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Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944.

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der Begeisterung. Von diesen drei Dimensionen der dichterischen ppe_457.002
Existenz steht bei der ersten die Echtheit, bei der zweiten die Größe, ppe_457.003
bei der dritten die Sinnbildhaftigkeit im Vordergrund, während das ppe_457.004
Gleichgewicht der Dreieinigkeit in der Sendung zustande kommt.

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a) Echtheit

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Die Echtheit der dichterischen Sendung ist durch innere Berufung ppe_457.007
gewährleistet, und diese ruht im Bewußtsein einer magischen Sprachgewalt, ppe_457.008
der es gegeben ist, die Menschen zu fesseln und zu lenken. ppe_457.009
Der innere Ruf kommt in der Sprache zur Wirkung nach außen; die ppe_457.010
äußere Erfahrung sprachlicher Wirkungsmöglichkeit verstärkt die ppe_457.011
innere Berufung. Bedeutet die Selbstbefreiung durch Aussprache ppe_457.012
eigenen Leidens und eigener Freude beim überschwenglichen Erleben ppe_457.013
des Ich-Dichters ersten Antrieb und inneren Zwang, so stellt sich ppe_457.014
doch selbst beim persönlichkeitsbewußten Individualisten ein Gemeinschaftsgefühl ppe_457.015
her, das ihn ein stellvertretendes Aufsichnehmen und ppe_457.016
Vorerleben des gemeinsamen Schicksals als Aufgabe ergreifen läßt, ppe_457.017
wie Goethes "Vermächtnis" es ausspricht:

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Denn edlen Seelen vorzufühlen, ppe_457.019
Ist wünschenswertester Beruf.

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Der Beruf des Dichters war nach einem von Paul Kluckhohn gegebenen ppe_457.021
Überblick im Altertum als der eines Erziehers der Gemeinschaft ppe_457.022
aufgefaßt, in der altgermanischen Zeit als Fürsten- und Herrendienst, ppe_457.023
im christlichen Mittelalter als gottwohlgefälliges Werk, in ppe_457.024
der höfischen Kultur als Dienst der ritterlichen Gesellschaft. Humanismus ppe_457.025
und Renaissance fügten zu erhöhtem Selbstbewußtsein und ppe_457.026
Anspruch auf Unsterblichkeit das Ziel des Ruhmes, der für die ganze ppe_457.027
Nation zu erwerben war. Damit wurde zum ersten Male eine nationale ppe_457.028
Sendung des Dichters begründet. Bei Klopstock trat die innere ppe_457.029
Berufung des Dichters, dem Gott, Freundschaft, Freiheit, Vaterland ppe_457.030
bestimmende Erlebnisse wurden, in den Vordergrund; sein stolzes ppe_457.031
Selbstbewußtsein beanspruchte trotz fürstlicher Gunst, die er als ihm ppe_457.032
zukommend entgegennahm, volle Unabhängigkeit für die Erfüllung ppe_457.033
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mit aller Scheu vor gesellschaftlichen Fesseln gewahrt wurde, ppe_457.035
verlor sich, als das Schriftstellertum mehr und mehr zum bürgerlichen ppe_457.036
Beruf wurde. Der Zivilisationsliterat drängte sich an die Stelle ppe_457.037
des Dichters. Damit riß auch jene Verwahrlosung der Sprache ein, ppe_457.038
über die schon Friedrich Nietzsche im Kampf gegen den Bildungsphilister ppe_457.039
die Lauge seines Spottes goß. Nach ihm schrieb Stefan

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bei der dritten die Sinnbildhaftigkeit im Vordergrund, während das ppe_457.004
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a) Echtheit

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Die Echtheit der dichterischen Sendung ist durch innere Berufung ppe_457.007
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[457/0481] ppe_457.001 der Begeisterung. Von diesen drei Dimensionen der dichterischen ppe_457.002 Existenz steht bei der ersten die Echtheit, bei der zweiten die Größe, ppe_457.003 bei der dritten die Sinnbildhaftigkeit im Vordergrund, während das ppe_457.004 Gleichgewicht der Dreieinigkeit in der Sendung zustande kommt. ppe_457.005 a) Echtheit ppe_457.006 Die Echtheit der dichterischen Sendung ist durch innere Berufung ppe_457.007 gewährleistet, und diese ruht im Bewußtsein einer magischen Sprachgewalt, ppe_457.008 der es gegeben ist, die Menschen zu fesseln und zu lenken. ppe_457.009 Der innere Ruf kommt in der Sprache zur Wirkung nach außen; die ppe_457.010 äußere Erfahrung sprachlicher Wirkungsmöglichkeit verstärkt die ppe_457.011 innere Berufung. Bedeutet die Selbstbefreiung durch Aussprache ppe_457.012 eigenen Leidens und eigener Freude beim überschwenglichen Erleben ppe_457.013 des Ich-Dichters ersten Antrieb und inneren Zwang, so stellt sich ppe_457.014 doch selbst beim persönlichkeitsbewußten Individualisten ein Gemeinschaftsgefühl ppe_457.015 her, das ihn ein stellvertretendes Aufsichnehmen und ppe_457.016 Vorerleben des gemeinsamen Schicksals als Aufgabe ergreifen läßt, ppe_457.017 wie Goethes „Vermächtnis“ es ausspricht: ppe_457.018 Denn edlen Seelen vorzufühlen, ppe_457.019 Ist wünschenswertester Beruf. ppe_457.020 Der Beruf des Dichters war nach einem von Paul Kluckhohn gegebenen ppe_457.021 Überblick im Altertum als der eines Erziehers der Gemeinschaft ppe_457.022 aufgefaßt, in der altgermanischen Zeit als Fürsten- und Herrendienst, ppe_457.023 im christlichen Mittelalter als gottwohlgefälliges Werk, in ppe_457.024 der höfischen Kultur als Dienst der ritterlichen Gesellschaft. Humanismus ppe_457.025 und Renaissance fügten zu erhöhtem Selbstbewußtsein und ppe_457.026 Anspruch auf Unsterblichkeit das Ziel des Ruhmes, der für die ganze ppe_457.027 Nation zu erwerben war. Damit wurde zum ersten Male eine nationale ppe_457.028 Sendung des Dichters begründet. Bei Klopstock trat die innere ppe_457.029 Berufung des Dichters, dem Gott, Freundschaft, Freiheit, Vaterland ppe_457.030 bestimmende Erlebnisse wurden, in den Vordergrund; sein stolzes ppe_457.031 Selbstbewußtsein beanspruchte trotz fürstlicher Gunst, die er als ihm ppe_457.032 zukommend entgegennahm, volle Unabhängigkeit für die Erfüllung ppe_457.033 seiner Sendung. Diese Selbständigikeit, die noch von den Romantikern ppe_457.034 mit aller Scheu vor gesellschaftlichen Fesseln gewahrt wurde, ppe_457.035 verlor sich, als das Schriftstellertum mehr und mehr zum bürgerlichen ppe_457.036 Beruf wurde. Der Zivilisationsliterat drängte sich an die Stelle ppe_457.037 des Dichters. Damit riß auch jene Verwahrlosung der Sprache ein, ppe_457.038 über die schon Friedrich Nietzsche im Kampf gegen den Bildungsphilister ppe_457.039 die Lauge seines Spottes goß. Nach ihm schrieb Stefan

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Zitationshilfe: Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944, S. 457. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/petersen_poetik_1944/481>, abgerufen am 22.11.2024.