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Pfizer, Gustav: Die deutsche Einheit und der Preußenhaß. Stuttgart, 1849.

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Aber soll das größere, das mächtigere Oestreich sich Preußen unter-
ordnen? Das wird nicht verlangt. Die östreichische Monarchie würde
vom deutschen Reich als ebenbürtig und selbstständig anerkannt; und
wenn, wie zu wünschen, die deutschen Provinzen Oestreichs mit Deutsch-
land in ein engeres Verhältniß treten wollen und sollen, so wird hiefür
eine Form sich finden lassen, welche alle Ansprüche der hohen Würde
des östreichischen Kaisers wahrt. Oestreich bleibt nach wie vor eine
europäische Großmacht, wenn auch Preußen an die Spitze des übrigen
Deutschlands tritt, während Preußen aus der Reihe der Großmächte
gestrichen würde, wenn Oestreich auch das deutsche Kaiserthum bekäme.

Allerdings verlöre Oestreich bei dieser Neugestaltung die bis zum Jahr
1848 geführte Vorstandschaft in Deutschland; denn es ist in der That
nicht leicht einzusehen, wie dieselbe doch noch in einem weitern
Bunde
, innerhalb dessen der engere, mit Preußen an der Spitze, fiele,
sollte aufrecht erhalten werden; aber hat nicht Oestreich durch seine
Mißregierung während der 33 Jahre Metternichscher Herrschaft die
Vorstandschaft von Gott und Rechtswegen verwirkt? oder war es
nicht der Alp des Metternichschen, des Oesterreichischen
Systems, der ein Menschenalter lang verderblich auf Deutschland ge-
lastet hat? Ist nicht der Anstoß zu allen freiheitsfeindlichen, das Na-
tionalgefühl verletzenden und empörenden Bundesbeschlüssen und Maß-
regeln aus jenem verhaßten Kabinet gekommen? Fragen mag man, durch
welche Verdienste Preußen sich einen Anspruch auf die Leitung Deutsch-
lands erworben? ob es nicht jenem System der Unterdrückung sich ge-
fällig gefügt und bereitwillig angeschlossen habe? Man muß dieß be-
jahen; aber nicht von einer Belohnung der Verdienste Preußens handelt
es sich, sondern davon, das für Deutschland Heilsame und Nothwendige
zu ergreifen; und jedenfalls hat Preußen, wenn es auch dem Metternich-
schen politischen Unterdrückungssystem folgte, doch den Zoll- und Handels-
verein begründet; und so manche Beschwerden auch gegen diesen und
Preußens Leitung vorliegen, zuversichtlich wird man doch fragen dürfen:
ob der preußische Zollverein seinen Zwecken nicht besser entsprochen habe,
als der deutsche Bund, unter Oestreichs Leitung, den seinigen? Im
Gegensatz zu dem durchaus stabilen und reaktionären Oestreich hat
Preußen im Innern den Grundsätzen der Humanität, der Aufklärung,
des Fortschritts gehuldigt; es hat dessen Regierung im Jahr 1847 den
wichtigen, von Oestreich und Rußland mit bitterm Verdruß betrachteten
Schritt der Berufung des vereinigten Landtags freiwillig gethan,
damit auf die konstitutionelle Bahn eingelenkt, und sich dem übrigen,
konstitutionellen Deutschland genähert.

Aber ſoll das größere, das mächtigere Oeſtreich ſich Preußen unter-
ordnen? Das wird nicht verlangt. Die öſtreichiſche Monarchie würde
vom deutſchen Reich als ebenbürtig und ſelbſtſtändig anerkannt; und
wenn, wie zu wünſchen, die deutſchen Provinzen Oeſtreichs mit Deutſch-
land in ein engeres Verhältniß treten wollen und ſollen, ſo wird hiefür
eine Form ſich finden laſſen, welche alle Anſprüche der hohen Würde
des öſtreichiſchen Kaiſers wahrt. Oeſtreich bleibt nach wie vor eine
europäiſche Großmacht, wenn auch Preußen an die Spitze des übrigen
Deutſchlands tritt, während Preußen aus der Reihe der Großmächte
geſtrichen würde, wenn Oeſtreich auch das deutſche Kaiſerthum bekäme.

Allerdings verlöre Oeſtreich bei dieſer Neugeſtaltung die bis zum Jahr
1848 geführte Vorſtandſchaft in Deutſchland; denn es iſt in der That
nicht leicht einzuſehen, wie dieſelbe doch noch in einem weitern
Bunde
, innerhalb deſſen der engere, mit Preußen an der Spitze, fiele,
ſollte aufrecht erhalten werden; aber hat nicht Oeſtreich durch ſeine
Mißregierung während der 33 Jahre Metternichſcher Herrſchaft die
Vorſtandſchaft von Gott und Rechtswegen verwirkt? oder war es
nicht der Alp des Metternichſchen, des Oeſterreichiſchen
Syſtems, der ein Menſchenalter lang verderblich auf Deutſchland ge-
laſtet hat? Iſt nicht der Anſtoß zu allen freiheitsfeindlichen, das Na-
tionalgefühl verletzenden und empörenden Bundesbeſchlüſſen und Maß-
regeln aus jenem verhaßten Kabinet gekommen? Fragen mag man, durch
welche Verdienſte Preußen ſich einen Anſpruch auf die Leitung Deutſch-
lands erworben? ob es nicht jenem Syſtem der Unterdrückung ſich ge-
fällig gefügt und bereitwillig angeſchloſſen habe? Man muß dieß be-
jahen; aber nicht von einer Belohnung der Verdienſte Preußens handelt
es ſich, ſondern davon, das für Deutſchland Heilſame und Nothwendige
zu ergreifen; und jedenfalls hat Preußen, wenn es auch dem Metternich-
ſchen politiſchen Unterdrückungsſyſtem folgte, doch den Zoll- und Handels-
verein begründet; und ſo manche Beſchwerden auch gegen dieſen und
Preußens Leitung vorliegen, zuverſichtlich wird man doch fragen dürfen:
ob der preußiſche Zollverein ſeinen Zwecken nicht beſſer entſprochen habe,
als der deutſche Bund, unter Oeſtreichs Leitung, den ſeinigen? Im
Gegenſatz zu dem durchaus ſtabilen und reaktionären Oeſtreich hat
Preußen im Innern den Grundſätzen der Humanität, der Aufklärung,
des Fortſchritts gehuldigt; es hat deſſen Regierung im Jahr 1847 den
wichtigen, von Oeſtreich und Rußland mit bitterm Verdruß betrachteten
Schritt der Berufung des vereinigten Landtags freiwillig gethan,
damit auf die konſtitutionelle Bahn eingelenkt, und ſich dem übrigen,
konſtitutionellen Deutſchland genähert.

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Zitationshilfe: Pfizer, Gustav: Die deutsche Einheit und der Preußenhaß. Stuttgart, 1849, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfizer_einheit_1849/15>, abgerufen am 21.11.2024.