ppo_146.001 des wirklichen Lebens eignen sich für die Darstellung ppo_146.002 in der Elegie. (So z. B. Schillers Jdeale; ppo_146.003 Matthissons Elegie in den Ruinen eines Bergschlosses ppo_146.004 geschrieben; seine Kinderjahre; sein Genferseeppo_146.005 &c.) Gleichmäßig gebietet die Elegie über ppo_146.006 die Kreise der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft; ppo_146.007 oft findet sie die Gegenwart zu arm, wenn ppo_146.008 sie dieselbe mit Vergangenheit und Zukunft zusammenstellt; ppo_146.009 oft hält sie die Zukunft an den Spiegel ppo_146.010 der Vergangenheit, und erhebt die letztere über die ppo_146.011 erste; oft vergleicht sie auch die Armuth der Vergangenheit ppo_146.012 mit den in der Zukunft bevorstehenden ppo_146.013 Genüssen, die sie im Zauber ihrer Bilder im Voraus ppo_146.014 zum Daseyn ruft. Nur die Gegenwart verliert jedesmal ppo_146.015 in der Elegie bei der Zusammenstellung mit ppo_146.016 Vergangenheit und Zukunft; in der Gegenwart hat ppo_146.017 nichts Reiz, als die eben aufgeregte individuelle ppo_146.018 Stimmung des Dichters selbst, dessen Wehmuth ppo_146.019 entweder an den Farben der Vergangenheit, oder an ppo_146.020 den Bildern der Zukunft hängt.
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Daß die Elegie zur lyrischen Dichtkunst gehört, ppo_146.022 ist dadurch entschieden, daß die Gegenstände, die sie ppo_146.023 schildert, unmittelbare Gefühle, und weder Gefühle, ppo_146.024 durch Jdeen der Vernunft veranlaßt, noch ppo_146.025 Gefühle sind, die durch Thatsachen und Vorgänge ppo_146.026 in der Wirklichkeit angeregt werden. Vom Liede ppo_146.027 unterscheidet sich die Elegie, daß jenes den Ton einer ppo_146.028 reinen Freude, diese den Ton einer mit Wehmuth ppo_146.029 gemischten Freude enthält, weshalb denn auch, aus der ppo_146.030 religiösen Dichtkunst, alle sogenannten Bußlieder, ppo_146.031 Sterbelieder u. a. (§. 14.), nach ihrem dichterischen ppo_146.032 Charakter zur Elegie, und nicht zum Liede ppo_146.033 gehören. Wie die Elegie, dem Stoffe und dem ppo_146.034 Tone nach, verschieden von der Ode sich ankündige,
ppo_146.001 des wirklichen Lebens eignen sich für die Darstellung ppo_146.002 in der Elegie. (So z. B. Schillers Jdeale; ppo_146.003 Matthissons Elegie in den Ruinen eines Bergschlosses ppo_146.004 geschrieben; seine Kinderjahre; sein Genferseeppo_146.005 &c.) Gleichmäßig gebietet die Elegie über ppo_146.006 die Kreise der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft; ppo_146.007 oft findet sie die Gegenwart zu arm, wenn ppo_146.008 sie dieselbe mit Vergangenheit und Zukunft zusammenstellt; ppo_146.009 oft hält sie die Zukunft an den Spiegel ppo_146.010 der Vergangenheit, und erhebt die letztere über die ppo_146.011 erste; oft vergleicht sie auch die Armuth der Vergangenheit ppo_146.012 mit den in der Zukunft bevorstehenden ppo_146.013 Genüssen, die sie im Zauber ihrer Bilder im Voraus ppo_146.014 zum Daseyn ruft. Nur die Gegenwart verliert jedesmal ppo_146.015 in der Elegie bei der Zusammenstellung mit ppo_146.016 Vergangenheit und Zukunft; in der Gegenwart hat ppo_146.017 nichts Reiz, als die eben aufgeregte individuelle ppo_146.018 Stimmung des Dichters selbst, dessen Wehmuth ppo_146.019 entweder an den Farben der Vergangenheit, oder an ppo_146.020 den Bildern der Zukunft hängt.
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Daß die Elegie zur lyrischen Dichtkunst gehört, ppo_146.022 ist dadurch entschieden, daß die Gegenstände, die sie ppo_146.023 schildert, unmittelbare Gefühle, und weder Gefühle, ppo_146.024 durch Jdeen der Vernunft veranlaßt, noch ppo_146.025 Gefühle sind, die durch Thatsachen und Vorgänge ppo_146.026 in der Wirklichkeit angeregt werden. Vom Liede ppo_146.027 unterscheidet sich die Elegie, daß jenes den Ton einer ppo_146.028 reinen Freude, diese den Ton einer mit Wehmuth ppo_146.029 gemischten Freude enthält, weshalb denn auch, aus der ppo_146.030 religiösen Dichtkunst, alle sogenannten Bußlieder, ppo_146.031 Sterbelieder u. a. (§. 14.), nach ihrem dichterischen ppo_146.032 Charakter zur Elegie, und nicht zum Liede ppo_146.033 gehören. Wie die Elegie, dem Stoffe und dem ppo_146.034 Tone nach, verschieden von der Ode sich ankündige,
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des wirklichen Lebens eignen sich für die Darstellung ppo_146.002
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Matthissons Elegie in den Ruinen eines Bergschlosses ppo_146.004
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die Kreise der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft; ppo_146.007
oft findet sie die Gegenwart zu arm, wenn ppo_146.008
sie dieselbe mit Vergangenheit und Zukunft zusammenstellt; ppo_146.009
oft hält sie die Zukunft an den Spiegel ppo_146.010
der Vergangenheit, und erhebt die letztere über die ppo_146.011
erste; oft vergleicht sie auch die Armuth der Vergangenheit ppo_146.012
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Genüssen, die sie im Zauber ihrer Bilder im Voraus ppo_146.014
zum Daseyn ruft. Nur die Gegenwart verliert jedesmal ppo_146.015
in der Elegie bei der Zusammenstellung mit ppo_146.016
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nichts Reiz, als die eben aufgeregte individuelle ppo_146.018
Stimmung des Dichters selbst, dessen Wehmuth ppo_146.019
entweder an den Farben der Vergangenheit, oder an ppo_146.020
den Bildern der Zukunft hängt.
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Daß die Elegie zur lyrischen Dichtkunst gehört, ppo_146.022
ist dadurch entschieden, daß die Gegenstände, die sie ppo_146.023
schildert, unmittelbare Gefühle, und weder Gefühle, ppo_146.024
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reinen Freude, diese den Ton einer mit Wehmuth ppo_146.029
gemischten Freude enthält, weshalb denn auch, aus der ppo_146.030
religiösen Dichtkunst, alle sogenannten Bußlieder, ppo_146.031
Sterbelieder u. a. (§. 14.), nach ihrem dichterischen ppo_146.032
Charakter zur Elegie, und nicht zum Liede ppo_146.033
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Tone nach, verschieden von der Ode sich ankündige,
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Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/158>, abgerufen am 16.02.2025.
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