ppe_158.001 ist einmal Subjekt, das andere Mal Objekt; seine Seele ist hier in ppe_158.002 das erfundene Leben einer poetischen Welt projiziert; dort bildet sie ppe_158.003 selbst den realen Schauplatz der Vorgänge.
ppe_158.004 Der dichterische Zeugungsakt entzieht sich der Öffentlichkeit und ppe_158.005 bleibt, trotz der vielen Erklärungen von Dichtern, die durch Selbstbeobachtung ppe_158.006 über den schöpferischen Vorgang ins klare kommen ppe_158.007 wollten, letzten Endes rätselhaft und unausgesprochenes Geheimnis. ppe_158.008 Die Literaturwissenschaft sucht sich in diesem Dunkel zurechtzufinden, ppe_158.009 wenn sie ein einzelnes dichterisches Kunstwerk aus seinem Werden ppe_158.010 verstehen will, und die Poetik sucht aus einer psychologischen ppe_158.011 Gesetzmäßigkeit des Werdens, die sie zu ermitteln bemüht ist, zu ppe_158.012 allgemeinen Erkenntnissen über das Wesen der Dichtung zu gelangen. ppe_158.013 Davon soll späterhin noch gehandelt werden (2. Buch, 3. Hauptteil).
ppe_158.014 Anders ist es mit dem psychologischen Gehalt eines Werkes; der ppe_158.015 liegt offen zutage und bietet sich der Beurteilung dar; er stellt der ppe_158.016 Kritik wie der Analyse eine wesentliche Aufgabe in der Prüfung der ppe_158.017 Folgerichtigkeit, Gültigkeit und Wahrheit aller in der Dichtung berichteten ppe_158.018 oder dargestellten seelischen Vorgänge und in der Erkenntnis ppe_158.019 der Bedeutung, die die Seelendarstellung im Organismus des ppe_158.020 Werkes einnimmt. Um was es sich bei dieser Frage handelt, ist nicht ppe_158.021 nur die Wahrscheinlichkeit, sondern letzten Endes die innere ppe_158.022 Wahrheit.
ppe_158.023 Die Glaubwürdigkeit kann die Achillesferse der dichterischen ppe_158.024 Wirkung bilden, aber die Dichtungsgattungen werden in verschiedener ppe_158.025 Weise von dieser Verantwortung betroffen. Der Lyriker braucht sich, ppe_158.026 wenn das, was er als seine Empfindung dargestellt hat, wirklich echt ppe_158.027 ist, um die Glaubwürdigkeit nicht zu kümmern; bei ihm kommt es ppe_158.028 auf die stimmungsmäßig zwingende Eindruckskraft der Darstellung ppe_158.029 an. Der Dramatiker kann zum Teil darauf vertrauen, daß die schauspielerische ppe_158.030 Nachschöpfung seinen Gestalten mit der körperlichen ppe_158.031 Verwirklichung Glaubhaftigkeit erzwingt. Anders liegt es bei der ppe_158.032 Erzählungskunst. Wo alles von der unmittelbaren Glaubhaftigkeit ppe_158.033 abhängt, ist die psychologische Wahrscheinlichkeit und folgerichtige ppe_158.034 Motivierung eines der wesentlichen technischen Probleme. Deshalb ppe_158.035 mußte die vorausgehende Analyse der Erzählungstechnik bereits auf ppe_158.036 die Psychologie hinführen.
ppe_158.037 Die Psychologie erstreckt ihren Bereich aber auch über die beiden ppe_158.038 folgenden Begriffe; sie steht mit Selbstdarstellung und Charakteristik ppe_158.039 in engstem Zusammenhang. Die drei Wege der Menschengestaltung, ppe_158.040 die auf dieser Stufe nahe aneinander gerückt sind, entsprechen ppe_158.041 einigermaßen dem Verhältnis der drei Dichtungsgattungen.
ppe_158.001 ist einmal Subjekt, das andere Mal Objekt; seine Seele ist hier in ppe_158.002 das erfundene Leben einer poetischen Welt projiziert; dort bildet sie ppe_158.003 selbst den realen Schauplatz der Vorgänge.
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ppe_158.037 Die Psychologie erstreckt ihren Bereich aber auch über die beiden ppe_158.038 folgenden Begriffe; sie steht mit Selbstdarstellung und Charakteristik ppe_158.039 in engstem Zusammenhang. Die drei Wege der Menschengestaltung, ppe_158.040 die auf dieser Stufe nahe aneinander gerückt sind, entsprechen ppe_158.041 einigermaßen dem Verhältnis der drei Dichtungsgattungen.
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Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/petersen_poetik_1944/182>, abgerufen am 21.11.2024.
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