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Pinter von der Au, Johann Christoph: Neuer, vollkommener, verbesserter und ergänzter Pferd-Schatz. Frankfurt (Main), 1688.

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Pferde-Schatz.
[Spaltenumbruch]
Von dem Vorhaben nach dem Ring
zu rennen.

ES ist gantz gewiß/ daß vor alters/ und in den er-
sten Ordnungen des Krieges/ man pflegen zwo
Ordnung der Lantzierer vor die Esquadronen zu stel-
len/ und die in Ordnung gestelten Regimenter stunden
in dieser Ordnung mit den Lantzen/ daß sie aller Or-
ten voran giengen oder den Kopf bothen/ nachdem
sie commandiret wurden/ und das zu dem Ende/ da-
mit die Regimenter den ersten Anfall desto besser auff-
halten/ und man ihnen nicht so leicht einbrechen oder
sie übern Hauffen werffen könte.

Aber wie wir sehen/ daß die Ordnungen verändert
werden/ nach den Willen und Erfahrung der Gene-
ralen und fürtrefflichen Häupter/ so haben sie bedenck-
liche Ursachen gefunden/ welche diese Ordnung zu
verändern Anlaß gegeben/ ein besser Mittel einzufüh-
ren den Feind anzugreiffen und zu schlagen/ und also
ist diese Ordnung der Lantzirer auffgehoben worden:
Dieweil aber etliche Soldaten oder andere durch-
läuchtige Personen sich sehr wol in Führung der er-
wehnten Lantzen geübet hatten/ und weiter die justen
und erhobenen Schulen zu der Zeit noch nicht im Ge-
brauch waren/ wie heute zu Tage; so nahmen ihnen
obgemelte Personen/ sich und ihre Pferde zu ergetzen/
einen gewissen Tournier oder Art zu streiten/ und gegen
einander zu rennen für/ und versuchten mit geschick-
lichkeit und richtigkeit ihre Lantzen zu brechen: Und die-
se Art zu kämpffen ward dermassen annehmlich befun-
den/ daß die alleröfftersten Ubungen der Könige und
der Prinzen waren die Lantzen im Schrancken auff
einander zu brechen.

Und diese Ubung war so gemein/ daß die Capitaine
und Soldaten in ihren Guarnisonen keine andere U-
bung trieben/ sich und ihre Pferde darinnen fertig
und wol erfahren zu machen.

Weil aber diese Ubung so mühsam als gefährlich
war/ und sonderlich/ wenn man in offenem Felde auff
einander traf; zu geschweigen des äussersten Un-
glucks/ welches dißfals Henrico dem Andern/ einem
von unsern Königen begegnet/ so ward es gleichsam
abgeschaffet.

Daher man nach dieser Zeit raths worden eine
leichtere Lantze zu nehmen/ und weil man noch etlicher
massen der Gewonheit wider einander zurennen
nachfolgete/ so setzte man die Figur von der helffte ei-
nes Menschen hin/ daran man sich übete ihm die
Spitzen der Lantzen mitten auff seiner Stirnen zu bre-
chen. Welches noch einige Zeit also continuirte.

Endlich aber haben unsere Leute heutiges Tages
den Fund erdacht/ daß sie einen Ring auffrichteten in
der Höhe eines Reuters auff dem Pferde/ und solches
auff die Seite setzten/ da vermuthlich der Feind her-
kommen könte/ nehmlich auff die lincke/ und geweh-
neten sich also nach und nach samt ihren Pferden in
voller Rüstung zu rennen: und dieses machte sie der-
massen geschickt und so fertig/ als wenn einer mit dem-
andern zusammen getroffen hätte; Jmmassen denn
gewiß/ daß einen Ritter/ nichts so fertig machen kan/
als das offte und vielfältige Ringel-Rennen.

[Spaltenumbruch]

Was ich allhier in diesem kurtzen Discurs gesaget/
hat kein ander Absehen/ als sehen zu lassen/ daß/ wie die
Ubung des Ringel rennens sehr annehmlich anzu-
schauen ist/ also ist es sehr nöthig denen/ welche sich der
Lantzen bedienen wollen/ mit zulernen/ daß dieselbige
etwas gesencket/ und mit der Spitzen gegen dem lin-
cken Ohr des Pferdes gehalten werden müsse.

Einen Reuter zu unterweisen/ wie
er nach dem Ringel rennen
soll.

EHe daß ein Scholar nach dem Ringel rennet/ so
muß er das Haupt/ die Hand und den Leib stet hal-
ten/ und mit den Schenckeln nicht schlenckern/ und
mit Erhaltung solcher Wolanständigkeit zween oder
drey oder mehr Tage sich gewöhnen ohne Lantzen zu
rennen/ und nur einen Stock in seiner Hand haben/
und sich dermassen wol bereit machen/ daß ihm keine
Unordnung wiederfahren kan/ wenn er die Lantze in
der Hand hat.

Und wenn er tüchtig wird seyn sie zu tragen/ muß
er Anfangs nach der Rennbahn zu reiten/ die Lantze
auff den rechten Ober-Schenckel/ und ein wenig ge-
gen dem lincken Ohr des Pferdes gesencket halten.
Wenn er nun dahin kommen/ soll er stille halten/ biß
der Ring an seiner rechten Stelle hanget/ hernach soll
er seine Lantze über seinen Ober-Schenckel erheben/
jedoch also/ daß man es kaum mercke/ und alsbald
darauf sein Pferd eine halbe Volte über der Erden
(terre a terre) zur rechten Hand nehmen lassen/ und
also in die Rennbahn einreiten/ hernach eine von den
Aufhebungen/ davon ich hernach sagen will/ machen/
und also seinen Lauff mit guter Anständigkeit fortsez-
zen biß zum stille halten oder pariren/ worbey zwo oder
drey Courbetten gemacht werden sollen.

Mercket allhier beyläuffig/ daß drey Dinge noth-
wendig sollen in acht genommen werden/ von dem/
der die Qvalität eines zierlichen und guten Kriegs.
manns zu Pferde will erlangen.

Das erste ist/ daß man die Lantze zierlich und mit
guter Annehmlichkeit im Antritt führe.

Das andere/ die sachte und stete Niedersenckung
(derselben) in dem gantzen Lauff/ und die Fastigkeit
und Geradigkeit des Leibes im Aufhalten: und das
dritte/ die Stätigkeit und Gewißheit seiner Hände/
seines Haupts/ seines Leibes und seiner Schenckel.

Was die Höhe des Ringes anlanget/ soll er just ein
wenig über die lincke Augenbraun erhaben seyn/ weil
die guten Pferde/ so zum Ring-rennen abgerichtet/ im
Lauffen sich allezeit niederlassen.

Ein guter Ringel-Renner soll verwehren/ daß sein
Pferd im Antritt nicht mit gantzer Gewalt fortlauffe/
umb zwo Ursachen willen:

Die erste ist/ daß ein Pferd/ so gut es auch seyn mag/
diese Gewalt nicht biß zum Ende oder Ziel aushalten
kan/ und gemeiniglich in der Gegend des Ringes stu-
tzet/ welches dem Reuter verhindert den Ring weg zu
nehmen/ wie dann auch dieser Fehler den Lauff übel
machet.

Die andere ist/ daß die zum Ringel-Rennen ab-
gerichteten Pferde/ fast alle ihren Antritt hitzig und
mit grosser Ungedult zu nehmen pflegen/ da sie dann

den
Zz 2
Pferde-Schatz.
[Spaltenumbruch]
Von dem Vorhaben nach dem Ring
zu rennen.

ES iſt gantz gewiß/ daß vor alters/ und in den er-
ſten Ordnungen des Krieges/ man pflegen zwo
Ordnung der Lantzierer vor die Eſquadronen zu ſtel-
len/ und die in Ordnung geſtelten Regimenter ſtunden
in dieſer Ordnung mit den Lantzen/ daß ſie aller Or-
ten voran giengen oder den Kopf bothen/ nachdem
ſie commandiret wurden/ und das zu dem Ende/ da-
mit die Regimenter den erſten Anfall deſto beſſer auff-
halten/ und man ihnen nicht ſo leicht einbrechen oder
ſie uͤbern Hauffen werffen koͤnte.

Aber wie wir ſehen/ daß die Ordnungen veraͤndert
werden/ nach den Willen und Erfahrung der Gene-
ralen und fuͤrtrefflichen Haͤupter/ ſo haben ſie bedenck-
liche Urſachen gefunden/ welche dieſe Ordnung zu
veraͤndern Anlaß gegeben/ ein beſſer Mittel einzufuͤh-
ren den Feind anzugreiffen und zu ſchlagen/ und alſo
iſt dieſe Ordnung der Lantzirer auffgehoben worden:
Dieweil aber etliche Soldaten oder andere durch-
laͤuchtige Perſonen ſich ſehr wol in Fuͤhrung der er-
wehnten Lantzen geuͤbet hatten/ und weiter die juſten
und erhobenen Schulen zu der Zeit noch nicht im Ge-
brauch waren/ wie heute zu Tage; ſo nahmen ihnen
obgemelte Perſonen/ ſich und ihre Pferde zu ergetzen/
einen gewiſſen Tournier oder Art zu ſtreiten/ uñ gegen
einander zu rennen fuͤr/ und verſuchten mit geſchick-
lichkeit und richtigkeit ihre Lantzen zu brechen: Und die-
ſe Art zu kaͤmpffen ward dermaſſen annehmlich befun-
den/ daß die alleroͤffterſten Ubungen der Koͤnige und
der Prinzen waren die Lantzen im Schrancken auff
einander zu brechen.

Und dieſe Ubung war ſo gemein/ daß die Capitaine
und Soldaten in ihren Guarniſonen keine andere U-
bung trieben/ ſich und ihre Pferde darinnen fertig
und wol erfahren zu machen.

Weil aber dieſe Ubung ſo muͤhſam als gefaͤhrlich
war/ und ſonderlich/ wenn man in offenem Felde auff
einander traf; zu geſchweigen des aͤuſſerſten Un-
glucks/ welches dißfals Henrico dem Andern/ einem
von unſern Koͤnigen begegnet/ ſo ward es gleichſam
abgeſchaffet.

Daher man nach dieſer Zeit raths worden eine
leichtere Lantze zu nehmen/ und weil man noch etlicher
maſſen der Gewonheit wider einander zurennen
nachfolgete/ ſo ſetzte man die Figur von der helffte ei-
nes Menſchen hin/ daran man ſich uͤbete ihm die
Spitzen der Lantzen mitten auff ſeiner Stirnen zu bre-
chen. Welches noch einige Zeit alſo continuirte.

Endlich aber haben unſere Leute heutiges Tages
den Fund erdacht/ daß ſie einen Ring auffrichteten in
der Hoͤhe eines Reuters auff dem Pferde/ und ſolches
auff die Seite ſetzten/ da vermuthlich der Feind her-
kommen koͤnte/ nehmlich auff die lincke/ und geweh-
neten ſich alſo nach und nach ſamt ihren Pferden in
voller Ruͤſtung zu rennen: und dieſes machte ſie der-
maſſen geſchickt und ſo fertig/ als wenn einer mit dem-
andern zuſammen getroffen haͤtte; Jmmaſſen denn
gewiß/ daß einen Ritter/ nichts ſo fertig machen kan/
als das offte und vielfaͤltige Ringel-Rennen.

[Spaltenumbruch]

Was ich allhier in dieſem kurtzen Diſcurs geſaget/
hat kein ander Abſehen/ als ſehen zu laſſen/ daß/ wie die
Ubung des Ringel rennens ſehr annehmlich anzu-
ſchauen iſt/ alſo iſt es ſehr noͤthig denen/ welche ſich der
Lantzen bedienen wollen/ mit zulernen/ daß dieſelbige
etwas geſencket/ und mit der Spitzen gegen dem lin-
cken Ohr des Pferdes gehalten werden muͤſſe.

Einen Reuter zu unterweiſen/ wie
er nach dem Ringel rennen
ſoll.

EHe daß ein Scholar nach dem Ringel rennet/ ſo
muß er das Haupt/ die Hand und den Leib ſtet hal-
ten/ und mit den Schenckeln nicht ſchlenckern/ und
mit Erhaltung ſolcher Wolanſtaͤndigkeit zween oder
drey oder mehr Tage ſich gewoͤhnen ohne Lantzen zu
rennen/ und nur einen Stock in ſeiner Hand haben/
und ſich dermaſſen wol bereit machen/ daß ihm keine
Unordnung wiederfahren kan/ wenn er die Lantze in
der Hand hat.

Und wenn er tuͤchtig wird ſeyn ſie zu tragen/ muß
er Anfangs nach der Rennbahn zu reiten/ die Lantze
auff den rechten Ober-Schenckel/ und ein wenig ge-
gen dem lincken Ohr des Pferdes geſencket halten.
Wenn er nun dahin kommen/ ſoll er ſtille halten/ biß
der Ring an ſeiner rechten Stelle hanget/ hernach ſoll
er ſeine Lantze uͤber ſeinen Ober-Schenckel erheben/
jedoch alſo/ daß man es kaum mercke/ und alsbald
darauf ſein Pferd eine halbe Volte uͤber der Erden
(terre à terre) zur rechten Hand nehmen laſſen/ und
alſo in die Rennbahn einreiten/ hernach eine von den
Aufhebungen/ davon ich hernach ſagen will/ machen/
und alſo ſeinen Lauff mit guter Anſtaͤndigkeit fortſez-
zen biß zum ſtille halten oder pariren/ worbey zwo oder
drey Courbetten gemacht werden ſollen.

Mercket allhier beylaͤuffig/ daß drey Dinge noth-
wendig ſollen in acht genommen werden/ von dem/
der die Qvalitaͤt eines zierlichen und guten Kriegs.
manns zu Pferde will erlangen.

Das erſte iſt/ daß man die Lantze zierlich und mit
guter Annehmlichkeit im Antritt fuͤhre.

Das andere/ die ſachte und ſtete Niederſenckung
(derſelben) in dem gantzen Lauff/ und die Faſtigkeit
und Geradigkeit des Leibes im Aufhalten: und das
dritte/ die Staͤtigkeit und Gewißheit ſeiner Haͤnde/
ſeines Haupts/ ſeines Leibes und ſeiner Schenckel.

Was die Hoͤhe des Ringes anlanget/ ſoll er juſt ein
wenig uͤber die lincke Augenbraun erhaben ſeyn/ weil
die guten Pferde/ ſo zum Ring-rennen abgerichtet/ im
Lauffen ſich allezeit niederlaſſen.

Ein guter Ringel-Renner ſoll verwehren/ daß ſein
Pferd im Antritt nicht mit gantzer Gewalt fortlauffe/
umb zwo Urſachen willen:

Die erſte iſt/ daß ein Pferd/ ſo gut es auch ſeyn mag/
dieſe Gewalt nicht biß zum Ende oder Ziel aushalten
kan/ und gemeiniglich in der Gegend des Ringes ſtu-
tzet/ welches dem Reuter verhindert den Ring weg zu
nehmen/ wie dann auch dieſer Fehler den Lauff uͤbel
machet.

Die andere iſt/ daß die zum Ringel-Rennen ab-
gerichteten Pferde/ faſt alle ihren Antritt hitzig und
mit groſſer Ungedult zu nehmen pflegen/ da ſie dann

den
Zz 2
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[363/0415] Pferde-Schatz. Von dem Vorhaben nach dem Ring zu rennen. ES iſt gantz gewiß/ daß vor alters/ und in den er- ſten Ordnungen des Krieges/ man pflegen zwo Ordnung der Lantzierer vor die Eſquadronen zu ſtel- len/ und die in Ordnung geſtelten Regimenter ſtunden in dieſer Ordnung mit den Lantzen/ daß ſie aller Or- ten voran giengen oder den Kopf bothen/ nachdem ſie commandiret wurden/ und das zu dem Ende/ da- mit die Regimenter den erſten Anfall deſto beſſer auff- halten/ und man ihnen nicht ſo leicht einbrechen oder ſie uͤbern Hauffen werffen koͤnte. Aber wie wir ſehen/ daß die Ordnungen veraͤndert werden/ nach den Willen und Erfahrung der Gene- ralen und fuͤrtrefflichen Haͤupter/ ſo haben ſie bedenck- liche Urſachen gefunden/ welche dieſe Ordnung zu veraͤndern Anlaß gegeben/ ein beſſer Mittel einzufuͤh- ren den Feind anzugreiffen und zu ſchlagen/ und alſo iſt dieſe Ordnung der Lantzirer auffgehoben worden: Dieweil aber etliche Soldaten oder andere durch- laͤuchtige Perſonen ſich ſehr wol in Fuͤhrung der er- wehnten Lantzen geuͤbet hatten/ und weiter die juſten und erhobenen Schulen zu der Zeit noch nicht im Ge- brauch waren/ wie heute zu Tage; ſo nahmen ihnen obgemelte Perſonen/ ſich und ihre Pferde zu ergetzen/ einen gewiſſen Tournier oder Art zu ſtreiten/ uñ gegen einander zu rennen fuͤr/ und verſuchten mit geſchick- lichkeit und richtigkeit ihre Lantzen zu brechen: Und die- ſe Art zu kaͤmpffen ward dermaſſen annehmlich befun- den/ daß die alleroͤffterſten Ubungen der Koͤnige und der Prinzen waren die Lantzen im Schrancken auff einander zu brechen. Und dieſe Ubung war ſo gemein/ daß die Capitaine und Soldaten in ihren Guarniſonen keine andere U- bung trieben/ ſich und ihre Pferde darinnen fertig und wol erfahren zu machen. Weil aber dieſe Ubung ſo muͤhſam als gefaͤhrlich war/ und ſonderlich/ wenn man in offenem Felde auff einander traf; zu geſchweigen des aͤuſſerſten Un- glucks/ welches dißfals Henrico dem Andern/ einem von unſern Koͤnigen begegnet/ ſo ward es gleichſam abgeſchaffet. Daher man nach dieſer Zeit raths worden eine leichtere Lantze zu nehmen/ und weil man noch etlicher maſſen der Gewonheit wider einander zurennen nachfolgete/ ſo ſetzte man die Figur von der helffte ei- nes Menſchen hin/ daran man ſich uͤbete ihm die Spitzen der Lantzen mitten auff ſeiner Stirnen zu bre- chen. Welches noch einige Zeit alſo continuirte. Endlich aber haben unſere Leute heutiges Tages den Fund erdacht/ daß ſie einen Ring auffrichteten in der Hoͤhe eines Reuters auff dem Pferde/ und ſolches auff die Seite ſetzten/ da vermuthlich der Feind her- kommen koͤnte/ nehmlich auff die lincke/ und geweh- neten ſich alſo nach und nach ſamt ihren Pferden in voller Ruͤſtung zu rennen: und dieſes machte ſie der- maſſen geſchickt und ſo fertig/ als wenn einer mit dem- andern zuſammen getroffen haͤtte; Jmmaſſen denn gewiß/ daß einen Ritter/ nichts ſo fertig machen kan/ als das offte und vielfaͤltige Ringel-Rennen. Was ich allhier in dieſem kurtzen Diſcurs geſaget/ hat kein ander Abſehen/ als ſehen zu laſſen/ daß/ wie die Ubung des Ringel rennens ſehr annehmlich anzu- ſchauen iſt/ alſo iſt es ſehr noͤthig denen/ welche ſich der Lantzen bedienen wollen/ mit zulernen/ daß dieſelbige etwas geſencket/ und mit der Spitzen gegen dem lin- cken Ohr des Pferdes gehalten werden muͤſſe. Einen Reuter zu unterweiſen/ wie er nach dem Ringel rennen ſoll. EHe daß ein Scholar nach dem Ringel rennet/ ſo muß er das Haupt/ die Hand und den Leib ſtet hal- ten/ und mit den Schenckeln nicht ſchlenckern/ und mit Erhaltung ſolcher Wolanſtaͤndigkeit zween oder drey oder mehr Tage ſich gewoͤhnen ohne Lantzen zu rennen/ und nur einen Stock in ſeiner Hand haben/ und ſich dermaſſen wol bereit machen/ daß ihm keine Unordnung wiederfahren kan/ wenn er die Lantze in der Hand hat. Und wenn er tuͤchtig wird ſeyn ſie zu tragen/ muß er Anfangs nach der Rennbahn zu reiten/ die Lantze auff den rechten Ober-Schenckel/ und ein wenig ge- gen dem lincken Ohr des Pferdes geſencket halten. Wenn er nun dahin kommen/ ſoll er ſtille halten/ biß der Ring an ſeiner rechten Stelle hanget/ hernach ſoll er ſeine Lantze uͤber ſeinen Ober-Schenckel erheben/ jedoch alſo/ daß man es kaum mercke/ und alsbald darauf ſein Pferd eine halbe Volte uͤber der Erden (terre à terre) zur rechten Hand nehmen laſſen/ und alſo in die Rennbahn einreiten/ hernach eine von den Aufhebungen/ davon ich hernach ſagen will/ machen/ und alſo ſeinen Lauff mit guter Anſtaͤndigkeit fortſez- zen biß zum ſtille halten oder pariren/ worbey zwo oder drey Courbetten gemacht werden ſollen. Mercket allhier beylaͤuffig/ daß drey Dinge noth- wendig ſollen in acht genommen werden/ von dem/ der die Qvalitaͤt eines zierlichen und guten Kriegs. manns zu Pferde will erlangen. Das erſte iſt/ daß man die Lantze zierlich und mit guter Annehmlichkeit im Antritt fuͤhre. Das andere/ die ſachte und ſtete Niederſenckung (derſelben) in dem gantzen Lauff/ und die Faſtigkeit und Geradigkeit des Leibes im Aufhalten: und das dritte/ die Staͤtigkeit und Gewißheit ſeiner Haͤnde/ ſeines Haupts/ ſeines Leibes und ſeiner Schenckel. Was die Hoͤhe des Ringes anlanget/ ſoll er juſt ein wenig uͤber die lincke Augenbraun erhaben ſeyn/ weil die guten Pferde/ ſo zum Ring-rennen abgerichtet/ im Lauffen ſich allezeit niederlaſſen. Ein guter Ringel-Renner ſoll verwehren/ daß ſein Pferd im Antritt nicht mit gantzer Gewalt fortlauffe/ umb zwo Urſachen willen: Die erſte iſt/ daß ein Pferd/ ſo gut es auch ſeyn mag/ dieſe Gewalt nicht biß zum Ende oder Ziel aushalten kan/ und gemeiniglich in der Gegend des Ringes ſtu- tzet/ welches dem Reuter verhindert den Ring weg zu nehmen/ wie dann auch dieſer Fehler den Lauff uͤbel machet. Die andere iſt/ daß die zum Ringel-Rennen ab- gerichteten Pferde/ faſt alle ihren Antritt hitzig und mit groſſer Ungedult zu nehmen pflegen/ da ſie dann den Zz 2

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Zitationshilfe: Pinter von der Au, Johann Christoph: Neuer, vollkommener, verbesserter und ergänzter Pferd-Schatz. Frankfurt (Main), 1688, S. 363. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pinter_pferdschatz_1688/415>, abgerufen am 24.11.2024.