleichen Ordnung; reizte von allen Seiten den Fleiß; trat der Traͤgheit mit aller Kraft ſeines Fußtritts auf den Nacken. Die Freuden der Ruhe wurden durch ſeine Geſezgebung Lohn der Arbeit, Folgen der Ordnung, und Genuß von Erholung nach muͤhſam angeſtrengten Kraͤften. Das Kind fand ſie nicht, bis es ſein Tagwerk vollendet; und Maͤnner und Weiber, die das Werk ihres Lebens in irgend einem Stuͤck nachlaͤßig thaten, verfolgte
das
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0338"n="320"/><p>An einem ſolchen Tage erkannten die jungen<lb/>
Leute die alte Bauerntracht wieder zu ihrer Hoffarts-<lb/>
tracht zu machen.</p><lb/><p>Ein andermal erkannten ſie, den Witwen im<lb/>
Dorf in der Erndte ihre Aecker zu ſchneiden.</p><lb/><p>Wieder ein andermal ihren Großvaͤtern, und<lb/>
jedem grauen Mann, und jeder grauen Frau, meh-<lb/>
rere Kennzeichen der Ehrerbietung zu geben, als<lb/>
bisher die Uebung war, und ſie niemals mehr in<lb/>
der Kirche beym Herausgehen ſo ins Gedraͤng kom-<lb/>
men zu laſſen, ſondern alle mit einander, wie eine<lb/>
Mauer, ſtill ſtehen zu bleiben, b<supplied>i</supplied>s die ſchwanken-<lb/>
den Greiſe, und die zitternde Großmuͤtter, außert<lb/>
der Thuͤre heraus ſeyen.</p><lb/><p>Es iſt nicht zu ſagen, wie ſehr das die Alten<lb/>
gefreuet hat.</p><lb/><p>Eben ſo bog er ihren Hang zur Ruhe ins<lb/>
Joch der gleichen Ordnung; reizte von allen Seiten<lb/>
den Fleiß; trat der Traͤgheit mit aller Kraft ſeines<lb/>
Fußtritts auf den Nacken. Die Freuden der Ruhe<lb/>
wurden durch ſeine Geſezgebung Lohn der Arbeit,<lb/>
Folgen der Ordnung, und Genuß von Erholung<lb/>
nach muͤhſam angeſtrengten Kraͤften. Das Kind<lb/>
fand ſie nicht, bis es ſein Tagwerk vollendet; und<lb/>
Maͤnner und Weiber, die das Werk ihres Lebens<lb/>
in irgend einem Stuͤck nachlaͤßig thaten, verfolgte<lb/><fwplace="bottom"type="catch">das</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[320/0338]
An einem ſolchen Tage erkannten die jungen
Leute die alte Bauerntracht wieder zu ihrer Hoffarts-
tracht zu machen.
Ein andermal erkannten ſie, den Witwen im
Dorf in der Erndte ihre Aecker zu ſchneiden.
Wieder ein andermal ihren Großvaͤtern, und
jedem grauen Mann, und jeder grauen Frau, meh-
rere Kennzeichen der Ehrerbietung zu geben, als
bisher die Uebung war, und ſie niemals mehr in
der Kirche beym Herausgehen ſo ins Gedraͤng kom-
men zu laſſen, ſondern alle mit einander, wie eine
Mauer, ſtill ſtehen zu bleiben, bis die ſchwanken-
den Greiſe, und die zitternde Großmuͤtter, außert
der Thuͤre heraus ſeyen.
Es iſt nicht zu ſagen, wie ſehr das die Alten
gefreuet hat.
Eben ſo bog er ihren Hang zur Ruhe ins
Joch der gleichen Ordnung; reizte von allen Seiten
den Fleiß; trat der Traͤgheit mit aller Kraft ſeines
Fußtritts auf den Nacken. Die Freuden der Ruhe
wurden durch ſeine Geſezgebung Lohn der Arbeit,
Folgen der Ordnung, und Genuß von Erholung
nach muͤhſam angeſtrengten Kraͤften. Das Kind
fand ſie nicht, bis es ſein Tagwerk vollendet; und
Maͤnner und Weiber, die das Werk ihres Lebens
in irgend einem Stuͤck nachlaͤßig thaten, verfolgte
das
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/338>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.