Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787.

Bild:
<< vorherige Seite

müssen mir den Kleebau dennoch wie die Spitze ma-
chen, das Wolleweben wie das Rübenhacken, und
wenn es nöthig ist, das Uhrenmachen so gut als das
Mistverzetteln wohl lernen. -- Auch desfalls blieb
der Geistliche bey seiner Meynung, und behauptete,
es würde doch nichts schaden, wenn das Volk et-
was von der Physik und Arzneykunst verstünde. --

Als wenn Zerstreuung und Halbwissen, und das
Ablenken seines Kopfs von der einfachen Richtung
auf das Nothwendigste nicht der größeste Schaden
wäre, den man ihm thun könnte, sagte mit Eifer
der Lieutenant -- sezte hinzu -- Nein, nein, diese
Art Aufklärung, die uns Romanenbauern machen
könnte, wie wir Romanenbürger haben, ist nichts
nutz, und die Fassungskraft des Volks durch festen
Einfluß auf seine Berufsbildung zu erweitern, ist
das einzige wahre Mittel zu seiner rechten Aufklä-
rung.

In der Fülle seiner Wissenschaft vergraben,
und für alles, was der andere sagt, immer eine Ant-
wort findend, machte endlich den Lieutenant müde,
daß er schwieg.

Den ersten verdroß es, daß der Lieutenant ge-
schwiegen, eh die Sache, wie er meynte, wäre aus-
gemacht worden, und ergab sich hernach auch allge-
mach.



Einfluß hat, sie selber auf die Spur der De-
tailrecepten, die sie nöthig haben, führen. --

muͤſſen mir den Kleebau dennoch wie die Spitze ma-
chen, das Wolleweben wie das Ruͤbenhacken, und
wenn es noͤthig iſt, das Uhrenmachen ſo gut als das
Miſtverzetteln wohl lernen. — Auch desfalls blieb
der Geiſtliche bey ſeiner Meynung, und behauptete,
es wuͤrde doch nichts ſchaden, wenn das Volk et-
was von der Phyſik und Arzneykunſt verſtuͤnde. —

Als wenn Zerſtreuung und Halbwiſſen, und das
Ablenken ſeines Kopfs von der einfachen Richtung
auf das Nothwendigſte nicht der groͤßeſte Schaden
waͤre, den man ihm thun koͤnnte, ſagte mit Eifer
der Lieutenant — ſezte hinzu — Nein, nein, dieſe
Art Aufklaͤrung, die uns Romanenbauern machen
koͤnnte, wie wir Romanenbuͤrger haben, iſt nichts
nutz, und die Faſſungskraft des Volks durch feſten
Einfluß auf ſeine Berufsbildung zu erweitern, iſt
das einzige wahre Mittel zu ſeiner rechten Aufklaͤ-
rung.

In der Fuͤlle ſeiner Wiſſenſchaft vergraben,
und fuͤr alles, was der andere ſagt, immer eine Ant-
wort findend, machte endlich den Lieutenant muͤde,
daß er ſchwieg.

Den erſten verdroß es, daß der Lieutenant ge-
ſchwiegen, eh die Sache, wie er meynte, waͤre aus-
gemacht worden, und ergab ſich hernach auch allge-
mach.



Einfluß hat, ſie ſelber auf die Spur der De-
tailrecepten, die ſie noͤthig haben, fuͤhren. —
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0475" n="457"/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en mir den Kleebau dennoch wie die Spitze ma-<lb/>
chen, das Wolleweben wie das Ru&#x0364;benhacken, und<lb/>
wenn es no&#x0364;thig i&#x017F;t, das Uhrenmachen &#x017F;o gut als das<lb/>
Mi&#x017F;tverzetteln wohl lernen. &#x2014; Auch desfalls blieb<lb/>
der Gei&#x017F;tliche bey &#x017F;einer Meynung, und behauptete,<lb/>
es wu&#x0364;rde doch nichts &#x017F;chaden, wenn das Volk et-<lb/>
was von der Phy&#x017F;ik und Arzneykun&#x017F;t ver&#x017F;tu&#x0364;nde. &#x2014;</p><lb/>
        <p>Als wenn Zer&#x017F;treuung und Halbwi&#x017F;&#x017F;en, und das<lb/>
Ablenken &#x017F;eines Kopfs von der einfachen Richtung<lb/>
auf das Nothwendig&#x017F;te nicht der gro&#x0364;ße&#x017F;te Schaden<lb/>
wa&#x0364;re, den man ihm thun ko&#x0364;nnte, &#x017F;agte mit Eifer<lb/>
der Lieutenant &#x2014; &#x017F;ezte hinzu &#x2014; Nein, nein, die&#x017F;e<lb/>
Art Aufkla&#x0364;rung, die uns Romanenbauern machen<lb/>
ko&#x0364;nnte, wie wir Romanenbu&#x0364;rger haben, i&#x017F;t nichts<lb/>
nutz, und die Fa&#x017F;&#x017F;ungskraft des Volks durch fe&#x017F;ten<lb/>
Einfluß auf &#x017F;eine Berufsbildung zu erweitern, i&#x017F;t<lb/>
das einzige wahre Mittel zu &#x017F;einer rechten Aufkla&#x0364;-<lb/>
rung.</p><lb/>
        <p>In der Fu&#x0364;lle &#x017F;einer Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft vergraben,<lb/>
und fu&#x0364;r alles, was der andere &#x017F;agt, immer eine Ant-<lb/>
wort findend, machte endlich den Lieutenant mu&#x0364;de,<lb/>
daß er &#x017F;chwieg.</p><lb/>
        <p>Den er&#x017F;ten verdroß es, daß der Lieutenant ge-<lb/>
&#x017F;chwiegen, eh die Sache, wie er meynte, wa&#x0364;re aus-<lb/>
gemacht worden, und ergab &#x017F;ich hernach auch allge-<lb/>
mach.</p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <p>
          <note xml:id="seg2pn_7_2" prev="#seg2pn_7_1" place="foot" n="*)">Einfluß hat, &#x017F;ie &#x017F;elber auf die Spur der De-<lb/>
tailrecepten, die &#x017F;ie no&#x0364;thig haben, fu&#x0364;hren. &#x2014;</note>
        </p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[457/0475] muͤſſen mir den Kleebau dennoch wie die Spitze ma- chen, das Wolleweben wie das Ruͤbenhacken, und wenn es noͤthig iſt, das Uhrenmachen ſo gut als das Miſtverzetteln wohl lernen. — Auch desfalls blieb der Geiſtliche bey ſeiner Meynung, und behauptete, es wuͤrde doch nichts ſchaden, wenn das Volk et- was von der Phyſik und Arzneykunſt verſtuͤnde. — Als wenn Zerſtreuung und Halbwiſſen, und das Ablenken ſeines Kopfs von der einfachen Richtung auf das Nothwendigſte nicht der groͤßeſte Schaden waͤre, den man ihm thun koͤnnte, ſagte mit Eifer der Lieutenant — ſezte hinzu — Nein, nein, dieſe Art Aufklaͤrung, die uns Romanenbauern machen koͤnnte, wie wir Romanenbuͤrger haben, iſt nichts nutz, und die Faſſungskraft des Volks durch feſten Einfluß auf ſeine Berufsbildung zu erweitern, iſt das einzige wahre Mittel zu ſeiner rechten Aufklaͤ- rung. In der Fuͤlle ſeiner Wiſſenſchaft vergraben, und fuͤr alles, was der andere ſagt, immer eine Ant- wort findend, machte endlich den Lieutenant muͤde, daß er ſchwieg. Den erſten verdroß es, daß der Lieutenant ge- ſchwiegen, eh die Sache, wie er meynte, waͤre aus- gemacht worden, und ergab ſich hernach auch allge- mach. *) *) Einfluß hat, ſie ſelber auf die Spur der De- tailrecepten, die ſie noͤthig haben, fuͤhren. —

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/475
Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 457. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/475>, abgerufen am 24.11.2024.