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Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944.

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in drei Gruppen zusammenstellen, die wieder mit dem Diltheyschen ppe_363.002
Dreitypensystem in Zusammenhang gebracht werden können.

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Die ersten vier Typen, die Müller-Freienfels aufstellte, sind durch ppe_363.004
das Verhältnis zwischen Anlage des Dichters und Eindruck der Außenwelt ppe_363.005
bestimmt: 1. das richtungsadäquate Erlebnis, das die Anlage nährt ppe_363.006
und verstärkt (Goethes Elternhaus und das vielgestaltige Leben der ppe_363.007
Stadt Frankfurt); 2. das verbesondernde Erlebnis, durch das die Anlage ppe_363.008
spezifiziert wird (Goethes Begegnung mit Herder); 3. das richtungablenkende ppe_363.009
Erlebnis (die falschen Tendenzen Goethes), und 4. das ppe_363.010
konträre Erlebnis, das sich der Anlage entgegensetzt (Goethes Liebe ppe_363.011
zur Klassik ist dafür kein glückliches Beispiel).

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Es ist fraglich, ob die beiden letzten Erlebnisarten wegen ihres ppe_363.013
Intensitätsgrades als eigene Kategorien unterschieden zu werden verdienen. ppe_363.014
Dagegen kann man zu dieser Gruppe drei weitere Typen ppe_363.015
rechnen, die bei Müller-Freienfels mit 9, 10 und 11 beziffert sind, ppe_363.016
nämlich die aufgezwungenen Erlebnisse, worunter Krankheit, Krieg ppe_363.017
und andere Zwangssituationen verstanden werden (Goethes Amtstätigkeit); ppe_363.018
weiter das Erlebnis des Widerstands, das durch Unterdrückung ppe_363.019
der Anlage zu ihrer Überkompensation führt, wofür Schillers Tyrannenhaß ppe_363.020
und Freiheitstendenz als Beispiel genannt werden; endlich die ppe_363.021
systematischen und Einfühlungserlebnisse, bei denen das Individuum ppe_363.022
seinen eigenen Charakter durch Nachahmung und Unterordnung unter ppe_363.023
ein fremdes Ich modifiziert (Hafis im "Westöstlichen Diwan"). Alle ppe_363.024
drei wiederholen die richtungablenkende oder sogar der Anlage entgegengesetzte ppe_363.025
Wirkung. Die Typen dieser Gruppe, die unter den Gesichtspunkt ppe_363.026
einer mechanischen, sinnlichen oder geistigen Abhängigkeit ppe_363.027
von der Umwelt gestellt und als Eindruckserlebnisse ppe_363.028
zusammengefaßt werden können, finden im naturalistischen Weltanschauungstypus ppe_363.029
ihre Entsprechung.

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Der Unterschied zwischen den fördernden Eindruckserlebnissen, ppe_363.031
die der Anlage des Dichters entsprechen, und den hemmenden, die ppe_363.032
ihr entgegengesetzt sind, wird sich auswirken in der Problemstellung ppe_363.033
der Dichtung. Die der Anlage entsprechenden Erlebnisse pflegen in ppe_363.034
den Aufbau der Persönlichkeit und Weltanschauung überzugehen und ppe_363.035
werden erst von da aus die Dichtung bestimmen. So hat z. B. Schillers ppe_363.036
Kant-Erlebnis einen günstigen Boden in der früheren Denkrichtung ppe_363.037
vorgefunden und diese mehr bestätigt und entwickelt als umgewandelt; ppe_363.038
dafür ist diese Bereicherung auch nicht zum unmittelbaren Anstoß ppe_363.039
einer großen Erlebnisdichtung geworden.

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Die der Anlage widersprechenden Erlebnisse dagegen bedeuten ppe_363.041
dramatischen Zusammenstoß, Erschütterung und Umbruch. So hat das

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in drei Gruppen zusammenstellen, die wieder mit dem Diltheyschen ppe_363.002
Dreitypensystem in Zusammenhang gebracht werden können.

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Die ersten vier Typen, die Müller-Freienfels aufstellte, sind durch ppe_363.004
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Es ist fraglich, ob die beiden letzten Erlebnisarten wegen ihres ppe_363.013
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Dagegen kann man zu dieser Gruppe drei weitere Typen ppe_363.015
rechnen, die bei Müller-Freienfels mit 9, 10 und 11 beziffert sind, ppe_363.016
nämlich die aufgezwungenen Erlebnisse, worunter Krankheit, Krieg ppe_363.017
und andere Zwangssituationen verstanden werden (Goethes Amtstätigkeit); ppe_363.018
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seinen eigenen Charakter durch Nachahmung und Unterordnung unter ppe_363.023
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Wirkung. Die Typen dieser Gruppe, die unter den Gesichtspunkt ppe_363.026
einer mechanischen, sinnlichen oder geistigen Abhängigkeit ppe_363.027
von der Umwelt gestellt und als Eindruckserlebnisse ppe_363.028
zusammengefaßt werden können, finden im naturalistischen Weltanschauungstypus ppe_363.029
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Der Unterschied zwischen den fördernden Eindruckserlebnissen, ppe_363.031
die der Anlage des Dichters entsprechen, und den hemmenden, die ppe_363.032
ihr entgegengesetzt sind, wird sich auswirken in der Problemstellung ppe_363.033
der Dichtung. Die der Anlage entsprechenden Erlebnisse pflegen in ppe_363.034
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Kant-Erlebnis einen günstigen Boden in der früheren Denkrichtung ppe_363.037
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dafür ist diese Bereicherung auch nicht zum unmittelbaren Anstoß ppe_363.039
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[363/0387] ppe_363.001 in drei Gruppen zusammenstellen, die wieder mit dem Diltheyschen ppe_363.002 Dreitypensystem in Zusammenhang gebracht werden können. ppe_363.003 Die ersten vier Typen, die Müller-Freienfels aufstellte, sind durch ppe_363.004 das Verhältnis zwischen Anlage des Dichters und Eindruck der Außenwelt ppe_363.005 bestimmt: 1. das richtungsadäquate Erlebnis, das die Anlage nährt ppe_363.006 und verstärkt (Goethes Elternhaus und das vielgestaltige Leben der ppe_363.007 Stadt Frankfurt); 2. das verbesondernde Erlebnis, durch das die Anlage ppe_363.008 spezifiziert wird (Goethes Begegnung mit Herder); 3. das richtungablenkende ppe_363.009 Erlebnis (die falschen Tendenzen Goethes), und 4. das ppe_363.010 konträre Erlebnis, das sich der Anlage entgegensetzt (Goethes Liebe ppe_363.011 zur Klassik ist dafür kein glückliches Beispiel). ppe_363.012 Es ist fraglich, ob die beiden letzten Erlebnisarten wegen ihres ppe_363.013 Intensitätsgrades als eigene Kategorien unterschieden zu werden verdienen. ppe_363.014 Dagegen kann man zu dieser Gruppe drei weitere Typen ppe_363.015 rechnen, die bei Müller-Freienfels mit 9, 10 und 11 beziffert sind, ppe_363.016 nämlich die aufgezwungenen Erlebnisse, worunter Krankheit, Krieg ppe_363.017 und andere Zwangssituationen verstanden werden (Goethes Amtstätigkeit); ppe_363.018 weiter das Erlebnis des Widerstands, das durch Unterdrückung ppe_363.019 der Anlage zu ihrer Überkompensation führt, wofür Schillers Tyrannenhaß ppe_363.020 und Freiheitstendenz als Beispiel genannt werden; endlich die ppe_363.021 systematischen und Einfühlungserlebnisse, bei denen das Individuum ppe_363.022 seinen eigenen Charakter durch Nachahmung und Unterordnung unter ppe_363.023 ein fremdes Ich modifiziert (Hafis im „Westöstlichen Diwan“). Alle ppe_363.024 drei wiederholen die richtungablenkende oder sogar der Anlage entgegengesetzte ppe_363.025 Wirkung. Die Typen dieser Gruppe, die unter den Gesichtspunkt ppe_363.026 einer mechanischen, sinnlichen oder geistigen Abhängigkeit ppe_363.027 von der Umwelt gestellt und als Eindruckserlebnisse ppe_363.028 zusammengefaßt werden können, finden im naturalistischen Weltanschauungstypus ppe_363.029 ihre Entsprechung. ppe_363.030 Der Unterschied zwischen den fördernden Eindruckserlebnissen, ppe_363.031 die der Anlage des Dichters entsprechen, und den hemmenden, die ppe_363.032 ihr entgegengesetzt sind, wird sich auswirken in der Problemstellung ppe_363.033 der Dichtung. Die der Anlage entsprechenden Erlebnisse pflegen in ppe_363.034 den Aufbau der Persönlichkeit und Weltanschauung überzugehen und ppe_363.035 werden erst von da aus die Dichtung bestimmen. So hat z. B. Schillers ppe_363.036 Kant-Erlebnis einen günstigen Boden in der früheren Denkrichtung ppe_363.037 vorgefunden und diese mehr bestätigt und entwickelt als umgewandelt; ppe_363.038 dafür ist diese Bereicherung auch nicht zum unmittelbaren Anstoß ppe_363.039 einer großen Erlebnisdichtung geworden. ppe_363.040 Die der Anlage widersprechenden Erlebnisse dagegen bedeuten ppe_363.041 dramatischen Zusammenstoß, Erschütterung und Umbruch. So hat das

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Zitationshilfe: Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944, S. 363. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/petersen_poetik_1944/387>, abgerufen am 25.11.2024.