ppe_381.001 Vorstellungen und Eindrücke des sinnlich-räumlichen Weltbildes die ppe_381.002 Bausteine, und die metaphysische Ganzheit gibt die Höhendimension ppe_381.003 als emporstrebende Zielrichtung; aber in der Mitte liegt der Innenraum, ppe_381.004 der im verstehenden und nachlebenden Gestalten von Kulturproblemen, ppe_381.005 Persönlichkeiten und Mythen die Aufgaben der Formung ppe_381.006 stellt. Gleichwohl kann, je nach der Beschaffenheit des Typus, auch ppe_381.007 ein Übergewicht des im sinnlich-räumlichen Weltbild befangenen ppe_381.008 Realismus oder der nach letzter Wirklichkeit und Ganzheit strebenden ppe_381.009 Metaphysik gegeben sein.
ppe_381.010 Teilbegriffe des Weltbildes nehmen in jeder der drei Sphären eine ppe_381.011 andere Problemgestalt an. Der Schicksalsgedanke, dessen rassische ppe_381.012 Bedingtheit oben (S. 375 f.) besprochen wurde, erscheint in der ersten ppe_381.013 Sphäre als mechanische Kausalität oder als blindes Fatum; in der ppe_381.014 zweiten Sphäre nimmt er die Form einer vom Charakter unlösbaren ppe_381.015 Immanenz an ("In deiner Brust sind deines Schicksals Sterne"); im ppe_381.016 dritten Bereich gibt es eine finale Kausalität, einen Weltwillen und ppe_381.017 eine Transzendenz göttlicher Fügung. Wenn die Geschichtsauffassung ppe_381.018 im Weltbild des ersten Kreises materialistisch ist und wirtschaftliche ppe_381.019 Faktoren als ausschlaggebende Schicksalsmächte betrachten ppe_381.020 kann, so ist sie deshalb dichterischer Gestaltung nicht unzugänglich, ppe_381.021 wie etwa Bernard Shaw beweist; nur setzt sie sich in diesem ppe_381.022 Fall ironisch auseinander mit dem Gegenbild des zweiten Kreises, ppe_381.023 ohne das sie nicht denkbar ist, mit der heroischen Auffassung, die ppe_381.024 alles entscheidende Geschehen auf das Wirken großer Männer zurückführt; ppe_381.025 doch bleibt sie unberührt von der Teleologie des metaphysischen ppe_381.026 Weltbildes.
ppe_381.027 Der Wille ist im ersten Kreis äußerlich, im zweiten innerlich ppe_381.028 determiniert, im dritten frei oder gottgelenkt. Das Göttliche des sinnlich-räumlichen ppe_381.029 Weltbildes erscheint in vielerlei Gestalten, die wie ppe_381.030 Griechenlands Götter oder die der Germanen als versinnbildlichte ppe_381.031 Naturkräfte sich darstellen; innerhalb der seelischen Sphäre waltet ppe_381.032 Gott im eigenen Gewissen des Menschen ("Nehmt die Gottheit auf ppe_381.033 in euren Willen, und sie steigt von ihrem Weltenthron"); metaphysische ppe_381.034 Spekulation führt dagegen zur Allheit Gottes hin. Doch ppe_381.035 läßt das dichterische Weltbild verschiedenartige Erscheinungsformen ppe_381.036 nebeneinander bestehen, wie bei Goethe zu zeigen ist, der sich als ppe_381.037 Künstler zum Polytheismus, als Naturforscher zum Pantheismus, als ppe_381.038 sittlicher Mensch zum persönlichen Gott bekannte.
ppe_381.039 Die Begriffe von Recht und Vergeltung, von Gut und Böse ppe_381.040 können im ersten Kreis durch Naturzweckmäßigkeit bestimmt sein, ppe_381.041 im zweiten durch die Autonomie eines kategorischen Imperativs,
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Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944, S. 381. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/petersen_poetik_1944/405>, abgerufen am 22.11.2024.
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