Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 2. Wien, 1850.

Bild:
<< vorherige Seite

dachte ich, es sei Herr Agassiz und wunderte mich sehr über die laute Nachhausekunft; bald aber gewahrte ich, daß der Lärm nicht in unserm, sondern im gegenüberliegenden Hause statt hatte. Es ist ein solcher Irrthum sehr leicht, da die Häuser sich ganz nahe stehen und die Fenster Tag und Nacht offen sind. -- Ich hörte rufen: Stehen Sie auf, kleiden Sie sich an! -- und dazwischen wieder: Es ist fürchterlich! es ist entsetzlich! Gott! wo, wo ist es geschehen? -- -- Ich sprang aus dem Bette und warf eilig ein Kleid um, mit dem Gedanken, es müsse entweder Feuer oder ein Aufstand ausgebrochen sein *).

Als ich einen der Herren in der Nähe eines Fensters gewahrte, rief ich hinüber und bat ihn, mir zu sagen, was so schreckliches vorgefallen sei. Er erzählte mir in Eile, man habe so eben die Nachricht gebracht, daß zwei seiner Freunde, die nach Hong-kong fahren wollten (Whampoa lag auf dem Wege) von Piraten überfallen und der eine ermordet, der andere verwundet worden sei. -- Er verließ gleich darauf das Fenster, so daß ich ihn nicht um den Namen des Unglücklichen fragen konnte und so während der ganzen Nacht in Angst schwebte, ob man diese Unthat nicht an Hrn. Agassiz verübt habe.

Glücklicherweise war wenigstens dies nicht der Fall,

*) Besonders letzteres war täglich zu erwarten, und das Volk ließ sich verlauten, daß spätestens am 12. oder 13. August eine Revolution ausbrechen werde, in welcher alle Europäer ihr Leben verlieren sollten. -- Man denke sich meine Lage, -- ich war mir ganz allein überlassen und nur von Chinesen umgeben.

dachte ich, es sei Herr Agassiz und wunderte mich sehr über die laute Nachhausekunft; bald aber gewahrte ich, daß der Lärm nicht in unserm, sondern im gegenüberliegenden Hause statt hatte. Es ist ein solcher Irrthum sehr leicht, da die Häuser sich ganz nahe stehen und die Fenster Tag und Nacht offen sind. — Ich hörte rufen: Stehen Sie auf, kleiden Sie sich an! — und dazwischen wieder: Es ist fürchterlich! es ist entsetzlich! Gott! wo, wo ist es geschehen? — — Ich sprang aus dem Bette und warf eilig ein Kleid um, mit dem Gedanken, es müsse entweder Feuer oder ein Aufstand ausgebrochen sein *).

Als ich einen der Herren in der Nähe eines Fensters gewahrte, rief ich hinüber und bat ihn, mir zu sagen, was so schreckliches vorgefallen sei. Er erzählte mir in Eile, man habe so eben die Nachricht gebracht, daß zwei seiner Freunde, die nach Hong-kong fahren wollten (Whampoa lag auf dem Wege) von Piraten überfallen und der eine ermordet, der andere verwundet worden sei. — Er verließ gleich darauf das Fenster, so daß ich ihn nicht um den Namen des Unglücklichen fragen konnte und so während der ganzen Nacht in Angst schwebte, ob man diese Unthat nicht an Hrn. Agassiz verübt habe.

Glücklicherweise war wenigstens dies nicht der Fall,

*) Besonders letzteres war täglich zu erwarten, und das Volk ließ sich verlauten, daß spätestens am 12. oder 13. August eine Revolution ausbrechen werde, in welcher alle Europäer ihr Leben verlieren sollten. — Man denke sich meine Lage, — ich war mir ganz allein überlassen und nur von Chinesen umgeben.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0037" n="30"/>
dachte ich, es sei Herr Agassiz und wunderte mich sehr über die laute Nachhausekunft; bald aber gewahrte ich, daß der Lärm nicht in unserm, sondern im gegenüberliegenden Hause statt hatte. Es ist ein solcher Irrthum sehr leicht, da die Häuser sich ganz nahe stehen und die Fenster Tag und Nacht offen sind. &#x2014; Ich hörte rufen: Stehen Sie auf, kleiden Sie sich an! &#x2014; und dazwischen wieder: Es ist fürchterlich! es ist entsetzlich! Gott! wo, wo ist es geschehen? &#x2014; &#x2014; Ich sprang aus dem Bette und warf eilig ein Kleid um, mit dem Gedanken, es müsse entweder Feuer oder ein Aufstand ausgebrochen sein <note place="foot" n="*)">Besonders letzteres war täglich zu erwarten, und das Volk ließ sich verlauten, daß spätestens am 12. oder 13. August eine Revolution ausbrechen werde, in welcher alle Europäer ihr Leben verlieren sollten. &#x2014; Man denke sich meine Lage, &#x2014; ich war mir ganz allein überlassen und nur von Chinesen umgeben.</note>.</p>
        <p>Als ich einen der Herren in der Nähe eines Fensters gewahrte, rief ich hinüber und bat ihn, mir zu sagen, was so schreckliches vorgefallen sei. Er erzählte mir in Eile, man habe so eben die Nachricht gebracht, daß zwei seiner Freunde, die nach Hong-kong fahren wollten (Whampoa lag auf dem Wege) von Piraten überfallen und der eine ermordet, der andere verwundet worden sei. &#x2014; Er verließ gleich darauf das Fenster, so daß ich ihn nicht um den Namen des Unglücklichen fragen konnte und so während der ganzen Nacht in Angst schwebte, ob man diese Unthat nicht an Hrn. Agassiz verübt habe.</p>
        <p>Glücklicherweise war wenigstens dies nicht der Fall,
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[30/0037] dachte ich, es sei Herr Agassiz und wunderte mich sehr über die laute Nachhausekunft; bald aber gewahrte ich, daß der Lärm nicht in unserm, sondern im gegenüberliegenden Hause statt hatte. Es ist ein solcher Irrthum sehr leicht, da die Häuser sich ganz nahe stehen und die Fenster Tag und Nacht offen sind. — Ich hörte rufen: Stehen Sie auf, kleiden Sie sich an! — und dazwischen wieder: Es ist fürchterlich! es ist entsetzlich! Gott! wo, wo ist es geschehen? — — Ich sprang aus dem Bette und warf eilig ein Kleid um, mit dem Gedanken, es müsse entweder Feuer oder ein Aufstand ausgebrochen sein *). Als ich einen der Herren in der Nähe eines Fensters gewahrte, rief ich hinüber und bat ihn, mir zu sagen, was so schreckliches vorgefallen sei. Er erzählte mir in Eile, man habe so eben die Nachricht gebracht, daß zwei seiner Freunde, die nach Hong-kong fahren wollten (Whampoa lag auf dem Wege) von Piraten überfallen und der eine ermordet, der andere verwundet worden sei. — Er verließ gleich darauf das Fenster, so daß ich ihn nicht um den Namen des Unglücklichen fragen konnte und so während der ganzen Nacht in Angst schwebte, ob man diese Unthat nicht an Hrn. Agassiz verübt habe. Glücklicherweise war wenigstens dies nicht der Fall, *) Besonders letzteres war täglich zu erwarten, und das Volk ließ sich verlauten, daß spätestens am 12. oder 13. August eine Revolution ausbrechen werde, in welcher alle Europäer ihr Leben verlieren sollten. — Man denke sich meine Lage, — ich war mir ganz allein überlassen und nur von Chinesen umgeben.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Sophie: A digital library of works by german-speaking women: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-06-28T07:11:29Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition (2013-06-28T07:11:29Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-06-28T07:11:29Z)

Weitere Informationen:

  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein
  • Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.) sind nicht konsequent wie in der Vorlage gekennzeichnet



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt02_1850
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt02_1850/37
Zitationshilfe: Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 2. Wien, 1850, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt02_1850/37>, abgerufen am 03.12.2024.