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Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944.

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in früheren Urteilen das bestätigt finden, was unsere eigene Empfindung ppe_254.002
ist. Solche Übereinstimmung muß zu dem Schluß führen, daß ppe_254.003
unmittelbar ästhetisch erfühlbar und sinngemäß verstehbar bei jedem ppe_254.004
Werk der Ferne nur das Überzeitliche und Überräumliche ist, was ppe_254.005
unabhängig von besonderen Kultur- und Geschmacksverhältnissen uns ppe_254.006
allgemein menschlich berührt. Das Wort Goethes bestätigt sich: "Im ppe_254.007
Grunde verstehen wir nur, was wir lieben." Der Umweg des geschichtlichen ppe_254.008
Verstehens aus allen uns fremden Voraussetzungen kann nur ppe_254.009
ein "Zuverstehensuchen" und ein möglichst geringes Mißverstehen ppe_254.010
bedeuten. Das wäre die größtmögliche Annäherung an ein unerreichbares ppe_254.011
Ziel.

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Anders als die philologische, kulturhistorische, völkerpsychologische ppe_254.013
und soziologische Methodenlehre faßt der Philosoph den Begriff des ppe_254.014
"Verstehens". Seit Wilhelm Diltheys Anknüpfung an Schleiermachers ppe_254.015
Hermeneutik ist es zum Kernbegriff einer geisteswissenschaftlichen ppe_254.016
Psychologie und zum Pfeiler für die theoretische Grundlegung der ppe_254.017
gesamten Geisteswissenschaften geworden. Die Theorie des Verstehens ppe_254.018
ist als gegebenes Zwischenglied zwischen der Arbeit der einzelnen ppe_254.019
Geisteswissenschaften und der Philosophie anerkannt; die Philosophie ppe_254.020
wird, weil die Regelung der Erkenntnis und Sinndeutung aller geistigen ppe_254.021
Gegebenheiten in ihre Hand gelegt ist, zum Knotenpunkt und ppe_254.022
zum Wegweiser, der seine Arme nach verschiedenen Richtungen ppe_254.023
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Die Entwicklung der hermeneutischen Theorie im 19. Jahrhundert, ppe_254.025
wie sie Joachim Wach in einem dreibändigen Werk dargestellt hat, ppe_254.026
steht in Verbindung mit den Anweisungen für hermeneutische Praxis, ppe_254.027
und ihre Betrachtung kann trotz des Willens zu einheitlicher Begriffsbildung ppe_254.028
nicht verhehlen, daß Religionswissenschaft, Geschichtswissenschaft ppe_254.029
und Kunstwissenschaften notwendigerweise ihre besonderen ppe_254.030
Wege gehen. Auf die schon von Schleiermacher gestellte Frage, ob ppe_254.031
die Hermeneutik als Kunst oder als Wissenschaft anzusehen sei, kann ppe_254.032
die Antwort der drei Gebiete nicht ganz die gleiche sein. In der ppe_254.033
Fragestellung liegt bereits die Anerkennung, daß sowohl Wissenschaft ppe_254.034
als Kunst an dem Werke der Auslegung mitzuwirken haben; die Antwort ppe_254.035
hat eigentlich nur das Gewichtsverhältnis der Beteiligung zu ppe_254.036
bestimmen und zu entscheiden, ob es mehr darauf ankommt, daß ppe_254.037
Wissenschaft sich in ihrer Anwendung durch Kunstsinn leiten läßt, ppe_254.038
oder darauf, daß künstlerisches Denken sich unter wisssenchaftliche ppe_254.039
Leitung stellt.

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Daß das Verstehen von Kunstwerken, gleichviel, ob man es als ppe_254.041
Nacherleben, Nachschaffen, Einfühlen, Sichhineinversetzen oder von

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in früheren Urteilen das bestätigt finden, was unsere eigene Empfindung ppe_254.002
ist. Solche Übereinstimmung muß zu dem Schluß führen, daß ppe_254.003
unmittelbar ästhetisch erfühlbar und sinngemäß verstehbar bei jedem ppe_254.004
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Anders als die philologische, kulturhistorische, völkerpsychologische ppe_254.013
und soziologische Methodenlehre faßt der Philosoph den Begriff des ppe_254.014
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Hermeneutik ist es zum Kernbegriff einer geisteswissenschaftlichen ppe_254.016
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Gegebenheiten in ihre Hand gelegt ist, zum Knotenpunkt und ppe_254.022
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Die Entwicklung der hermeneutischen Theorie im 19. Jahrhundert, ppe_254.025
wie sie Joachim Wach in einem dreibändigen Werk dargestellt hat, ppe_254.026
steht in Verbindung mit den Anweisungen für hermeneutische Praxis, ppe_254.027
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die Hermeneutik als Kunst oder als Wissenschaft anzusehen sei, kann ppe_254.032
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Zitationshilfe: Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/petersen_poetik_1944/278>, abgerufen am 22.11.2024.