Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 2. Wien, 1850.-- endlich die Dschongles (Jungles, Urwälder) im Hintergrunde, bilden die anmuthigste Landschaft, deren Reiz noch mehr gewinnt, wenn man, wie ich, aus dem Kerker "Canton" oder aus der öden Umgebung der Stadt Victoria kömmt. Die ganze Insel ist mit schönen Fahrwegen durchschnitten, von welchen jene, die sich an der Meeresküste fortschlängeln, die besuchtesten sind. Man sieht hier hübsche Equipagen, Pferde von Neuholland, von Java und sogar von England *). Außer den schönen europäischen Wagen sind auch viele hier fabrizirte sogenannte Palankine im Gebrauche, die ganz gedeckt und von allen Seiten mit Jalousieen umgeben sind. Gewöhnlich ist nur ein Pferd daran gespannt, und der Kutscher so wie der Diener laufen neben dem Pferde her. Ich konnte mein Mißfallen über diese barbarische Sitte nicht verhehlen. Man sagte mir, man habe sie abschaffen wollen, daß aber die Diener selbst wieder gebeten hätten, lieber neben dem Wagen laufen zu dürfen, als darauf zu sitzen oder zu stehen. Sie hängen sich am Pferde oder am Wagen an und lassen sich mit fortreißen. Es verging selten ein Tag, an welchem wir nicht spazieren fuhren. Zwei Mal in der Woche hörten wir auf der Esplanade, dicht am Meere, herrliche Militär-Musik **). Dahin fuhr, ritt und ging die ganze elegante Welt. Wagen reihten sich an Wagen, junge Herren zu *) Die Pferde pflanzen sich hier nicht fort, sie müssen stets eingeführt werden. **) Die ostindische Compagnie, der die Insel gehört, hat hier einen Gouverneur und englisches Militär.
— endlich die Dschongles (Jungles, Urwälder) im Hintergrunde, bilden die anmuthigste Landschaft, deren Reiz noch mehr gewinnt, wenn man, wie ich, aus dem Kerker „Canton“ oder aus der öden Umgebung der Stadt Victoria kömmt. Die ganze Insel ist mit schönen Fahrwegen durchschnitten, von welchen jene, die sich an der Meeresküste fortschlängeln, die besuchtesten sind. Man sieht hier hübsche Equipagen, Pferde von Neuholland, von Java und sogar von England *). Außer den schönen europäischen Wagen sind auch viele hier fabrizirte sogenannte Palankine im Gebrauche, die ganz gedeckt und von allen Seiten mit Jalousieen umgeben sind. Gewöhnlich ist nur ein Pferd daran gespannt, und der Kutscher so wie der Diener laufen neben dem Pferde her. Ich konnte mein Mißfallen über diese barbarische Sitte nicht verhehlen. Man sagte mir, man habe sie abschaffen wollen, daß aber die Diener selbst wieder gebeten hätten, lieber neben dem Wagen laufen zu dürfen, als darauf zu sitzen oder zu stehen. Sie hängen sich am Pferde oder am Wagen an und lassen sich mit fortreißen. Es verging selten ein Tag, an welchem wir nicht spazieren fuhren. Zwei Mal in der Woche hörten wir auf der Esplanade, dicht am Meere, herrliche Militär-Musik **). Dahin fuhr, ritt und ging die ganze elegante Welt. Wagen reihten sich an Wagen, junge Herren zu *) Die Pferde pflanzen sich hier nicht fort, sie müssen stets eingeführt werden. **) Die ostindische Compagnie, der die Insel gehört, hat hier einen Gouverneur und englisches Militär.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0077" n="70"/> — endlich die Dschongles (Jungles, Urwälder) im Hintergrunde, bilden die anmuthigste Landschaft, deren Reiz noch mehr gewinnt, wenn man, wie ich, aus dem Kerker „Canton“ oder aus der öden Umgebung der Stadt Victoria kömmt.</p> <p>Die ganze Insel ist mit schönen Fahrwegen durchschnitten, von welchen jene, die sich an der Meeresküste fortschlängeln, die besuchtesten sind. Man sieht hier hübsche Equipagen, Pferde von Neuholland, von Java und sogar von England <note place="foot" n="*)">Die Pferde pflanzen sich hier nicht fort, sie müssen stets eingeführt werden.</note>. Außer den schönen europäischen Wagen sind auch viele hier fabrizirte sogenannte Palankine im Gebrauche, die ganz gedeckt und von allen Seiten mit Jalousieen umgeben sind. Gewöhnlich ist nur ein Pferd daran gespannt, und der Kutscher so wie der Diener laufen neben dem Pferde her. Ich konnte mein Mißfallen über diese barbarische Sitte nicht verhehlen. Man sagte mir, man habe sie abschaffen wollen, daß aber die Diener selbst wieder gebeten hätten, lieber neben dem Wagen laufen zu dürfen, als darauf zu sitzen oder zu stehen. Sie hängen sich am Pferde oder am Wagen an und lassen sich mit fortreißen.</p> <p>Es verging selten ein Tag, an welchem wir nicht spazieren fuhren. Zwei Mal in der Woche hörten wir auf der Esplanade, dicht am Meere, herrliche Militär-Musik <note place="foot" n="**)">Die ostindische Compagnie, der die Insel gehört, hat hier einen Gouverneur und englisches Militär.</note>. Dahin fuhr, ritt und ging die ganze elegante Welt. Wagen reihten sich an Wagen, junge Herren zu </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [70/0077]
— endlich die Dschongles (Jungles, Urwälder) im Hintergrunde, bilden die anmuthigste Landschaft, deren Reiz noch mehr gewinnt, wenn man, wie ich, aus dem Kerker „Canton“ oder aus der öden Umgebung der Stadt Victoria kömmt.
Die ganze Insel ist mit schönen Fahrwegen durchschnitten, von welchen jene, die sich an der Meeresküste fortschlängeln, die besuchtesten sind. Man sieht hier hübsche Equipagen, Pferde von Neuholland, von Java und sogar von England *). Außer den schönen europäischen Wagen sind auch viele hier fabrizirte sogenannte Palankine im Gebrauche, die ganz gedeckt und von allen Seiten mit Jalousieen umgeben sind. Gewöhnlich ist nur ein Pferd daran gespannt, und der Kutscher so wie der Diener laufen neben dem Pferde her. Ich konnte mein Mißfallen über diese barbarische Sitte nicht verhehlen. Man sagte mir, man habe sie abschaffen wollen, daß aber die Diener selbst wieder gebeten hätten, lieber neben dem Wagen laufen zu dürfen, als darauf zu sitzen oder zu stehen. Sie hängen sich am Pferde oder am Wagen an und lassen sich mit fortreißen.
Es verging selten ein Tag, an welchem wir nicht spazieren fuhren. Zwei Mal in der Woche hörten wir auf der Esplanade, dicht am Meere, herrliche Militär-Musik **). Dahin fuhr, ritt und ging die ganze elegante Welt. Wagen reihten sich an Wagen, junge Herren zu
*) Die Pferde pflanzen sich hier nicht fort, sie müssen stets eingeführt werden.
**) Die ostindische Compagnie, der die Insel gehört, hat hier einen Gouverneur und englisches Militär.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Sophie: A digital library of works by german-speaking women: Bereitstellung der Texttranskription.
(2013-06-28T07:11:29Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition
(2013-06-28T07:11:29Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-06-28T07:11:29Z)
Weitere Informationen:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |