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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787.

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§. 13.
Es giebt eine Seelenstimmung, die dem
Menschen zu einem Kropf helfen kann.

So viel Wahrheiten für einen Knecht, über den
er auch ob keinem Wort zörnen konnte, machten den
alten Mann nachsinnen, bis die Sonne hoch war.

Sylvia fand ihn bey der Schokkolade, die
sie immer mit ihm trank, gegen sie ganz verändert,
und Aglee hörte in der Küche, daß er tief in der
Nacht mit dem Klaus geredt. Sylvia zweifelte
nicht, sie habe diese Veränderung, diesem falschen,
schimmelgrauen Krauskopf zu danken, der unter
ihren Augen, wenn sie etwas rede oder thue, im
Stand sey den Kopf zu schütteln.

Eine Weile darauf vernahm sie wieder, er
müsse dem Michel einen ganzen Korb voll Eßwaa-
ren bringen, und ihn im Namen des Generalen
um Verzeihung bitten.

Es ist gut, daß die Leute von dem Zorn ande-
rer nicht gleich sterben, sonst wäre der Klaus izt
maustodt, so sehr brachte sie das Letzte auf; sie
stampfte vor Zorn, und sagte unter vielem andern,
der Onkle wird in diesem Bauernnest ein Narr
wie der Vetter. --

D 2
§. 13.
Es giebt eine Seelenſtimmung, die dem
Menſchen zu einem Kropf helfen kann.

So viel Wahrheiten fuͤr einen Knecht, uͤber den
er auch ob keinem Wort zoͤrnen konnte, machten den
alten Mann nachſinnen, bis die Sonne hoch war.

Sylvia fand ihn bey der Schokkolade, die
ſie immer mit ihm trank, gegen ſie ganz veraͤndert,
und Aglee hoͤrte in der Kuͤche, daß er tief in der
Nacht mit dem Klaus geredt. Sylvia zweifelte
nicht, ſie habe dieſe Veraͤnderung, dieſem falſchen,
ſchimmelgrauen Krauskopf zu danken, der unter
ihren Augen, wenn ſie etwas rede oder thue, im
Stand ſey den Kopf zu ſchuͤtteln.

Eine Weile darauf vernahm ſie wieder, er
muͤſſe dem Michel einen ganzen Korb voll Eßwaa-
ren bringen, und ihn im Namen des Generalen
um Verzeihung bitten.

Es iſt gut, daß die Leute von dem Zorn ande-
rer nicht gleich ſterben, ſonſt waͤre der Klaus izt
maustodt, ſo ſehr brachte ſie das Letzte auf; ſie
ſtampfte vor Zorn, und ſagte unter vielem andern,
der Onkle wird in dieſem Bauernneſt ein Narr
wie der Vetter. —

D 2
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[51/0069] §. 13. Es giebt eine Seelenſtimmung, die dem Menſchen zu einem Kropf helfen kann. So viel Wahrheiten fuͤr einen Knecht, uͤber den er auch ob keinem Wort zoͤrnen konnte, machten den alten Mann nachſinnen, bis die Sonne hoch war. Sylvia fand ihn bey der Schokkolade, die ſie immer mit ihm trank, gegen ſie ganz veraͤndert, und Aglee hoͤrte in der Kuͤche, daß er tief in der Nacht mit dem Klaus geredt. Sylvia zweifelte nicht, ſie habe dieſe Veraͤnderung, dieſem falſchen, ſchimmelgrauen Krauskopf zu danken, der unter ihren Augen, wenn ſie etwas rede oder thue, im Stand ſey den Kopf zu ſchuͤtteln. Eine Weile darauf vernahm ſie wieder, er muͤſſe dem Michel einen ganzen Korb voll Eßwaa- ren bringen, und ihn im Namen des Generalen um Verzeihung bitten. Es iſt gut, daß die Leute von dem Zorn ande- rer nicht gleich ſterben, ſonſt waͤre der Klaus izt maustodt, ſo ſehr brachte ſie das Letzte auf; ſie ſtampfte vor Zorn, und ſagte unter vielem andern, der Onkle wird in dieſem Bauernneſt ein Narr wie der Vetter. — D 2

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/69>, abgerufen am 29.11.2024.