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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787.

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theilen angemessen; und einzelne ökonomische, phy-
sikalische und moralische Wahrheiten, ohne sie auf
das Fundament einer solchen Bildung zu gründen,
und alle Versuche, die mit Vorbeygang eines festen
Einflusses auf das Ganze seiner Stimmung, aller-
ley Kunst und Wissenschaften in das Volk werfen
wollen, seyen Schlösser in die Luft, und Arbeit in
den Wind.

Ist einer im Stand das Volk ordentlich, an-
stellig, bedächtlich und thätig zu machen, so muß
er es weder eggen noch pflügen lehren, kann er aber
das nicht, so arbeitet er umsonst es eggen und pflü-
gen zu lehren; es ist umsonst daß er zum Schwein
sage, es solle nicht im Koth wühlen, und zum
Bauer, der in seiner innersten Bildung für Ord-
nung und Thätigkeit zurück ist, er soll auf Physik
und Arzneykunst gegründete Regeln der Selbster-
haltung und des Feldbaues anwenden.

Er sagte fort, ich verstehe von allem Bauern-
wesen im Detail gar nichts *); aber meine Kinder



*) Anmerkung. Das ist bestimmt der Fall
des Verfassers, und der Geist des Buchs,
es enthältet kein einziges Recept für irgend
einigen Detail-Umstand von den Millionen
einzelnen Bedürfnissen des Volks, dennoch soll
es den Bauern in diesen einzelnen Bedürf-
nissen dienen können, und indem es auf die
Richtung ihres Kopfs und ihres Herzens

theilen angemeſſen; und einzelne oͤkonomiſche, phy-
ſikaliſche und moraliſche Wahrheiten, ohne ſie auf
das Fundament einer ſolchen Bildung zu gruͤnden,
und alle Verſuche, die mit Vorbeygang eines feſten
Einfluſſes auf das Ganze ſeiner Stimmung, aller-
ley Kunſt und Wiſſenſchaften in das Volk werfen
wollen, ſeyen Schloͤſſer in die Luft, und Arbeit in
den Wind.

Iſt einer im Stand das Volk ordentlich, an-
ſtellig, bedaͤchtlich und thaͤtig zu machen, ſo muß
er es weder eggen noch pfluͤgen lehren, kann er aber
das nicht, ſo arbeitet er umſonſt es eggen und pfluͤ-
gen zu lehren; es iſt umſonſt daß er zum Schwein
ſage, es ſolle nicht im Koth wuͤhlen, und zum
Bauer, der in ſeiner innerſten Bildung fuͤr Ord-
nung und Thaͤtigkeit zuruͤck iſt, er ſoll auf Phyſik
und Arzneykunſt gegruͤndete Regeln der Selbſter-
haltung und des Feldbaues anwenden.

Er ſagte fort, ich verſtehe von allem Bauern-
weſen im Detail gar nichts *); aber meine Kinder



*) Anmerkung. Das iſt beſtimmt der Fall
des Verfaſſers, und der Geiſt des Buchs,
es enthaͤltet kein einziges Recept fuͤr irgend
einigen Detail-Umſtand von den Millionen
einzelnen Beduͤrfniſſen des Volks, dennoch ſoll
es den Bauern in dieſen einzelnen Beduͤrf-
niſſen dienen koͤnnen, und indem es auf die
Richtung ihres Kopfs und ihres Herzens
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[456/0474] theilen angemeſſen; und einzelne oͤkonomiſche, phy- ſikaliſche und moraliſche Wahrheiten, ohne ſie auf das Fundament einer ſolchen Bildung zu gruͤnden, und alle Verſuche, die mit Vorbeygang eines feſten Einfluſſes auf das Ganze ſeiner Stimmung, aller- ley Kunſt und Wiſſenſchaften in das Volk werfen wollen, ſeyen Schloͤſſer in die Luft, und Arbeit in den Wind. Iſt einer im Stand das Volk ordentlich, an- ſtellig, bedaͤchtlich und thaͤtig zu machen, ſo muß er es weder eggen noch pfluͤgen lehren, kann er aber das nicht, ſo arbeitet er umſonſt es eggen und pfluͤ- gen zu lehren; es iſt umſonſt daß er zum Schwein ſage, es ſolle nicht im Koth wuͤhlen, und zum Bauer, der in ſeiner innerſten Bildung fuͤr Ord- nung und Thaͤtigkeit zuruͤck iſt, er ſoll auf Phyſik und Arzneykunſt gegruͤndete Regeln der Selbſter- haltung und des Feldbaues anwenden. Er ſagte fort, ich verſtehe von allem Bauern- weſen im Detail gar nichts *); aber meine Kinder *) Anmerkung. Das iſt beſtimmt der Fall des Verfaſſers, und der Geiſt des Buchs, es enthaͤltet kein einziges Recept fuͤr irgend einigen Detail-Umſtand von den Millionen einzelnen Beduͤrfniſſen des Volks, dennoch ſoll es den Bauern in dieſen einzelnen Beduͤrf- niſſen dienen koͤnnen, und indem es auf die Richtung ihres Kopfs und ihres Herzens

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 456. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/474>, abgerufen am 16.07.2024.