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Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944.

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so wenig auch die meisterhafteste Übertragung vollen Ersatz für ppe_060.002
das Original bieten kann, so wenig kann man die Leistungen der Voß, ppe_060.003
Schlegel, Regis, Gildemeister und anderer aus der deutschen Literaturgeschichte ppe_060.004
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Anders steht es mit den fingierten Übersetzungen, die vom großen ppe_060.006
Einfluß bestimmter fremder Dichter Zeugnis ablegen. Wenn Wilhelm ppe_060.007
Häring seine ersten Romane unter dem Namen Walter Scott erscheinen ppe_060.008
ließ, während Balzac eine seiner früheren Erzählungen als Werk ppe_060.009
Hoffmanns ausgab, so bedeuten diese Tatsachen weniger Fälschungen ppe_060.010
als Zugeständnisse einer bis zur Nachahmung gehenden Abhängigkeit. ppe_060.011
Mit Auflösung des Pseudonyms ist die auf den Verfasser selbst ppe_060.012
zurückgehende Überlieferung berichtigt, ohne daß die Literaturen, ppe_060.013
denen die Namen Scott und Hoffmann angehören, mehr damit zu tun ppe_060.014
haben, als daß sie starke Ausstrahlungen ihrer Wirkung zu buchen ppe_060.015
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b) Beschränkung der Überlieferung

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Das Ergebnis der ersten äußerlichen Abgrenzung, die dem Material ppe_060.018
der literarhistorischen Forschung zuteil werden kann, besteht darin, ppe_060.019
daß das Gebiet der Literaturwissenschaft sich in so viele Literaturgeschichten ppe_060.020
aufteilt, als es Literatursprachen gibt. Jede Nationalliteratur ppe_060.021
hat den Einklang von Sprache und Volkstum zum Kern, ppe_060.022
aber Sprache und Volkstum brauchen so wenig wie Blut und Boden ppe_060.023
sich immer vollständig zu decken. Es gibt Kolonien auf fremder Erde ppe_060.024
und Minderheiten im Mutterlande; es kann sowohl nationaler Geist in ppe_060.025
fremder Sprache seinen Ausdruck gefunden haben als fremder Geist ppe_060.026
in der Nationalsprache.

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Voraussetzung dieser Abgrenzung ist die Beschränkung auf Dichtung ppe_060.028
und schöne Literatur. Die Wortkunstwerke, nicht die Spracherzeugnisse ppe_060.029
überhaupt bilden den Gegenstand. Aber wo ist die ppe_060.030
Scheidelinie? Hier hat sich die literaturwissenschaftliche Methodenlehre ppe_060.031
ziemlich erfolglos bemüht, zu einem eindeutigen Ergebnis zu ppe_060.032
gelangen. Der Rumäne Michel Dragomirescu behilft sich in seinem ppe_060.033
an französischer Literaturästhetik orientierten dreibändigen Werk ppe_060.034
"La science de la litterature" mit einer Dreiteilung von "oeuvres ppe_060.035
pratiques", "oeuvres artistiques" und "chefs d'oeuvre". Bei der ersten ppe_060.036
Klasse handelt es sich um alle Zweckliteratur, also auch um Werke ppe_060.037
der Wissenschaft. Sie vermitteln geistige Werte unter Aufwand von ppe_060.038
mehr oder weniger Sprachkunst, und manche Geschichts- oder Lebensdarstellung ppe_060.039
kann ihrer Form nach vollen Anspruch erheben, als

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der literarhistorischen Forschung zuteil werden kann, besteht darin, ppe_060.019
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pratiques“, „œuvres artistiques“ und „chefs d'œuvre“. Bei der ersten ppe_060.036
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Zitationshilfe: Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/petersen_poetik_1944/84>, abgerufen am 21.11.2024.