Pfizer, Gustav: Die deutsche Einheit und der Preußenhaß. Stuttgart, 1849.Annehmbarer für Preußen, als ein östreichisches Kaiserthum Das war der Fluch des deutschen Bundes, -- und das würde im Annehmbarer für Preußen, als ein öſtreichiſches Kaiſerthum Das war der Fluch des deutſchen Bundes, — und das würde im <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0016" n="6"/> <p>Annehmbarer für Preußen, als ein öſtreichiſches <hi rendition="#g">Kaiſerthum</hi><lb/> über Deutſchland wird nun aber von Andern der Plan einer <hi rendition="#g">gemein-<lb/> ſamen</hi> Oberleitung der deutſchen Angelegenheiten durch Oeſtreich <hi rendition="#g">und</hi><lb/> Preußen, oder durch ein mit weitern Theilhabern an der Regierung ver-<lb/> ſtärktes Direktorium gefunden. Mit ſolchem Enthuſiasmus wird dieſer<lb/> ſchöne Plan, als alle Wünſche befriedigend, von Manchen gerühmt, daß<lb/> man ſich nur über die Thorheit des deutſchen Volkes in den Frühlings-<lb/> monaten von 1848 wundern muß, indem es nach etwas <hi rendition="#g">ſtrebte</hi>, was<lb/> es ja ſchon <hi rendition="#g">beſaß</hi>. In Wahrheit, die Annahme jenes Planes wäre<lb/> im Weſentlichen ein Zurückkommen auf den alten Staatenbund und den<lb/> Bundestag mit all ſeinem Jammer und ſeiner Schmach für Deutſchland.<lb/> In Bezug auf die Freiheit im Innern möchte Manches verbeſſert wer-<lb/> den, aber in Bezug auf <hi rendition="#g">Macht</hi> und <hi rendition="#g">Ehre</hi>, auf <hi rendition="#g">Einheit</hi>, ja auf die<lb/> Exiſtenz <hi rendition="#g">Deutſchlands</hi> bliebe Alles beim Alten.</p><lb/> <p>Das war der Fluch des deutſchen Bundes, — und das würde im<lb/> Weſentlichen immer wiederkehren! — daß <hi rendition="#g">zwei</hi>, verglichen mit den übrigen<lb/> Bundesgliedern unverhältnißmäßig mächtige Staaten, deren Geſammt-<lb/> macht die der übrigen Bundesgenoſſen ſchon numeriſch um das <hi rendition="#g">Vier-<lb/> fache</hi> überſtieg, an der Spitze ſtanden. Oeſtreich, den Vorſitz und da-<lb/> mit die eigentliche Oberleitung führend, und der <hi rendition="#g">Zahl</hi> ſeiner Unter-<lb/> thanen und ſeiner Länderausdehnung nach, Preußen ums <hi rendition="#g">doppelte</hi><lb/> überlegen, iſt nun aber nur zum vierten oder fünften Theil eine <hi rendition="#g">deutſche</hi><lb/> Macht, und natürlich ordnete es die <hi rendition="#g">deutſchen</hi> Intereſſen immer <hi rendition="#g">ſeinen<lb/> Reichsintereſſen</hi> unter. Nicht nur die <hi rendition="#g">Freiheit</hi> in Deutſchland<lb/> litt darunter Noth, ſondern auch die nationale Geltung Deutſchlands<lb/> galt für Oeſtreich nur als <hi rendition="#g">Mittel</hi> für <hi rendition="#g">ſeine</hi> Zwecke als Großmacht.<lb/> Von der öſtreichiſchen Diplomatie überflügelt, von der öſtreichiſchen<lb/> Politik umſtrickt, verſtand ſich Preußen lange Jahre hindurch zu der<lb/> wenig ehrenhaften Rolle, Schleppträger von Oeſtreich im deutſchen<lb/> Bunde zu ſeyn, — eine Rolle, welche äußerlich dadurch etwas geſchmückt<lb/> wurde, daß Preußen, ſo lange es ſich gefügig zeigte, von Oeſtreich auf<lb/> den Fuß der <hi rendition="#g">Gleichheit</hi> behandelt wurde. Die ſchlimmen Folgen des<lb/> Einverſtändniſſes der zwei großen Mächte für die deutſche <hi rendition="#g">Freiheit</hi><lb/> liegen offen vor Jedermanns Auge; die ſchlimmen Folgen für die <hi rendition="#g">Ein-<lb/> heit</hi>, für eine wirkliche nationale Exiſtenz und Geltung Deutſchlands<lb/> treten nicht in einzelnen, gereifbaren Erſcheinungen hervor, aber der<lb/> ganze klägliche Zuſtand, die ganze politiſche Nullität des deutſchen<lb/> Bundes, — der in der That nur ein Werkzeug und Spielball in den<lb/> Händen der zwei Mächte war, — iſt dadurch bedingt geweſen. Hätte<lb/> Preußen ſich kräftig von der öſtreichiſchen Bevormundung emancipirt,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [6/0016]
Annehmbarer für Preußen, als ein öſtreichiſches Kaiſerthum
über Deutſchland wird nun aber von Andern der Plan einer gemein-
ſamen Oberleitung der deutſchen Angelegenheiten durch Oeſtreich und
Preußen, oder durch ein mit weitern Theilhabern an der Regierung ver-
ſtärktes Direktorium gefunden. Mit ſolchem Enthuſiasmus wird dieſer
ſchöne Plan, als alle Wünſche befriedigend, von Manchen gerühmt, daß
man ſich nur über die Thorheit des deutſchen Volkes in den Frühlings-
monaten von 1848 wundern muß, indem es nach etwas ſtrebte, was
es ja ſchon beſaß. In Wahrheit, die Annahme jenes Planes wäre
im Weſentlichen ein Zurückkommen auf den alten Staatenbund und den
Bundestag mit all ſeinem Jammer und ſeiner Schmach für Deutſchland.
In Bezug auf die Freiheit im Innern möchte Manches verbeſſert wer-
den, aber in Bezug auf Macht und Ehre, auf Einheit, ja auf die
Exiſtenz Deutſchlands bliebe Alles beim Alten.
Das war der Fluch des deutſchen Bundes, — und das würde im
Weſentlichen immer wiederkehren! — daß zwei, verglichen mit den übrigen
Bundesgliedern unverhältnißmäßig mächtige Staaten, deren Geſammt-
macht die der übrigen Bundesgenoſſen ſchon numeriſch um das Vier-
fache überſtieg, an der Spitze ſtanden. Oeſtreich, den Vorſitz und da-
mit die eigentliche Oberleitung führend, und der Zahl ſeiner Unter-
thanen und ſeiner Länderausdehnung nach, Preußen ums doppelte
überlegen, iſt nun aber nur zum vierten oder fünften Theil eine deutſche
Macht, und natürlich ordnete es die deutſchen Intereſſen immer ſeinen
Reichsintereſſen unter. Nicht nur die Freiheit in Deutſchland
litt darunter Noth, ſondern auch die nationale Geltung Deutſchlands
galt für Oeſtreich nur als Mittel für ſeine Zwecke als Großmacht.
Von der öſtreichiſchen Diplomatie überflügelt, von der öſtreichiſchen
Politik umſtrickt, verſtand ſich Preußen lange Jahre hindurch zu der
wenig ehrenhaften Rolle, Schleppträger von Oeſtreich im deutſchen
Bunde zu ſeyn, — eine Rolle, welche äußerlich dadurch etwas geſchmückt
wurde, daß Preußen, ſo lange es ſich gefügig zeigte, von Oeſtreich auf
den Fuß der Gleichheit behandelt wurde. Die ſchlimmen Folgen des
Einverſtändniſſes der zwei großen Mächte für die deutſche Freiheit
liegen offen vor Jedermanns Auge; die ſchlimmen Folgen für die Ein-
heit, für eine wirkliche nationale Exiſtenz und Geltung Deutſchlands
treten nicht in einzelnen, gereifbaren Erſcheinungen hervor, aber der
ganze klägliche Zuſtand, die ganze politiſche Nullität des deutſchen
Bundes, — der in der That nur ein Werkzeug und Spielball in den
Händen der zwei Mächte war, — iſt dadurch bedingt geweſen. Hätte
Preußen ſich kräftig von der öſtreichiſchen Bevormundung emancipirt,
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