be freylich einen Vogt abgesezt, der ein Schelm ge- wesen, aber dafür einen gemacht, der ein Narr sey, und im Grund habe es das Dorf nicht besser, es gehe unter Narren immer noch schlimmer als unter Schelmen, und man thue izt im Geheim, was man zuvor öffentlich gethan. -- Und dann --
Der Pfarrer achte den Gottesdienst nichts, predige wann er wolle, und wann er nicht wolle, so lasse er es bleiben, und wann es ihn ankomme, so laufe er mit seinen Leuten wie mit einer Heer- de Schaafe zur Kirche hinaus, und im Dorf herum.
Vom Teufel sey keine Rede mehr und über die Gespenster treiben sie ihr Muthwillen so weit, daß sie es nicht achten, wenn schon das halbe Dorf dabey könnte unglücklich werden. Sein Kut- scher habe vor wenig Wochen beynahe den halben Kirchgang im Eybach ersäuft, er habe zu Nacht um 12 Uhr, da die guten Leute auch mit einem Glas voll Wein im Kopf vom Markt heimgekom- men, mit seinen großen Kutschenlichtern aus Muth- wille mitten in der Straße still gehalten, und die armen Leute erschreckt, daß alle miteinander in den Bach gefallen, und wenn er groß gewesen wäre, wie er zu Zeiten sey, gewiß ihrer etliche hätten er- trinken können.
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be freylich einen Vogt abgeſezt, der ein Schelm ge- weſen, aber dafuͤr einen gemacht, der ein Narr ſey, und im Grund habe es das Dorf nicht beſſer, es gehe unter Narren immer noch ſchlimmer als unter Schelmen, und man thue izt im Geheim, was man zuvor oͤffentlich gethan. — Und dann —
Der Pfarrer achte den Gottesdienſt nichts, predige wann er wolle, und wann er nicht wolle, ſo laſſe er es bleiben, und wann es ihn ankomme, ſo laufe er mit ſeinen Leuten wie mit einer Heer- de Schaafe zur Kirche hinaus, und im Dorf herum.
Vom Teufel ſey keine Rede mehr und uͤber die Geſpenſter treiben ſie ihr Muthwillen ſo weit, daß ſie es nicht achten, wenn ſchon das halbe Dorf dabey koͤnnte ungluͤcklich werden. Sein Kut- ſcher habe vor wenig Wochen beynahe den halben Kirchgang im Eybach erſaͤuft, er habe zu Nacht um 12 Uhr, da die guten Leute auch mit einem Glas voll Wein im Kopf vom Markt heimgekom- men, mit ſeinen großen Kutſchenlichtern aus Muth- wille mitten in der Straße ſtill gehalten, und die armen Leute erſchreckt, daß alle miteinander in den Bach gefallen, und wenn er groß geweſen waͤre, wie er zu Zeiten ſey, gewiß ihrer etliche haͤtten er- trinken koͤnnen.
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be freylich einen Vogt abgeſezt, der ein Schelm ge-
weſen, aber dafuͤr einen gemacht, der ein Narr
ſey, und im Grund habe es das Dorf nicht beſſer,
es gehe unter Narren immer noch ſchlimmer als
unter Schelmen, und man thue izt im Geheim,
was man zuvor oͤffentlich gethan. — Und dann —
Der Pfarrer achte den Gottesdienſt nichts,
predige wann er wolle, und wann er nicht wolle,
ſo laſſe er es bleiben, und wann es ihn ankomme,
ſo laufe er mit ſeinen Leuten wie mit einer Heer-
de Schaafe zur Kirche hinaus, und im Dorf herum.
Vom Teufel ſey keine Rede mehr und uͤber
die Geſpenſter treiben ſie ihr Muthwillen ſo weit,
daß ſie es nicht achten, wenn ſchon das halbe
Dorf dabey koͤnnte ungluͤcklich werden. Sein Kut-
ſcher habe vor wenig Wochen beynahe den halben
Kirchgang im Eybach erſaͤuft, er habe zu Nacht
um 12 Uhr, da die guten Leute auch mit einem
Glas voll Wein im Kopf vom Markt heimgekom-
men, mit ſeinen großen Kutſchenlichtern aus Muth-
wille mitten in der Straße ſtill gehalten, und die
armen Leute erſchreckt, daß alle miteinander in den
Bach gefallen, und wenn er groß geweſen waͤre,
wie er zu Zeiten ſey, gewiß ihrer etliche haͤtten er-
trinken koͤnnen.
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/41>, abgerufen am 23.11.2024.
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