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Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944.

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Quintessenz des Werkes eigentlich in der kleinen Schrift "Das stammhafte ppe_294.002
Gefüge des deutschen Volkes" vorliege.

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Eine synthetische Betrachtungsweise ist damit gekennzeichnet. Ihr ppe_294.004
ist weniger an der Dichtung gelegen, als an dem Menschen, der sich in ppe_294.005
ihr ausspricht, und im Menschen wird nicht der Dichter gesucht, ppe_294.006
sondern die Stammesseele, deren Sprachrohr er ist. In der Tat hat ppe_294.007
Nadler einmal auf einer Soziologentagung erklärt, es komme nicht ppe_294.008
darauf an, etwas aus den Stämmen herzuleiten, sondern Material zu ppe_294.009
erschließen für die Erkenntnis des Stammesproblems. Indem wir die ppe_294.010
Besprechung dieser Methode den Ordnungen des Raumes im dritten ppe_294.011
Buch zuweisen und die Erörterung der Darstellungsgrundsätze dem ppe_294.012
fünften Buch vorbehalten, müssen wir uns hier zunächst auf den entgegengesetzten ppe_294.013
Standpunkt stellen und fragen, was wir von der Analyse ppe_294.014
des Stammeserbes beim einzelnen Dichter zu erwarten haben.

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Wir begegnen aufs neue dem schon oben beobachteten Unterschied ppe_294.016
zwischen anthropologisch-typisierender und psychologisch-individualisierender ppe_294.017
Zielsetzung. Es ist etwas anderes, ob die Ergebnisse der Einzelanalyse ppe_294.018
von vornherein zu Bausteinen eines allgemeinen Systems ppe_294.019
bestimmt sind oder ob ein fertiges und zuverlässiges System bei der ppe_294.020
Analyse des Einzelnen zur Verfügung steht. Um der Zusammenfassung ppe_294.021
willen muß Nadler viele Ergebnisse der Einzelanalyse übergehen; die ppe_294.022
Zwangslage der Einordnung läßt nicht zu, daß der verschiedenartige ppe_294.023
Blutanteil bei einem Dichter in gleichem Maße zu Recht kommt; jeder ppe_294.024
muß in seinem Paß zu einem bestimmten Stamm Farbe bekennen. ppe_294.025
Selten wird den beiden Faktoren Herkunft und Umwelt ein Gleichgewicht ppe_294.026
zugestanden wie bei dem alemannisierten Rheinfranken Fischart. ppe_294.027
Unter Umständen ist einmal das Landschaftliche ausschlaggebend wie ppe_294.028
bei dem geborenen Hessen Grimmelshausen, dessen Familie thüringischen ppe_294.029
Ursprungs ist und der als Dichter des Schwarzwaldes Anschluß ppe_294.030
bei den Alemannen findet. So entscheidet die Gelegenheit, auf welches ppe_294.031
Feld des Schachbrettes die Figur geschoben wird, und der Meister kann ppe_294.032
seine Partie immer nur um den Preis gewagter Opfer gewinnen. Die ppe_294.033
Figuren haben verschiedene Bewegungsmöglichkeit: die eine kann als ppe_294.034
Bauer nur zu den unmittelbaren Vorfahren rücken; die andere durchquert ppe_294.035
als Läufer das ganze Feld, um an einem fernen Urahnen Anschluß ppe_294.036
zu suchen, die dritte biegt als Springer um die Ecke und findet ppe_294.037
neben der gradlinigen Abstammung eine Bestimmung in der landschaftlichen ppe_294.038
Umgebung; der vierten sind wie der Königin Bewegungen aller ppe_294.039
Art erlaubt. Goethe z. B. vertritt zunächst durchaus das fränkische ppe_294.040
Stammesblut. Da aber die deutsche Klassik in Thüringen ihren angestammten ppe_294.041
Boden hat, bleibt unausgesprochen, ob dem Klassiker

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Quintessenz des Werkes eigentlich in der kleinen Schrift „Das stammhafte ppe_294.002
Gefüge des deutschen Volkes“ vorliege.

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Eine synthetische Betrachtungsweise ist damit gekennzeichnet. Ihr ppe_294.004
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Standpunkt stellen und fragen, was wir von der Analyse ppe_294.014
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Wir begegnen aufs neue dem schon oben beobachteten Unterschied ppe_294.016
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Feld des Schachbrettes die Figur geschoben wird, und der Meister kann ppe_294.032
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Figuren haben verschiedene Bewegungsmöglichkeit: die eine kann als ppe_294.034
Bauer nur zu den unmittelbaren Vorfahren rücken; die andere durchquert ppe_294.035
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Zitationshilfe: Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/petersen_poetik_1944/318>, abgerufen am 22.11.2024.