Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ploetz, Alfred: Grundlinien einer Rassenhygiene. Berlin: Fischer, 1895.

Bild:
<< vorherige Seite

die gleichzeitig existirenden Individuen vermittelten Ein-
wirkungen haben sich zwar unzweifelhaft theilweise ein-
facher gestaltet. Die grossen Agentien der Natur, Licht,
Luft, Sommerwärme, Winterkälte, Nässe etc. sind allerdings
wohl kaum sehr wesentlich von denen des Alterthums ver-
schieden. Allein eine ganze Reihe specieller Extralfactoren
sind doch durch die Arbeit früherer Generationen gemildert
worden. So ist z. B. der Aussatz, der früher zahlreiche
Opfer forderte, so gut wie ganz bei uns ausgetilgt worden.
Die Ansteckungsgelegenheit durch Pocken ist durch die
Impfarbeit der vorigen Generation stark zurückgegangen,
die durch verschiedene andere Krankheiten erheblich be-
schränkt worden.

Jedoch allen solchen Erleichterungen der Extralbeding-
ungen stehen die grossen Complicationen gegenüber, die
die Lebensbedingungen der Westarier als Gesammtheit da-
durch erfahren haben, dass sie sich allmählich von ihren
alten Wohnsitzen in Europa über beinahe die ganze Erde
verbreitet haben, hauptsächlich natürlich über die beiden
Amerika und Australien, wobei stets eine lebendige Ver-
bindung mit den Mutterländern durch Zwischenwande-
rung und Mischehen aufrecht erhalten wurde. Die Compli-
cation der Extraleinflüsse durch Klima, endemische Krank-
heiten, Veränderung der Nahrung etc. scheint doch so
gross, dass die Vereinfachung der Bedingungen durch die
Residuen der Culturarbeit früherer Geschlechter nicht so
ohne Weiteres ein entsprechendes Gegengewicht zu bieten
scheint.*)

Man sieht leicht, wie schwierig, ja bei unseren heuti-
gen Kenntnissen unmöglich es ist, über die Veränderungs-
grösse der Extraleinflüsse irgend etwas zu äussern, was
mehr Werth als eine blosse Vermuthung beanspruchen darf.

*) Vgl. Ratzel, Anthropo-Geographie. Stuttgart 1882, bes.
Cap. 5. S. 87.

die gleichzeitig existirenden Individuen vermittelten Ein-
wirkungen haben sich zwar unzweifelhaft theilweise ein-
facher gestaltet. Die grossen Agentien der Natur, Licht,
Luft, Sommerwärme, Winterkälte, Nässe etc. sind allerdings
wohl kaum sehr wesentlich von denen des Alterthums ver-
schieden. Allein eine ganze Reihe specieller Extralfactoren
sind doch durch die Arbeit früherer Generationen gemildert
worden. So ist z. B. der Aussatz, der früher zahlreiche
Opfer forderte, so gut wie ganz bei uns ausgetilgt worden.
Die Ansteckungsgelegenheit durch Pocken ist durch die
Impfarbeit der vorigen Generation stark zurückgegangen,
die durch verschiedene andere Krankheiten erheblich be-
schränkt worden.

Jedoch allen solchen Erleichterungen der Extralbeding-
ungen stehen die grossen Complicationen gegenüber, die
die Lebensbedingungen der Westarier als Gesammtheit da-
durch erfahren haben, dass sie sich allmählich von ihren
alten Wohnsitzen in Europa über beinahe die ganze Erde
verbreitet haben, hauptsächlich natürlich über die beiden
Amerika und Australien, wobei stets eine lebendige Ver-
bindung mit den Mutterländern durch Zwischenwande-
rung und Mischehen aufrecht erhalten wurde. Die Compli-
cation der Extraleinflüsse durch Klima, endemische Krank-
heiten, Veränderung der Nahrung etc. scheint doch so
gross, dass die Vereinfachung der Bedingungen durch die
Residuen der Culturarbeit früherer Geschlechter nicht so
ohne Weiteres ein entsprechendes Gegengewicht zu bieten
scheint.*)

Man sieht leicht, wie schwierig, ja bei unseren heuti-
gen Kenntnissen unmöglich es ist, über die Veränderungs-
grösse der Extraleinflüsse irgend etwas zu äussern, was
mehr Werth als eine blosse Vermuthung beanspruchen darf.

*) Vgl. Ratzel, Anthropo-Geographie. Stuttgart 1882, bes.
Cap. 5. S. 87.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0140" n="120"/>
die gleichzeitig existirenden Individuen vermittelten Ein-<lb/>
wirkungen haben sich zwar unzweifelhaft theilweise ein-<lb/>
facher gestaltet. Die grossen Agentien der Natur, Licht,<lb/>
Luft, Sommerwärme, Winterkälte, Nässe etc. sind allerdings<lb/>
wohl kaum sehr wesentlich von denen des Alterthums ver-<lb/>
schieden. Allein eine ganze Reihe specieller Extralfactoren<lb/>
sind doch durch die Arbeit früherer Generationen gemildert<lb/>
worden. So ist z. B. der Aussatz, der früher zahlreiche<lb/>
Opfer forderte, so gut wie ganz bei uns ausgetilgt worden.<lb/>
Die Ansteckungsgelegenheit durch Pocken ist durch die<lb/>
Impfarbeit der vorigen Generation stark zurückgegangen,<lb/>
die durch verschiedene andere Krankheiten erheblich be-<lb/>
schränkt worden.</p><lb/>
          <p>Jedoch allen solchen Erleichterungen der Extralbeding-<lb/>
ungen stehen die grossen Complicationen gegenüber, die<lb/>
die Lebensbedingungen der Westarier als Gesammtheit da-<lb/>
durch erfahren haben, dass sie sich allmählich von ihren<lb/>
alten Wohnsitzen in Europa über beinahe die ganze Erde<lb/>
verbreitet haben, hauptsächlich natürlich über die beiden<lb/>
Amerika und Australien, wobei stets eine lebendige Ver-<lb/>
bindung mit den Mutterländern durch Zwischenwande-<lb/>
rung und Mischehen aufrecht erhalten wurde. Die Compli-<lb/>
cation der Extraleinflüsse durch Klima, endemische Krank-<lb/>
heiten, Veränderung der Nahrung etc. scheint doch so<lb/>
gross, dass die Vereinfachung der Bedingungen durch die<lb/>
Residuen der Culturarbeit früherer Geschlechter nicht so<lb/>
ohne Weiteres ein entsprechendes Gegengewicht zu bieten<lb/>
scheint.<note place="foot" n="*)">Vgl. <hi rendition="#g">Ratzel</hi>, Anthropo-Geographie. Stuttgart 1882, bes.<lb/>
Cap. 5. S. 87.</note></p><lb/>
          <p>Man sieht leicht, wie schwierig, ja bei unseren heuti-<lb/>
gen Kenntnissen unmöglich es ist, über die Veränderungs-<lb/>
grösse der Extraleinflüsse irgend etwas zu äussern, was<lb/>
mehr Werth als eine blosse Vermuthung beanspruchen darf.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[120/0140] die gleichzeitig existirenden Individuen vermittelten Ein- wirkungen haben sich zwar unzweifelhaft theilweise ein- facher gestaltet. Die grossen Agentien der Natur, Licht, Luft, Sommerwärme, Winterkälte, Nässe etc. sind allerdings wohl kaum sehr wesentlich von denen des Alterthums ver- schieden. Allein eine ganze Reihe specieller Extralfactoren sind doch durch die Arbeit früherer Generationen gemildert worden. So ist z. B. der Aussatz, der früher zahlreiche Opfer forderte, so gut wie ganz bei uns ausgetilgt worden. Die Ansteckungsgelegenheit durch Pocken ist durch die Impfarbeit der vorigen Generation stark zurückgegangen, die durch verschiedene andere Krankheiten erheblich be- schränkt worden. Jedoch allen solchen Erleichterungen der Extralbeding- ungen stehen die grossen Complicationen gegenüber, die die Lebensbedingungen der Westarier als Gesammtheit da- durch erfahren haben, dass sie sich allmählich von ihren alten Wohnsitzen in Europa über beinahe die ganze Erde verbreitet haben, hauptsächlich natürlich über die beiden Amerika und Australien, wobei stets eine lebendige Ver- bindung mit den Mutterländern durch Zwischenwande- rung und Mischehen aufrecht erhalten wurde. Die Compli- cation der Extraleinflüsse durch Klima, endemische Krank- heiten, Veränderung der Nahrung etc. scheint doch so gross, dass die Vereinfachung der Bedingungen durch die Residuen der Culturarbeit früherer Geschlechter nicht so ohne Weiteres ein entsprechendes Gegengewicht zu bieten scheint. *) Man sieht leicht, wie schwierig, ja bei unseren heuti- gen Kenntnissen unmöglich es ist, über die Veränderungs- grösse der Extraleinflüsse irgend etwas zu äussern, was mehr Werth als eine blosse Vermuthung beanspruchen darf. *) Vgl. Ratzel, Anthropo-Geographie. Stuttgart 1882, bes. Cap. 5. S. 87.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ploetz_rassenhygiene_1895
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ploetz_rassenhygiene_1895/140
Zitationshilfe: Ploetz, Alfred: Grundlinien einer Rassenhygiene. Berlin: Fischer, 1895, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ploetz_rassenhygiene_1895/140>, abgerufen am 21.05.2024.