Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 1. München, 1859.Ein alter Sänger singt das Lied, Der von dem Leben gerne schied. Wenn nur Dornröslein wär befreit -- Dann schied er in die Ewigkeit! Wie viel der Lieder, ach, hab ich gesungen, Und zur Befreiung ist nicht Ein's gelungen; Am Ende muß ich selber noch verzagen Und hauch mein Leben aus in lyr'schen Klagen. O wär' ein Ritter ich mit Schwert und Harnisch! Mein armes Lied, es bannt den Zauber nicht; Wohl eilt's empor in wunderbarer Macht Und schwebet klingend über Berg und Thal; Zu schüchtern ist's, fliegt nicht in's Zauberschloß. Geheimnißvoll nur naht sich Herz zum Herzen, Wenn es die Minne will, löst sich der Zauber. (Ab in die Hütte.) Verwandlung. Gaststube einer Schenke an der Heerstrasse. An der Wand hängt Dornrösleins Bildniß. Christoph (alt und taub.) Wie sich die Zeiten ändern! Vormals war ich der Diener eines Poeten am Hofe eines Königs Ein alter Sänger ſingt das Lied, Der von dem Leben gerne ſchied. Wenn nur Dornröslein wär befreit — Dann ſchied er in die Ewigkeit! Wie viel der Lieder, ach, hab ich geſungen, Und zur Befreiung iſt nicht Ein’s gelungen; Am Ende muß ich ſelber noch verzagen Und hauch mein Leben aus in lyr’ſchen Klagen. O wär’ ein Ritter ich mit Schwert und Harniſch! Mein armes Lied, es bannt den Zauber nicht; Wohl eilt’s empor in wunderbarer Macht Und ſchwebet klingend über Berg und Thal; Zu ſchüchtern iſt’s, fliegt nicht in’s Zauberſchloß. Geheimnißvoll nur naht ſich Herz zum Herzen, Wenn es die Minne will, löst ſich der Zauber. (Ab in die Hütte.) Verwandlung. Gaſtſtube einer Schenke an der Heerſtraſſe. An der Wand hängt Dornrösleins Bildniß. Chriſtoph (alt und taub.) Wie ſich die Zeiten ändern! Vormals war ich der Diener eines Poeten am Hofe eines Königs <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#LAU"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0267" n="261"/> <lg n="5"> <l>Ein alter Sänger ſingt das Lied,</l><lb/> <l>Der von dem Leben gerne ſchied.</l><lb/> <l>Wenn nur Dornröslein wär befreit —</l><lb/> <l>Dann ſchied er in die Ewigkeit!</l> </lg> </lg><lb/> <stage> <hi rendition="#c">(Hängt die Laute wieder neben das Pförtlein der Hütte:)</hi> </stage><lb/> <p>Wie viel der Lieder, ach, hab ich geſungen,<lb/> Und zur Befreiung iſt nicht Ein’s gelungen;<lb/> Am Ende muß ich ſelber noch verzagen<lb/> Und hauch mein Leben aus in lyr’ſchen Klagen.<lb/> O wär’ ein Ritter ich mit Schwert und Harniſch!<lb/> Mein armes Lied, es bannt den Zauber nicht;<lb/> Wohl eilt’s empor in wunderbarer Macht<lb/> Und ſchwebet klingend über Berg und Thal;<lb/> Zu ſchüchtern iſt’s, fliegt nicht in’s Zauberſchloß.<lb/> Geheimnißvoll nur naht ſich Herz zum Herzen,<lb/> Wenn es die Minne will, löst ſich der Zauber.</p><lb/> <stage> <hi rendition="#et">(Ab in die Hütte.)</hi> </stage> </sp> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#c">Verwandlung.</hi> </head><lb/> <stage> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Gaſtſtube einer Schenke an der Heerſtraſſe. An<lb/> der Wand hängt Dornrösleins Bildniß.</hi> </hi> </stage><lb/> <sp who="#CHR"> <speaker>Chriſtoph</speaker> <stage>(alt und taub.)</stage><lb/> <p>Wie ſich die Zeiten ändern! Vormals war ich<lb/> der Diener eines Poeten am Hofe eines Königs<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [261/0267]
Ein alter Sänger ſingt das Lied,
Der von dem Leben gerne ſchied.
Wenn nur Dornröslein wär befreit —
Dann ſchied er in die Ewigkeit!
(Hängt die Laute wieder neben das Pförtlein der Hütte:)
Wie viel der Lieder, ach, hab ich geſungen,
Und zur Befreiung iſt nicht Ein’s gelungen;
Am Ende muß ich ſelber noch verzagen
Und hauch mein Leben aus in lyr’ſchen Klagen.
O wär’ ein Ritter ich mit Schwert und Harniſch!
Mein armes Lied, es bannt den Zauber nicht;
Wohl eilt’s empor in wunderbarer Macht
Und ſchwebet klingend über Berg und Thal;
Zu ſchüchtern iſt’s, fliegt nicht in’s Zauberſchloß.
Geheimnißvoll nur naht ſich Herz zum Herzen,
Wenn es die Minne will, löst ſich der Zauber.
(Ab in die Hütte.)
Verwandlung.
Gaſtſtube einer Schenke an der Heerſtraſſe. An
der Wand hängt Dornrösleins Bildniß.
Chriſtoph (alt und taub.)
Wie ſich die Zeiten ändern! Vormals war ich
der Diener eines Poeten am Hofe eines Königs
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |