ppe_097.001 aufgefaßt hat. Ein anderer Fall ist der des Weimarer Mondliedes ppe_097.002 "Füllest wieder's liebe Tal", das mit Melodie handschriftlich in ppe_097.003 den Briefen an Frau von Stein überliefert ist. Es stellt sich heraus, ppe_097.004 daß die Melodie von dem Schweizer Kayser stammt und in dessen ppe_097.005 "Gesängen mit Begleitung des Klaviers" (1777) an den Text eines ppe_097.006 Mondliedes von Heinrich Leopold Wagner gebunden war; vor dem ppe_097.007 März 1778 aber sind Goethes Text und Kaysers Melodie bereits in ppe_097.008 einem handschriftlichen Liederbuch, das für Frau von Stein hergestellt ppe_097.009 wurde, aufgenommen. Von der Datierung hängt es nun ab, ppe_097.010 ob die Entstehung des Gedichtes mit dem Goethe tief erschütternden ppe_097.011 Selbstmord der Christel von Laßberg, die am 17. Januar 1778 in die ppe_097.012 Ilm ging, zusammenhängt, oder ob es schon vorher entstand und nur ppe_097.013 von der Liebe zu Frau von Stein erfüllt ist, oder ob es, wie Josef ppe_097.014 Körner mit wenig Überzeugungskraft glaubhaft zu machen suchte, ppe_097.015 noch früher als freundschaftliche Huldigung für Lavater geschaffen ppe_097.016 wurde.
ppe_097.017 Handelt es sich in diesen Fällen um Deutung des ursprünglichen ppe_097.018 Sinnes, so kann auf der anderen Seite eine chronologische Festlegung ppe_097.019 sich als notwendige Grundlage für die Betrachtung der Stilentwicklung ppe_097.020 erweisen. Umgekehrt ist die Stilentwicklung brauchbarstes Hilfsmittel ppe_097.021 für die Ermittlung der Chronologie. Aus diesem Strudel kommt ppe_097.022 man nur heraus, wenn man außerhalb liegende feste Stützpunkte ppe_097.023 finden kann, wie sie gegeben sind in biographischen Daten, Erlebnissen ppe_097.024 und brieflichen Zeugnissen, die auf die Entstehungsursache ppe_097.025 hinweisen. Auch dann ist zwischen biographischen und stilistischen ppe_097.026 Indizien nicht immer Einklang herzustellen. Clemens Brentanos Altersgedicht ppe_097.027 "Alhambra" zum Beispiel könnte nach inhaltlichen Kriterien ppe_097.028 teils auf Caroline von Günderode, teils auf Emilie Linder bezogen ppe_097.029 werden. Der Biograph Diel nahm infolgedessen die Teilung zwischen ppe_097.030 einer Urfassung aus dem Jahr 1803 und einer nach 31 Jahren erfolgten ppe_097.031 Umarbeitung und Fortsetzung vor. Dem hat sich neuerdings ppe_097.032 Wilhelm Fraenger (mit einer etwas abweichenden Unterscheidung der ppe_097.033 Bestandteile) angeschlossen. Aber nach wie vor besteht Reinhold ppe_097.034 Steigs Hinweis auf die stilistische Einheit, die sich in so langer ppe_097.035 Arbeitspause nicht hätte erhalten können. Lassen sich Reste des ppe_097.036 Jugendstils nicht erkennen, so ist die Hypothese hinfällig, und es ppe_097.037 bleibt nur die Wahl zwischen Luise Hensel und Emilie Linder, also ppe_097.038 den Jahren 1817 oder 1837.
ppe_097.001 aufgefaßt hat. Ein anderer Fall ist der des Weimarer Mondliedes ppe_097.002 „Füllest wieder's liebe Tal“, das mit Melodie handschriftlich in ppe_097.003 den Briefen an Frau von Stein überliefert ist. Es stellt sich heraus, ppe_097.004 daß die Melodie von dem Schweizer Kayser stammt und in dessen ppe_097.005 „Gesängen mit Begleitung des Klaviers“ (1777) an den Text eines ppe_097.006 Mondliedes von Heinrich Leopold Wagner gebunden war; vor dem ppe_097.007 März 1778 aber sind Goethes Text und Kaysers Melodie bereits in ppe_097.008 einem handschriftlichen Liederbuch, das für Frau von Stein hergestellt ppe_097.009 wurde, aufgenommen. Von der Datierung hängt es nun ab, ppe_097.010 ob die Entstehung des Gedichtes mit dem Goethe tief erschütternden ppe_097.011 Selbstmord der Christel von Laßberg, die am 17. Januar 1778 in die ppe_097.012 Ilm ging, zusammenhängt, oder ob es schon vorher entstand und nur ppe_097.013 von der Liebe zu Frau von Stein erfüllt ist, oder ob es, wie Josef ppe_097.014 Körner mit wenig Überzeugungskraft glaubhaft zu machen suchte, ppe_097.015 noch früher als freundschaftliche Huldigung für Lavater geschaffen ppe_097.016 wurde.
ppe_097.017 Handelt es sich in diesen Fällen um Deutung des ursprünglichen ppe_097.018 Sinnes, so kann auf der anderen Seite eine chronologische Festlegung ppe_097.019 sich als notwendige Grundlage für die Betrachtung der Stilentwicklung ppe_097.020 erweisen. Umgekehrt ist die Stilentwicklung brauchbarstes Hilfsmittel ppe_097.021 für die Ermittlung der Chronologie. Aus diesem Strudel kommt ppe_097.022 man nur heraus, wenn man außerhalb liegende feste Stützpunkte ppe_097.023 finden kann, wie sie gegeben sind in biographischen Daten, Erlebnissen ppe_097.024 und brieflichen Zeugnissen, die auf die Entstehungsursache ppe_097.025 hinweisen. Auch dann ist zwischen biographischen und stilistischen ppe_097.026 Indizien nicht immer Einklang herzustellen. Clemens Brentanos Altersgedicht ppe_097.027 „Alhambra“ zum Beispiel könnte nach inhaltlichen Kriterien ppe_097.028 teils auf Caroline von Günderode, teils auf Emilie Linder bezogen ppe_097.029 werden. Der Biograph Diel nahm infolgedessen die Teilung zwischen ppe_097.030 einer Urfassung aus dem Jahr 1803 und einer nach 31 Jahren erfolgten ppe_097.031 Umarbeitung und Fortsetzung vor. Dem hat sich neuerdings ppe_097.032 Wilhelm Fraenger (mit einer etwas abweichenden Unterscheidung der ppe_097.033 Bestandteile) angeschlossen. Aber nach wie vor besteht Reinhold ppe_097.034 Steigs Hinweis auf die stilistische Einheit, die sich in so langer ppe_097.035 Arbeitspause nicht hätte erhalten können. Lassen sich Reste des ppe_097.036 Jugendstils nicht erkennen, so ist die Hypothese hinfällig, und es ppe_097.037 bleibt nur die Wahl zwischen Luise Hensel und Emilie Linder, also ppe_097.038 den Jahren 1817 oder 1837.
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Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/petersen_poetik_1944/121>, abgerufen am 21.11.2024.
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