Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825.ppo_148.001 Die Erde neiget sich zur Ruh ppo_148.002 ppo_148.011Nach ihren arbeitsvollen Stunden. ppo_148.003 Jhr bunter Schmuck wird blöd' und alt, ppo_148.004 Und, was sich nächst im Flor befunden, ppo_148.005 Verändert Farben und Gestalt. ppo_148.006 Der Himmel trübet sich. Es haucht ein frischer Duft ppo_148.007 Gleich einer kühlen Abendluft, ppo_148.008 Und will des Jahres Abend kühlen. ppo_148.009 Der Bäume Zierath weicht; die leichten Winde spielen ppo_148.010 Mit dem entlaubten Schmuck! O welch ein Unbestand! Doch nein, ich kenne deine Hand, ppo_148.012 ppo_148.030Du großer Schöpfer und Erhalter! ppo_148.013 Des Laubes Schirm, die schattenvolle Wand, ppo_148.014 Die ihrer Früchte zartes Alter ppo_148.015 Vor Hitz' und Sturm in Sicherheit beschloß, ppo_148.016 Hat nun die treue Hut vollendet, ppo_148.017 Da der verwahrte Schutz gezeitigt und geendet; ppo_148.018 Drum fällt sie weg, und stellt ihn frei und bloß. ppo_148.019 O reicher Schatz, den wir bewundern müssen! ppo_148.020 Schau, wie die süße Last die schwanken Aeste beugt! ppo_148.021 Es scheint, als wollten sie die werthe Mutter küssen, ppo_148.022 Die Mutter, welche sie gezeugt. ppo_148.023 Der Blätter Schmuck, der allgemach verfleugt, ppo_148.024 Erscheinet nun noch eins so prächtig. ppo_148.025 Die schlanke Rebe steht an Frucht und Zierath trächtig. ppo_148.026 Schau, wie sie ihre grüne Pracht ppo_148.027 Mit Gold und Purpur ausgesticket; ppo_148.028 Wie sich ihr sterbend Laub zu guter Letzte schmücket, ppo_148.029 Und seinen Abschied herrlich macht. Wie aber? welch betrübtes Bild ppo_148.031
Erblick' ich voller Scham und Schanden! ppo_148.032 Jch Armer, ach! mein Herbst ist auch vorhanden, ppo_148.033 Mein Sommer ist bereits erfüllt! ppo_148.001 Die Erde neiget sich zur Ruh ppo_148.002 ppo_148.011Nach ihren arbeitsvollen Stunden. ppo_148.003 Jhr bunter Schmuck wird blöd' und alt, ppo_148.004 Und, was sich nächst im Flor befunden, ppo_148.005 Verändert Farben und Gestalt. ppo_148.006 Der Himmel trübet sich. Es haucht ein frischer Duft ppo_148.007 Gleich einer kühlen Abendluft, ppo_148.008 Und will des Jahres Abend kühlen. ppo_148.009 Der Bäume Zierath weicht; die leichten Winde spielen ppo_148.010 Mit dem entlaubten Schmuck! O welch ein Unbestand! Doch nein, ich kenne deine Hand, ppo_148.012 ppo_148.030Du großer Schöpfer und Erhalter! ppo_148.013 Des Laubes Schirm, die schattenvolle Wand, ppo_148.014 Die ihrer Früchte zartes Alter ppo_148.015 Vor Hitz' und Sturm in Sicherheit beschloß, ppo_148.016 Hat nun die treue Hut vollendet, ppo_148.017 Da der verwahrte Schutz gezeitigt und geendet; ppo_148.018 Drum fällt sie weg, und stellt ihn frei und bloß. ppo_148.019 O reicher Schatz, den wir bewundern müssen! ppo_148.020 Schau, wie die süße Last die schwanken Aeste beugt! ppo_148.021 Es scheint, als wollten sie die werthe Mutter küssen, ppo_148.022 Die Mutter, welche sie gezeugt. ppo_148.023 Der Blätter Schmuck, der allgemach verfleugt, ppo_148.024 Erscheinet nun noch eins so prächtig. ppo_148.025 Die schlanke Rebe steht an Frucht und Zierath trächtig. ppo_148.026 Schau, wie sie ihre grüne Pracht ppo_148.027 Mit Gold und Purpur ausgesticket; ppo_148.028 Wie sich ihr sterbend Laub zu guter Letzte schmücket, ppo_148.029 Und seinen Abschied herrlich macht. Wie aber? welch betrübtes Bild ppo_148.031
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Mein Sommer ist bereits erfüllt!
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