Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 1. München, 1859.
Jch bin Niemand im Leben zur Last und wenn ich einmal sterbe, so geht auch nichts für die Welt ver- loren. Jch will jetzt in die Hütte gehen und mei- nen Morgentrunk thun, ein bischen Milch; dann geh' ich heilsame Kräuter sammeln, die der Apothe- ker bei mir holt; jetzt blühen deren so viel auf, daß es ringsum duftet, als ob die lieben Engelein mit dem Weihrauchfasse durch den Wald gezogen seien. (ab in die Hütte.) Heinrich (mit zerrissenem Kleide, stürzt athemlos herein.) Gott im Himmel! ich kann nicht mehr -- wie bin ich gelaufen! die Angst verfolgt zu werden, hat mich gehetzt -- weh mir, ich verschmachte! Mein Gott, laß mich nicht sterben! (sinkt bewußtlos nieder.) Menrad (mit einem Körbchen aus der Hütte tretend, bemerkt Heinrich an- fänglich nicht.) Menrad. Ah, das hat geschmeckt! was will ein Mensch mehr und Besseres als einen Schluck Milch und wenn er die nicht hat, einen Trunk aus der frischen Waldquelle? Als Kriegsknecht dacht ich meinerzeit freilich Anders! da hieß es: Wein her! Wein! -- und ich war auch nicht besser d'ran als jetzt; danken
Jch bin Niemand im Leben zur Laſt und wenn ich einmal ſterbe, ſo geht auch nichts für die Welt ver- loren. Jch will jetzt in die Hütte gehen und mei- nen Morgentrunk thun, ein bischen Milch; dann geh’ ich heilſame Kräuter ſammeln, die der Apothe- ker bei mir holt; jetzt blühen deren ſo viel auf, daß es ringsum duftet, als ob die lieben Engelein mit dem Weihrauchfaſſe durch den Wald gezogen ſeien. (ab in die Hütte.) Heinrich (mit zerriſſenem Kleide, ſtürzt athemlos herein.) Gott im Himmel! ich kann nicht mehr — wie bin ich gelaufen! die Angſt verfolgt zu werden, hat mich gehetzt — weh mir, ich verſchmachte! Mein Gott, laß mich nicht ſterben! (ſinkt bewußtlos nieder.) Menrad (mit einem Körbchen aus der Hütte tretend, bemerkt Heinrich an- fänglich nicht.) Menrad. Ah, das hat geſchmeckt! was will ein Menſch mehr und Beſſeres als einen Schluck Milch und wenn er die nicht hat, einen Trunk aus der friſchen Waldquelle? Als Kriegsknecht dacht ich meinerzeit freilich Anders! da hieß es: Wein her! Wein! — und ich war auch nicht beſſer d’ran als jetzt; danken <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#MEN"> <p><pb facs="#f0102" n="96"/> Jch bin Niemand im Leben zur Laſt und wenn ich<lb/> einmal ſterbe, ſo geht auch nichts für die Welt ver-<lb/> loren. Jch will jetzt in die Hütte gehen und mei-<lb/> nen Morgentrunk thun, ein bischen Milch; dann<lb/> geh’ ich heilſame Kräuter ſammeln, die der Apothe-<lb/> ker bei mir holt; jetzt blühen deren ſo viel auf,<lb/> daß es ringsum duftet, als ob die lieben Engelein<lb/> mit dem Weihrauchfaſſe durch den Wald gezogen<lb/> ſeien.</p> <stage> <hi rendition="#et">(ab in die Hütte.)</hi> </stage> </sp><lb/> <sp who="#HEI"> <speaker> <hi rendition="#c">Heinrich</hi> </speaker><lb/> <stage> <hi rendition="#c">(mit zerriſſenem Kleide, ſtürzt athemlos herein.)</hi> </stage><lb/> <p>Gott im Himmel! ich kann nicht mehr — wie<lb/> bin ich gelaufen! die Angſt verfolgt zu werden, hat<lb/> mich gehetzt — weh mir, ich verſchmachte! Mein<lb/> Gott, laß mich nicht ſterben!</p> <stage>(ſinkt bewußtlos nieder.)</stage> </sp><lb/> <sp who="#MEN"> <speaker> <hi rendition="#c">Menrad</hi> </speaker><lb/> <stage> <hi rendition="#c">(mit einem Körbchen aus der Hütte tretend, bemerkt Heinrich an-<lb/> fänglich nicht.)</hi> </stage> </sp><lb/> <sp who="#MEN"> <speaker> <hi rendition="#c">Menrad.</hi> </speaker><lb/> <p>Ah, das hat geſchmeckt! was will ein Menſch<lb/> mehr und Beſſeres als einen Schluck Milch und<lb/> wenn er die nicht hat, einen Trunk aus der friſchen<lb/> Waldquelle? Als Kriegsknecht dacht ich meinerzeit<lb/> freilich Anders! da hieß es: Wein her! Wein! —<lb/> und ich war auch nicht beſſer d’ran als jetzt; danken<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [96/0102]
Jch bin Niemand im Leben zur Laſt und wenn ich
einmal ſterbe, ſo geht auch nichts für die Welt ver-
loren. Jch will jetzt in die Hütte gehen und mei-
nen Morgentrunk thun, ein bischen Milch; dann
geh’ ich heilſame Kräuter ſammeln, die der Apothe-
ker bei mir holt; jetzt blühen deren ſo viel auf,
daß es ringsum duftet, als ob die lieben Engelein
mit dem Weihrauchfaſſe durch den Wald gezogen
ſeien. (ab in die Hütte.)
Heinrich
(mit zerriſſenem Kleide, ſtürzt athemlos herein.)
Gott im Himmel! ich kann nicht mehr — wie
bin ich gelaufen! die Angſt verfolgt zu werden, hat
mich gehetzt — weh mir, ich verſchmachte! Mein
Gott, laß mich nicht ſterben! (ſinkt bewußtlos nieder.)
Menrad
(mit einem Körbchen aus der Hütte tretend, bemerkt Heinrich an-
fänglich nicht.)
Menrad.
Ah, das hat geſchmeckt! was will ein Menſch
mehr und Beſſeres als einen Schluck Milch und
wenn er die nicht hat, einen Trunk aus der friſchen
Waldquelle? Als Kriegsknecht dacht ich meinerzeit
freilich Anders! da hieß es: Wein her! Wein! —
und ich war auch nicht beſſer d’ran als jetzt; danken
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |