Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 2. Wien, 1850.

Bild:
<< vorherige Seite

Erde gepflanzt. Dieselbe Ceremonie ahmten die Verwandten nach.

Während dieser ganzen langen Zeit hatte der Priester, vom Grabe entfernt, ganz theilnahmslos unter dem Schatten eines mächtigen Sonnenschirmes gesessen. Nun aber kam er herbei, hielt ein kurzes Gebet, schellte dazwischen mehrmals mit einer Glocke, und sein Dienst war beendet. -- Die Speisen wurden hinweg genommen, der Thee über das Grab gegossen und der Zug kehrte munter und fröhlich, unter Begleitung der Musik, die auch zeitweise am Grabe gespielt hatte, heim. -- Die Speisen wurden, wie man mir sagte, an Arme vertheilt.

Am darauf folgenden Tage sah ich das berühmte Laternenfest der Chinesen. An allen Häusern, an den Ecken der Dächer, an hohen Pfählen u. s. w. hingen zahllose Laternen von farbiger Gaze und Papier, die auf das geschmackvollste geschmückt und mit Göttern, Kriegern und Thieren bemalt waren. In den Höfen und Gärten der Häuser, oder in Ermangelung derselben, auf den Straßen vor den Häusern waren auf großen Tischen halb pyramidenförmig Speisen und Früchte zwischen Blumen, Lichter- und Lampen aufgestellt. Das Volk wogte in den Straßen, , Höfen und Gärten bis gegen Mitternacht umher, und dann erst wurden die eßbaren Pyramiden von den Eigenthümern und deren Verwandten angegriffen. -- Mir gefiel dieses Fest sehr gut, und nichts bewunderte ich so sehr, als das bescheidene und anständige Benehmen des Volkes -- es betrachtete all die Vorräthe von Eßwaaren mit prüfenden Blicken; allein niemand berührte das geringste davon.

Erde gepflanzt. Dieselbe Ceremonie ahmten die Verwandten nach.

Während dieser ganzen langen Zeit hatte der Priester, vom Grabe entfernt, ganz theilnahmslos unter dem Schatten eines mächtigen Sonnenschirmes gesessen. Nun aber kam er herbei, hielt ein kurzes Gebet, schellte dazwischen mehrmals mit einer Glocke, und sein Dienst war beendet. — Die Speisen wurden hinweg genommen, der Thee über das Grab gegossen und der Zug kehrte munter und fröhlich, unter Begleitung der Musik, die auch zeitweise am Grabe gespielt hatte, heim. — Die Speisen wurden, wie man mir sagte, an Arme vertheilt.

Am darauf folgenden Tage sah ich das berühmte Laternenfest der Chinesen. An allen Häusern, an den Ecken der Dächer, an hohen Pfählen u. s. w. hingen zahllose Laternen von farbiger Gaze und Papier, die auf das geschmackvollste geschmückt und mit Göttern, Kriegern und Thieren bemalt waren. In den Höfen und Gärten der Häuser, oder in Ermangelung derselben, auf den Straßen vor den Häusern waren auf großen Tischen halb pyramidenförmig Speisen und Früchte zwischen Blumen, Lichter- und Lampen aufgestellt. Das Volk wogte in den Straßen, , Höfen und Gärten bis gegen Mitternacht umher, und dann erst wurden die eßbaren Pyramiden von den Eigenthümern und deren Verwandten angegriffen. — Mir gefiel dieses Fest sehr gut, und nichts bewunderte ich so sehr, als das bescheidene und anständige Benehmen des Volkes — es betrachtete all die Vorräthe von Eßwaaren mit prüfenden Blicken; allein niemand berührte das geringste davon.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0092" n="85"/>
Erde gepflanzt. Dieselbe Ceremonie ahmten die Verwandten nach.</p>
          <p>Während dieser ganzen langen Zeit hatte der Priester, vom Grabe entfernt, ganz theilnahmslos unter dem Schatten eines mächtigen Sonnenschirmes gesessen. Nun aber kam er herbei, hielt ein kurzes Gebet, schellte dazwischen mehrmals mit einer Glocke, und sein Dienst war beendet. &#x2014; Die Speisen wurden hinweg genommen, der Thee über das Grab gegossen und der Zug kehrte munter und fröhlich, unter Begleitung der Musik, die auch zeitweise am Grabe gespielt hatte, heim. &#x2014; Die Speisen wurden, wie man mir sagte, an Arme vertheilt.</p>
          <p>Am darauf folgenden Tage sah ich das berühmte Laternenfest der Chinesen. An allen Häusern, an den Ecken der Dächer, an hohen Pfählen u. s. w. hingen zahllose Laternen von farbiger Gaze und Papier, die auf das geschmackvollste geschmückt und mit Göttern, Kriegern und Thieren bemalt waren. In den Höfen und Gärten der Häuser, oder in Ermangelung derselben, auf den Straßen vor den Häusern waren auf großen Tischen halb pyramidenförmig Speisen und Früchte zwischen Blumen, Lichter- und Lampen aufgestellt. Das Volk wogte in den Straßen, , Höfen und Gärten bis gegen Mitternacht umher, und dann erst wurden die eßbaren Pyramiden von den Eigenthümern und deren Verwandten angegriffen. &#x2014; Mir gefiel dieses Fest sehr gut, und nichts bewunderte ich so sehr, als das bescheidene und anständige Benehmen des Volkes &#x2014; es betrachtete all die Vorräthe von Eßwaaren mit prüfenden Blicken; allein niemand berührte das geringste davon.</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[85/0092] Erde gepflanzt. Dieselbe Ceremonie ahmten die Verwandten nach. Während dieser ganzen langen Zeit hatte der Priester, vom Grabe entfernt, ganz theilnahmslos unter dem Schatten eines mächtigen Sonnenschirmes gesessen. Nun aber kam er herbei, hielt ein kurzes Gebet, schellte dazwischen mehrmals mit einer Glocke, und sein Dienst war beendet. — Die Speisen wurden hinweg genommen, der Thee über das Grab gegossen und der Zug kehrte munter und fröhlich, unter Begleitung der Musik, die auch zeitweise am Grabe gespielt hatte, heim. — Die Speisen wurden, wie man mir sagte, an Arme vertheilt. Am darauf folgenden Tage sah ich das berühmte Laternenfest der Chinesen. An allen Häusern, an den Ecken der Dächer, an hohen Pfählen u. s. w. hingen zahllose Laternen von farbiger Gaze und Papier, die auf das geschmackvollste geschmückt und mit Göttern, Kriegern und Thieren bemalt waren. In den Höfen und Gärten der Häuser, oder in Ermangelung derselben, auf den Straßen vor den Häusern waren auf großen Tischen halb pyramidenförmig Speisen und Früchte zwischen Blumen, Lichter- und Lampen aufgestellt. Das Volk wogte in den Straßen, , Höfen und Gärten bis gegen Mitternacht umher, und dann erst wurden die eßbaren Pyramiden von den Eigenthümern und deren Verwandten angegriffen. — Mir gefiel dieses Fest sehr gut, und nichts bewunderte ich so sehr, als das bescheidene und anständige Benehmen des Volkes — es betrachtete all die Vorräthe von Eßwaaren mit prüfenden Blicken; allein niemand berührte das geringste davon.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Sophie: A digital library of works by german-speaking women: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-06-28T07:11:29Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition (2013-06-28T07:11:29Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-06-28T07:11:29Z)

Weitere Informationen:

  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein
  • Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.) sind nicht konsequent wie in der Vorlage gekennzeichnet



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt02_1850
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt02_1850/92
Zitationshilfe: Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 2. Wien, 1850, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt02_1850/92>, abgerufen am 21.11.2024.