Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 2. Wien, 1850.als möglich um einen Schwiegersohn umsehe, da jedes Mädchen heirathen müsse, und zwar je jünger desto ehrenvoller, -- eine unverheirathete Tochter wäre des Vaters Schande, und man würde ihn für lieblos halten. Hat er einen Schwiegersohn gefunden, so beschreibt er seiner Frau dessen geistige und körperliche Beschaffenheit, die Vermögensumstände u. s. w. Sie muß sich mit dieser Beschreibung begnügen, denn sie bekömmt ihren Schwiegersohn weder als Bräutigam noch als Gemahl ihrer Tochter zu sehen. Er wird nie als zur Familie der Braut gehörend betrachtet, sondern die junge Frau geht in jene des Mannes über. Die männlichen Verwandten ihres Gemahls zu sehen und mit ihnen zu sprechen, ist ihr nicht verwehrt, eben so darf sie vor der männlichen Dienerschaft im Hause unverschleiert erscheinen; will sie aber ihre Mutter besuchen, so muß sie sich in einem fest verschlossenen Palankine dahin tragen lassen. Ich sah auch des Baboo Frau und eine seiner Schwägerinnen. Erstere war 25 Jahre alt und sehr wohl beleibt, letztere zählte 15 Jahre und hatte eine schlanke, liebliche Gestalt. Die Ursache hievon ward mir alsbald erklärt. Die Mädchen, obwohl so jung verheirathet, werden selten vor dem 14ten Jahre Mütter und bis dahin behalten sie gewöhnlich ihre schlanke Gestalt. Nach der ersten Geburt bringen sie sechs oder acht Wochen in ihrem Zimmer wie eingeschlossen zu, machen keine Bewegung und essen reichlich von den leckersten Speisen und Naschwerken. Diese Mästung schlägt gewöhnlich gut an. Man muß wissen, daß die Hindus wie die Mohamedaner als möglich um einen Schwiegersohn umsehe, da jedes Mädchen heirathen müsse, und zwar je jünger desto ehrenvoller, — eine unverheirathete Tochter wäre des Vaters Schande, und man würde ihn für lieblos halten. Hat er einen Schwiegersohn gefunden, so beschreibt er seiner Frau dessen geistige und körperliche Beschaffenheit, die Vermögensumstände u. s. w. Sie muß sich mit dieser Beschreibung begnügen, denn sie bekömmt ihren Schwiegersohn weder als Bräutigam noch als Gemahl ihrer Tochter zu sehen. Er wird nie als zur Familie der Braut gehörend betrachtet, sondern die junge Frau geht in jene des Mannes über. Die männlichen Verwandten ihres Gemahls zu sehen und mit ihnen zu sprechen, ist ihr nicht verwehrt, eben so darf sie vor der männlichen Dienerschaft im Hause unverschleiert erscheinen; will sie aber ihre Mutter besuchen, so muß sie sich in einem fest verschlossenen Palankine dahin tragen lassen. Ich sah auch des Baboo Frau und eine seiner Schwägerinnen. Erstere war 25 Jahre alt und sehr wohl beleibt, letztere zählte 15 Jahre und hatte eine schlanke, liebliche Gestalt. Die Ursache hievon ward mir alsbald erklärt. Die Mädchen, obwohl so jung verheirathet, werden selten vor dem 14ten Jahre Mütter und bis dahin behalten sie gewöhnlich ihre schlanke Gestalt. Nach der ersten Geburt bringen sie sechs oder acht Wochen in ihrem Zimmer wie eingeschlossen zu, machen keine Bewegung und essen reichlich von den leckersten Speisen und Naschwerken. Diese Mästung schlägt gewöhnlich gut an. Man muß wissen, daß die Hindus wie die Mohamedaner <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0142" n="135"/> als möglich um einen Schwiegersohn umsehe, da jedes Mädchen heirathen müsse, und zwar je jünger desto ehrenvoller, — eine unverheirathete Tochter wäre des Vaters Schande, und man würde ihn für lieblos halten. Hat er einen Schwiegersohn gefunden, so beschreibt er seiner Frau dessen geistige und körperliche Beschaffenheit, die Vermögensumstände u. s. w. Sie muß sich mit dieser Beschreibung begnügen, denn sie bekömmt ihren Schwiegersohn weder als Bräutigam noch als Gemahl ihrer Tochter zu sehen. Er wird nie als zur Familie der Braut gehörend betrachtet, sondern die junge Frau geht in jene des Mannes über. Die männlichen Verwandten ihres Gemahls zu sehen und mit ihnen zu sprechen, ist ihr nicht verwehrt, eben so darf sie vor der männlichen Dienerschaft im Hause unverschleiert erscheinen; will sie aber ihre Mutter besuchen, so muß sie sich in einem fest verschlossenen Palankine dahin tragen lassen.</p> <p>Ich sah auch des Baboo Frau und eine seiner Schwägerinnen. Erstere war 25 Jahre alt und sehr wohl beleibt, letztere zählte 15 Jahre und hatte eine schlanke, liebliche Gestalt. Die Ursache hievon ward mir alsbald erklärt. Die Mädchen, obwohl so jung verheirathet, werden selten vor dem 14ten Jahre Mütter und bis dahin behalten sie gewöhnlich ihre schlanke Gestalt. Nach der ersten Geburt bringen sie sechs oder acht Wochen in ihrem Zimmer wie eingeschlossen zu, machen keine Bewegung und essen reichlich von den leckersten Speisen und Naschwerken. Diese Mästung schlägt gewöhnlich gut an. Man muß wissen, daß die Hindus wie die Mohamedaner </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [135/0142]
als möglich um einen Schwiegersohn umsehe, da jedes Mädchen heirathen müsse, und zwar je jünger desto ehrenvoller, — eine unverheirathete Tochter wäre des Vaters Schande, und man würde ihn für lieblos halten. Hat er einen Schwiegersohn gefunden, so beschreibt er seiner Frau dessen geistige und körperliche Beschaffenheit, die Vermögensumstände u. s. w. Sie muß sich mit dieser Beschreibung begnügen, denn sie bekömmt ihren Schwiegersohn weder als Bräutigam noch als Gemahl ihrer Tochter zu sehen. Er wird nie als zur Familie der Braut gehörend betrachtet, sondern die junge Frau geht in jene des Mannes über. Die männlichen Verwandten ihres Gemahls zu sehen und mit ihnen zu sprechen, ist ihr nicht verwehrt, eben so darf sie vor der männlichen Dienerschaft im Hause unverschleiert erscheinen; will sie aber ihre Mutter besuchen, so muß sie sich in einem fest verschlossenen Palankine dahin tragen lassen.
Ich sah auch des Baboo Frau und eine seiner Schwägerinnen. Erstere war 25 Jahre alt und sehr wohl beleibt, letztere zählte 15 Jahre und hatte eine schlanke, liebliche Gestalt. Die Ursache hievon ward mir alsbald erklärt. Die Mädchen, obwohl so jung verheirathet, werden selten vor dem 14ten Jahre Mütter und bis dahin behalten sie gewöhnlich ihre schlanke Gestalt. Nach der ersten Geburt bringen sie sechs oder acht Wochen in ihrem Zimmer wie eingeschlossen zu, machen keine Bewegung und essen reichlich von den leckersten Speisen und Naschwerken. Diese Mästung schlägt gewöhnlich gut an. Man muß wissen, daß die Hindus wie die Mohamedaner
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Zitationshilfe: | Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 2. Wien, 1850, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt02_1850/142>, abgerufen am 16.02.2025. |