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Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944.

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Besitz, solche werte Bilder oft in der Einbildungskraft erneut zu ppe_372.002
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wie: "Braut von Korinth", "Gott und Bajadere", "Graf und Zwerge", ppe_372.006
"Paria". In der Tat hat die Paria-Legende 40 Jahre in Goethe als ppe_372.007
Erlebnis geschlummert, ehe die Gelegenheit eintrat, ihr Gestalt zu ppe_372.008
geben. Dafür ist diese Dichtung dann ein besonders vielsagendes ppe_372.009
Symbol der Weltanschauung des Dichters geworden.

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a) Einstellung

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Kein Einzelerlebnis wird zur Dichtung, ohne daß die Gestalt geboren ppe_372.013
würde aus dem Mutterschoß des Weltbildes, das der Dichter ppe_372.014
als Ordnung aller Lebenseindrücke in sich trägt. Es kann entweder ppe_372.015
ein Zusammenstoß erfolgen, der diese Ordnung erschüttert; er muß ppe_372.016
in dichterischer Befreiung ausgetragen und überwunden werden. ppe_372.017
Oder es tritt eine widerstandslose Übernahme in die Summe von ppe_372.018
Lebenserfahrung ein, die dadurch Bestätigung und eindrucksvolle ppe_372.019
Bekräftigung erfährt. Schließlich kann sich das aus Anlage und Erlebnissen ppe_372.020
aufgebaute Weltbild auch als geprägte Form weiter entwickeln ppe_372.021
und um problematische Erfahrungen bereichert werden, die ppe_372.022
auf Stellungnahme und Verarbeitung hindrängen.

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Nicht durch jeden Lebenseindruck wird das Weltbild in gleicher ppe_372.024
Weise berührt und in Schwingung versetzt. Unter allem, was sich ppe_372.025
herandrängt, wird vielmehr eine Auswahl vollzogen, für die nichts ppe_372.026
anderes maßgebend ist als die Bedeutsamkeit der Beziehung. Wenn ppe_372.027
künstlerisches Erleben bereits den Anfang des Gestaltens darstellt, ppe_372.028
so liegt der Übergang in der Verschmelzung mit den persönlichen ppe_372.029
Anschauungen, aus denen Motive und Probleme Beleuchtung erfahren. ppe_372.030
Das gestaltete Erlebnis erhält also sinnbildhafte Bedeutung ppe_372.031
erst durch den Hintergrund des Weltbildes, von dem es sich abhebt.

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Wenn im ersten Buch bei der Analyse des Einzelwerkes (S. 232 ff.) ppe_372.033
von weltanschaulicher Haltung die Rede war, die nur ein Bruchstück, ppe_372.034
einen Ausschnitt, ein wandelbares Glied der Weltanschauung bildet, ppe_372.035
so soll auch hier das Wort Weltanschauung zunächst vermieden werden, ppe_372.036
weil wir darunter eine überpersönliche Totalität, etwas Ganzes ppe_372.037
und Universales verstehen müssen. Das Wort Weltbild dagegen bedeutet ppe_372.038
wohl, wie Jaspers in seiner "Psychologie der Weltanschauungen"

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[372/0396] ppe_372.001 Besitz, solche werte Bilder oft in der Einbildungskraft erneut zu ppe_372.002 sehen, da sie sich denn zwar immer umgestalteten, doch ohne sich ppe_372.003 zu verändern, einer reineren Form, einer entschiedenern Darstellung ppe_372.004 entgegenreiften.“ Er nannte Beispiele aus seiner Balladendichtung, ppe_372.005 wie: „Braut von Korinth“, „Gott und Bajadere“, „Graf und Zwerge“, ppe_372.006 „Paria“. In der Tat hat die Paria-Legende 40 Jahre in Goethe als ppe_372.007 Erlebnis geschlummert, ehe die Gelegenheit eintrat, ihr Gestalt zu ppe_372.008 geben. Dafür ist diese Dichtung dann ein besonders vielsagendes ppe_372.009 Symbol der Weltanschauung des Dichters geworden. ppe_372.010 3. Weltbild ppe_372.011 a) Einstellung ppe_372.012 Kein Einzelerlebnis wird zur Dichtung, ohne daß die Gestalt geboren ppe_372.013 würde aus dem Mutterschoß des Weltbildes, das der Dichter ppe_372.014 als Ordnung aller Lebenseindrücke in sich trägt. Es kann entweder ppe_372.015 ein Zusammenstoß erfolgen, der diese Ordnung erschüttert; er muß ppe_372.016 in dichterischer Befreiung ausgetragen und überwunden werden. ppe_372.017 Oder es tritt eine widerstandslose Übernahme in die Summe von ppe_372.018 Lebenserfahrung ein, die dadurch Bestätigung und eindrucksvolle ppe_372.019 Bekräftigung erfährt. Schließlich kann sich das aus Anlage und Erlebnissen ppe_372.020 aufgebaute Weltbild auch als geprägte Form weiter entwickeln ppe_372.021 und um problematische Erfahrungen bereichert werden, die ppe_372.022 auf Stellungnahme und Verarbeitung hindrängen. ppe_372.023 Nicht durch jeden Lebenseindruck wird das Weltbild in gleicher ppe_372.024 Weise berührt und in Schwingung versetzt. Unter allem, was sich ppe_372.025 herandrängt, wird vielmehr eine Auswahl vollzogen, für die nichts ppe_372.026 anderes maßgebend ist als die Bedeutsamkeit der Beziehung. Wenn ppe_372.027 künstlerisches Erleben bereits den Anfang des Gestaltens darstellt, ppe_372.028 so liegt der Übergang in der Verschmelzung mit den persönlichen ppe_372.029 Anschauungen, aus denen Motive und Probleme Beleuchtung erfahren. ppe_372.030 Das gestaltete Erlebnis erhält also sinnbildhafte Bedeutung ppe_372.031 erst durch den Hintergrund des Weltbildes, von dem es sich abhebt. ppe_372.032 Wenn im ersten Buch bei der Analyse des Einzelwerkes (S. 232 ff.) ppe_372.033 von weltanschaulicher Haltung die Rede war, die nur ein Bruchstück, ppe_372.034 einen Ausschnitt, ein wandelbares Glied der Weltanschauung bildet, ppe_372.035 so soll auch hier das Wort Weltanschauung zunächst vermieden werden, ppe_372.036 weil wir darunter eine überpersönliche Totalität, etwas Ganzes ppe_372.037 und Universales verstehen müssen. Das Wort Weltbild dagegen bedeutet ppe_372.038 wohl, wie Jaspers in seiner „Psychologie der Weltanschauungen“

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Zitationshilfe: Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944, S. 372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/petersen_poetik_1944/396>, abgerufen am 22.11.2024.