Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850.Die Russen und die Kosaken haben kalmukenartige, dummrohe Züge, und ihr Benehmen rechtfertigt vollkommen, was ihre Züge verkünden; kein Volk fand ich so habgierig, grob und knechtisch wie dieses. Wenn ich um etwas frug, gab man mir entweder keine oder eine grobe Antwort, oder man lachte mir ins Gesicht und ließ mich stehen. Mir würde diese Rohheit vielleicht nicht so sehr aufgefallen sein, wäre ich von Europa gekommen. Schon in Natschivan war ich Willens gewesen, mit der russischen Post zu reisen; allein man hatte mir davon abgerathen, indem man mir versicherte, daß ich als einzelnce Frau mit dem artigen Postpersonale durchaus nicht auskommen würde. Hier aber war ich fest entschlossen, es dennoch zu thun, und ich bat Dr. Müller alle Anstalten dazu zu treffen. Um in dem lieben russischen Reiche mit Postpferden fahren zu dürfen, muß man eine Padroschne (Erlaubnißschein) lösen, die man nur in einer Stadt bekommen kann, in welcher sich verschiedene Gerichtsstellen befinden, denn man hat für dieses wichtige Staatsdokument sechs Gänge nöthig, -- - 1. zum Rentmeister, 2. zur Polizei (natürlich mit Paß, Aufenthaltskarte u. s. w.), 3. zum Kommandanten, 4. wieder zur Polizei, 5. wieder zum Rentmeister und 6 zum letztenmal zur Polizei. In der Padroschne muß man genau angeben, wie weit man reisen will, denn auch nur eine Werst über die angegebene Station darf der Postmeister nicht mehr fahren lassen. Zum Schluß muß man für jedes Pferd per Werst eine halbe Kopeke (1/2 Kreuzer) bezahlen. Dies scheint im ersten Augenblicke nicht viel, ist aber doch eine Die Russen und die Kosaken haben kalmukenartige, dummrohe Züge, und ihr Benehmen rechtfertigt vollkommen, was ihre Züge verkünden; kein Volk fand ich so habgierig, grob und knechtisch wie dieses. Wenn ich um etwas frug, gab man mir entweder keine oder eine grobe Antwort, oder man lachte mir ins Gesicht und ließ mich stehen. Mir würde diese Rohheit vielleicht nicht so sehr aufgefallen sein, wäre ich von Europa gekommen. Schon in Natschivan war ich Willens gewesen, mit der russischen Post zu reisen; allein man hatte mir davon abgerathen, indem man mir versicherte, daß ich als einzelnce Frau mit dem artigen Postpersonale durchaus nicht auskommen würde. Hier aber war ich fest entschlossen, es dennoch zu thun, und ich bat Dr. Müller alle Anstalten dazu zu treffen. Um in dem lieben russischen Reiche mit Postpferden fahren zu dürfen, muß man eine Padroschne (Erlaubnißschein) lösen, die man nur in einer Stadt bekommen kann, in welcher sich verschiedene Gerichtsstellen befinden, denn man hat für dieses wichtige Staatsdokument sechs Gänge nöthig, — - 1. zum Rentmeister, 2. zur Polizei (natürlich mit Paß, Aufenthaltskarte u. s. w.), 3. zum Kommandanten, 4. wieder zur Polizei, 5. wieder zum Rentmeister und 6 zum letztenmal zur Polizei. In der Padroschne muß man genau angeben, wie weit man reisen will, denn auch nur eine Werst über die angegebene Station darf der Postmeister nicht mehr fahren lassen. Zum Schluß muß man für jedes Pferd per Werst eine halbe Kopeke (1/2 Kreuzer) bezahlen. Dies scheint im ersten Augenblicke nicht viel, ist aber doch eine <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0261" n="253"/> <p>Die Russen und die Kosaken haben kalmukenartige, dummrohe Züge, und ihr Benehmen rechtfertigt vollkommen, was ihre Züge verkünden; kein Volk fand ich so habgierig, grob und knechtisch wie dieses. Wenn ich um etwas frug, gab man mir entweder keine oder eine grobe Antwort, oder man lachte mir ins Gesicht und ließ mich stehen. Mir würde diese Rohheit vielleicht nicht so sehr aufgefallen sein, wäre ich von Europa gekommen.</p> <p>Schon in <hi rendition="#aq">Natschivan</hi> war ich Willens gewesen, mit der russischen Post zu reisen; allein man hatte mir davon abgerathen, indem man mir versicherte, daß ich als einzelnce Frau mit dem artigen Postpersonale durchaus nicht auskommen würde. Hier aber war ich fest entschlossen, es dennoch zu thun, und ich bat Dr. Müller alle Anstalten dazu zu treffen.</p> <p>Um in dem lieben russischen Reiche mit Postpferden fahren zu dürfen, muß man eine Padroschne (Erlaubnißschein) lösen, die man nur in einer Stadt bekommen kann, in welcher sich verschiedene Gerichtsstellen befinden, denn man hat für dieses wichtige Staatsdokument sechs Gänge nöthig, — - 1. zum Rentmeister, 2. zur Polizei (natürlich mit Paß, Aufenthaltskarte u. s. w.), 3. zum Kommandanten, 4. wieder zur Polizei, 5. wieder zum Rentmeister und 6 zum letztenmal zur Polizei. In der Padroschne muß man genau angeben, wie weit man reisen will, denn auch nur <hi rendition="#aq">eine Werst</hi> über die angegebene Station darf der Postmeister nicht mehr fahren lassen. Zum Schluß muß man für jedes Pferd per Werst eine halbe Kopeke (1/2 Kreuzer) bezahlen. Dies scheint im ersten Augenblicke nicht viel, ist aber doch eine </p> </div> </body> </text> </TEI> [253/0261]
Die Russen und die Kosaken haben kalmukenartige, dummrohe Züge, und ihr Benehmen rechtfertigt vollkommen, was ihre Züge verkünden; kein Volk fand ich so habgierig, grob und knechtisch wie dieses. Wenn ich um etwas frug, gab man mir entweder keine oder eine grobe Antwort, oder man lachte mir ins Gesicht und ließ mich stehen. Mir würde diese Rohheit vielleicht nicht so sehr aufgefallen sein, wäre ich von Europa gekommen.
Schon in Natschivan war ich Willens gewesen, mit der russischen Post zu reisen; allein man hatte mir davon abgerathen, indem man mir versicherte, daß ich als einzelnce Frau mit dem artigen Postpersonale durchaus nicht auskommen würde. Hier aber war ich fest entschlossen, es dennoch zu thun, und ich bat Dr. Müller alle Anstalten dazu zu treffen.
Um in dem lieben russischen Reiche mit Postpferden fahren zu dürfen, muß man eine Padroschne (Erlaubnißschein) lösen, die man nur in einer Stadt bekommen kann, in welcher sich verschiedene Gerichtsstellen befinden, denn man hat für dieses wichtige Staatsdokument sechs Gänge nöthig, — - 1. zum Rentmeister, 2. zur Polizei (natürlich mit Paß, Aufenthaltskarte u. s. w.), 3. zum Kommandanten, 4. wieder zur Polizei, 5. wieder zum Rentmeister und 6 zum letztenmal zur Polizei. In der Padroschne muß man genau angeben, wie weit man reisen will, denn auch nur eine Werst über die angegebene Station darf der Postmeister nicht mehr fahren lassen. Zum Schluß muß man für jedes Pferd per Werst eine halbe Kopeke (1/2 Kreuzer) bezahlen. Dies scheint im ersten Augenblicke nicht viel, ist aber doch eine
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Sophie: A digital library of works by german-speaking women: Bereitstellung der Texttranskription.
(2013-06-28T07:11:29Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition
(2013-06-28T07:11:29Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-06-28T07:11:29Z)
Weitere Informationen:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |